Das Ende Der Ausreden
aus Erfahrungen ziehen, wollen uns schützen, helfen, weiterbringen. Dennoch: Wir haben keine vernünftige Datenbasis, wenn wir aus einer oder mehreren Erfahrungen Schlüsse mit Absolutheitsanspruch ziehen. Das ist aber genau das, was wir tun. Daher stammt unser berechenbares Verhalten – immer mehr Handlungsoptionen erklären wir für nichtig.
Im Rosenbeispiel wäre der Nachteil, der mir aus meiner unzulässigen Verallgemeinerung erwächst, vielleicht verschmerzbar. Auch Verallgemeinerungen (egal, ob positiv oder negativ) über schwarzhaarige Männer, japanische Autos, italienisches Design und Biomüsli kann man, Datenknappheit hin oder her, wohl ruhig unter Geschmacksfragen abheften.
Für unser Thema – persönliche Entwicklung – ist es allerdings schon von großer Bedeutung, uns Folgendes klarzumachen: Wir glauben an Dinge, deren Wahrheitsgehalt wir nicht überprüft haben und die ziemlich sicher gar nicht stimmen. Das gilt insbesondere für jene Überzeugungen, die uns schwächen oder einschränken. Und: Wir handeln danach. Im Fall sehr grundlegender, negativer Überzeugungen (»Ich bin es nicht wert, geliebt zu werden!«) fügen wir uns sogar einen chronischen Schmerz zu. Und meinen, diesen verdient zu haben. Das Leben ist eine Achterbahn, darauf darf man sich wohl einstellen. Chronisches Unglück hingegen ist fast immer Resultat verfehlter Ideen über uns selbst, die uns von dem Glück abhalten, dem wir sonst immer wieder neu begegnen würden. Wir können, wenn wir uns der Achterbahn anvertrauen, Kummer und schwere Tage verkraften, und dann geht es wieder nach oben. Aber eine Dauerlüge, die wir uns zumuten – und nichts anderes ist ein falscher, einschränkender Glaubenssatz! – hat Potenzial, uns wirklich zu schaden.
Die Wände unseres inneren Gefängnisses bestehen aus Angst und Logik – so hat es Virginia Satir, eine amerikanische Psychologin und eine der Mütter der Familientherapie, sinngemäß formuliert. Aus Angst haben wir begonnen, Dinge zu glauben, die wir später fabelhaft begründen können. Dennoch ist ein Teil dieser Überzeugungen eben nicht wahr, sondern es sind Selbstbeschränkungen, Irrtümer und Missverständnisse. Sie verhindern, dass wir von frühem Kummer loslassen, stattdessen konservieren sie ihn. Sie sorgen dafür, dass wir nicht verzeihen können und daher keinen Platz in unserem Herzen freiräumen. Sie halten uns davon ab, zu werden, wer wir sein könnten, wenn wir etwas anderes glaubten. Es ist die Logik der Apokalypse.
Es ist Zeit, unsere einschränkenden, schwächenden Überzeugungen zu entmachten. Es geht um Aufwachen, Überwinden der Illusion. Und da wir nicht nur die Insassen, sondern auch die Architekten unseres Gefängnisses sind, können wir etwas Neues bauen, wo es sich besser wohnt.
Wie können wir unseren Überzeugungen auf die Schliche kommen? Unser Ego macht es uns da nicht leicht. Leider melden unsere Glaubenssätze sich nicht periodisch von selbst und sagen: »Hey, überprüf uns doch mal! Stimmen wir noch?«
Man kann auch leider nicht einfach ein Dateiverzeichnis aufrufen, dort den Ordner »Überzeugungen« anklicken und mit Interesse lesen, was da geschrieben steht. Das wäre sehr praktisch; wir könnten Stück für Stück systematisch auf Plausibilität prüfen und uns dann für »behalten« oder »verwerfen« entscheiden. Wenn man Überzeugungen gefunden hätte, die man heute so nicht mehr für sinnvoll hält, könnte man mit »Suche und ersetze« vorgehen. Aber es würde dem Sinn des Ego-Systems völlig widersprechen. Der heißt: störungsfrei über Jahrzehnte funktionieren. Es ist folgerichtig, dass unsere Überzeugungen mehrfach gesichert sind. Verschiedene Passwörter müssen geknackt und eingeschränkte Zugriffsberechtigungen überwunden werden.
Der erste Schritt: Finden Sie Ihre negativen Überzeugungen
Ehe Sie Ihre einschränkenden Glaubenssätze prüfen können, müssen Sie sie erst einmal finden. Also brauchen Sie eine möglichst große Sammlung von Sätzen, die Sie für wahr halten, Verallgemeinerungen, die Sie akzeptieren, Selbstverständlichkeiten, die Sie bejahen.
Machen Sie eine Zusammenstellung von Sätzen, die beginnen mit
Finden Sie möglichst viele Varianten, den Satz so zu vervollständigen, dass Sie ihm zustimmen. Gehen Sie es spielerisch an, wann immer Ihnen etwas einfällt, fügen Sie es dazu. Nach und nach entsteht Ihre Liste.
Wenn Sie jemanden einen solchen Satz, dem Sie beipflichten, sagen hören, wenn Sie ihn irgendwo
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