Das Ende - Alten, S: Ende
Vielleicht sollten wir wieder umkehren?«
»Seid leise!« David blieb stehen, um zu lauschen.
Das Geräusch wurde lauter. Es näherte sich von Norden und klang nun eher wie das Knirschen von Metall, das gegeneinandergedrückt wird, begleitet von einem tiefen Grollen.
»Das ist ein ESV. Anscheinend macht das Militär eine Evakuierungsroute frei. Los, Kinder, kommt!«
Battery Park, Manhattan, New York
7:19 Uhr
Als Sheridan Ernstmeyer aus der Lobby des Gebäudes kam, hörte sie, wie Metall gegen Metall krachte. Es war wie bei einem Stockcarrennen. Sie schätzte die Entfernung ab und eilte dann zum SUV. »Bert?« Sie schüttelte den Verteidigungsminister, der mühsam erwachte.
»Wo ist Shepherds Frau?«
»Tot«, log sie. »Aber das Militär ist hier. Ein ESV fährt auf dem Broadway in Richtung Norden. Es muss zu einem Bergungsteam gehören.«
Bertrand DeBorn setzte sich auf. Seine Maske war mit Blutspritzern bedeckt. »Schaffen Sie uns hier raus.«
Chinatown, Manhattan, New York
7:22 Uhr
Die Überlebenden – sieben in Decken gehüllte ausländische Mädchen – folgten ihrem einarmigen Engel und dem amerikanischen Teenager durch pechschwarze Korridore und eine baufällige Holztreppe hinauf ins Erdgeschoss des chinesischen Souvenirgeschäfts.
Die über hundertzwanzig Kilo schwere mexikanische Puffmutter stand in der Ladentür, und ihre gewaltige Masse versperrte den Durchgang. »Wohin willst du denn, chuleta? «
Patrick Shepherd trat vor die Mädchen und richtete die Waffe des toten Kolumbianers auf den Kopf der Madame . »Verschwinde von hier, oder du verschwindest für immer.«
Die Mexikanerin lächelte durch ihre blutbeschmierten Zähne. »Du machst mir keine Angst. Santa Muerte beschützt mich.«
»Hab noch nie von ihr gehört.« Patrick hob sein rechtes Knie und trat der fetten Frau in den Bauch, sodass sie nach hinten durch die Glastüre geschleudert wurde.
Die Mädchen stolperten über den Körper der Frau, deren Gefangene sie eben noch gewesen waren, hinaus in die Nacht.
Columbus Park, Hoboken, New Jersey
7:25 Uhr
Pankaj Patel führte seine Familie und die übrigen Überlebenden der Seuche durch die Bayard Street an den Zaun, der das Parkgelände begrenzte. Die asphaltierten Basketballfelder und das Kunstrasen-Baseballfeld waren noch immer mit Schnee bedeckt, und die reflektierende alabasterfarbene Oberfläche vermittelte einen Eindruck davon, wie sehr Scythe der Nagerpopulation der Stadt zugesetzt hatte.
Hunderte schwarze Ratten bewegten sich wie ein einziges Tier in einem symbiotischen Tanz, der etwas von einem Tauziehen hatte. Durch die ständigen Bisse Zehntausender Flöhe in Raserei versetzt, strömten auf dem
Basketballfeld konkurrierende Meuten vor und zurück wie Fischschwärme. Mitten in diesem blutigen Gedränge befanden sich die sterblichen Überreste eines älteren Paares, dessen zerrissene Oberkörper nur noch an ihrer zerfetzten Kleidung erkennbar waren, an der sich die Tiere mit ihren winzigen Klauen und Zähnen festhalten konnten.
Der Anblick der grausigen Schlacht ließ die sechs Überlebenden vom Zaun zurücktreten.
Francesca stöhnte. Ihre Wehen kamen jetzt in immer kürzeren Abständen. »Paolo, tu irgendwas!«
»Virgil, meine Frau bekommt unser Baby.«
»Und was soll ich deiner Meinung nach tun?«
»Bring uns weg von diesem schrecklichen Ort. Bring uns zum Ufer und zum Boot meines Schwagers.«
»Was ist mit Patrick?«
»Wir können nicht länger auf ihn warten. Wenn es wahr ist, was er gesagt hat, dann läuft uns die Zeit davon. «
Manisha nickte Pankaj zu. »Er hat recht. Wir können nicht länger warten.«
»Mom, nein!«
»Dawn, Schätzchen, was immer er auch gerade tun mag – er wird uns wiederfinden, wenn er kann.«
»Vielleicht solltet ihr ein goldenes Kalb errichten?«
Die vier Erwachsenen sahen den alten Mann an.
»Und das Idol anbeten. Vielleicht gewährt es euch ja das Heil, das ihr sucht.«
»Virgil, meine Frau steht kurz davor, ein Baby zu bekommen. Überall umgibt uns der Tod …«
»Und wer hat euch durch dieses Tal des Todes geführt? Wer hat dafür gesorgt, das sich deine Frau und dein Kind nicht mit der Pest anstecken? Manisha, wer hat
sein Leben riskiert, um deine Familie vor der Schlinge des Henkers zu retten? Und doch seid ihr bereit, den Menschen, der euch geführt hat, ebenso schnell aufzugeben, wie die Israeliten Moses am Sinai aufgegeben haben. Es ist einfach zu glauben, solange alles glatt läuft
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