Das Elixier der Unsterblichkeit
Gelehrter angenommen, um sein böses Evangelium leichter zu verbreiten, und sie erinnerte ihn an die ewige Pein der Hölle für jene, die das Böse nicht bekämpfen. Sie forderte Martínez auf, in die Welt hinauszugehen und gegen die Juden zu predigen, denn der Tag des Gerichts stehe nahe bevor. Sie versprach, ihn niemals zu verlassen, solange er reinen Herzens bleibe. Deshalb kasteite er sich selbst jeden Abend oder bat einen anderen Priester, mit einem Lederriemen auf ihn einzuschlagen.
Im Laufe des Nachmittags hatte Martínez in seiner Kirche Männer versammelt, die sowohl ergebene Christen als auch schonungslose Schläger waren. Er leitete die Predigt ein, indem er die Heilige Schrift zitierte, um zu beweisen, dass der Messias schon gekommen sei und dass er am Tag des Gerichts noch einmal wiederkommen werde. Mit sorgfältig gewählten Worten brachte er die Anwesenden gegen Jacobo Tibbon in Rage, der, den Behauptungen des Paters zufolge, Jesus Christus und die wahre Lehre während des Disputs am Vormittag geschändet habe, gefangen im Netz der jüdischen Lügen. Er beschloss seinen heftigen Ausfall gegen den Rabbiner mit der Feststellung, es sei undenkbar für rechtgläubige Christen, sich widerstandslos in etwas so Schändliches zu fügen, und er verlangte, dass man den Juden eine Lehre erteile. Als Gegenleistung stellte er den Männern die großen Reichtümer in Aussicht, die im Keller des Rabbiners verborgen lagen.
Der aufgebrachte Pöbel stürmte zu Tibbons Haus. Der Rabbiner, ein Mann von fast siebzig Jahren, öffnete die Tür, betrachtete die Männer mit einem liebenswürdigen Lächeln, begrüßte sie freundlich und bat sie zu einem inspirierenden theologischen Meinungsaustausch ins Haus. Einen Augenblick standen die maskierten Männer wie versteinert, doch sofort trat die brutale Wirklichkeit vor, gekleidet in Tomas Huertas schmutzigen Mantel. Er war ein grobschlächtiger Kerl, ein unverbesserlicher Säufer, der sich fast jede Woche in blutige Schlägereien verwickelte und alle misshandelte, die ihm über den Weg liefen, um dann, wenn er wieder nüchtern war, zu Pater Martínez zu eilen und zu beichten. Er schrie, der Jude habe eine Kiste mit Goldmünzen, genug, um die Wände ihrer aller Schlafzimmer mit Gold zu überziehen. Nach diesem Startsignal war das Haus schnell voller maskierter Gäste, die zu ihrer großen Enttäuschung in der einfachen Behausung nur wertloses Inventar und Berge von hebräischen religiösen Schriften fanden. Der alte Mann lag nach ein paar gezielten Hammerschlägen gegen den Kopf ohnmächtig am Boden. So musste er nicht mit ansehen, wie die Männer alles durchwühlten, heilige Schriften zerrissen und jeden Raum mit Urin entweihten.
Um Córdoba von den bösen Geistern zu reinigen, die Pater Martínez zufolge ständige Gefährten des Rabbiners gewesen waren, wurde das wertlose Haus in Brand gesteckt.
DAS GEHEIMNIS IN EINER HOLZKISTE
Obwohl schon fast ein halbes Jahr seit dem tragischen Ereignis vergangen war, schnürte sich Salmans Kehle zusammen, als er – nachdem er wochenlang auf schmalen Pfaden in Sonne und Wind, in Regen und Kälte gewandert war –, über die Schwelle von Gabriel Abudalfias Haus in Sevilla trat und vom Tod des Rabbiners berichtete. Der Kaufmann verfolgte Salmans Schilderung mit großem Interesse und wollte alles über den Tod von Salmans Vater und Mutter wissen, über den neuen Sultan in Granada, über den Religionsdisput, über die Untaten, die Christen in Córdoba begangen hatten, und wie seine Schwägerin Henriette dem epidemischen Flecktyphus erlegen war und ihren Mann, Luis Abudalfia, mit fünf Kindern allein gelassen hatte. Als der Junge zu Ende erzählt hatte, brach er in Tränen aus. Gabriel Abudalfia klopfte ihm tröstend auf die Schulter und sagte, er sei willkommen, bei ihm zu wohnen, solange er wolle.
Der Inhalt der kleinen Holzkiste, die Salman unter den Schriften des Vaters versteckt gefunden und in aller Hast mitgenommen hatte, als er aus seinem Elternhaus in Granada flüchtete, verblüffte ihn, als er sie ein Jahr später aufbrach. Er hatte erwartet, Arbeiten des Vaters zu finden, die nicht für aller Augen bestimmt waren. Stattdessen lagen ein unverständlicher Text sowie eine Abhandlung über die Geschichte der Familie Espinosa darin. Die Handschrift verriet, dass keines dieser Dokumente von seinem Vater verfasst worden war.
Die Familiengeschichte war von einem Mann niedergeschrieben worden, von dem er noch nie gehört hatte, in dessen
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