Das Ende Der Ausreden
nicht
• Ich muss mich nicht um einen neuen Job kümmern
• Ich vermeide den Konflikt mit ihm
• Ich habe mit meinen Kollegen eine Schicksalsgemeinschaft, wir sind uns einig
• Ich sitze bequem auf dem moralischen Sofa, auf dem ich mich als der viel wertvollere und reifere Mensch fühlen darf, der so etwas wie dieser Chef mit seinem frühindustriellen Führungsstil, nie täte
• Mit anderen Worte: Ich bin die Gute Arbeitsplatzsicherheit, Konfliktvermeidung, Gemeinsamkeit über den definierten Bösen, empfundene moralische Überlegenheit. Das sind keine kleinen Vorteile.
Ich könnte also ruhig sagen: »Ich ertrage einen unmöglichen Chef, weil mir mein Job wichtig ist und ich keine Lust habe, mich umzuorientieren. Die Solidarität mit den Kollegen tut mir gut, und ich genieße den Vorteil des schlechten Beispiels.«
Das sagt kein Mensch. Und warum nicht? Ich bekäme dann kein Mitgefühl mehr von den Zuhörern meiner Opfergeschichte. (Um diesen Aspekt muss man die Liste der Vorteile noch ergänzen.) Ich hätte die Verantwortung nicht mehr beim anderen deponiert, sondern mir meinen eigenen Teil genommen.
Will ich das? Will ich diesen aufrichtigen, abgewogenen Blick auf die Lage der Dinge? Was hindert mich, mich mit dieser selbst gewählten Situation wirklich anzufreunden und zu den Vorteilen zu stehen? Zu meiner aus der jetzigen Perspektive eben überwiegend vorteilhaften Situation Ja zu sagen, statt nur auf das zu starren, was mir fehlt?
Wir leugnen unsere Wahlmöglichkeiten: »Ich kann doch gar nicht anders!«
Ein weiterer notwendiger Schritt, um vom Leiden zum Handeln zu kommen, wäre: in aller Ruhe und Klarheit über die Vor- und Nachteile meiner verschiedenen Handlungsmöglichkeiten nachzudenken, um dann eine Entscheidung treffen zu können. Dazu muss ich erst einmal (wieder) sehen und anerkennen, dass ich in jeder Situation Optionen habe.
Reinhard Sprenger, einer der einflussreichsten Querdenker und Managementberater in Deutschland, bringt es in seinen Vorträgen und Büchern (vor allem in »Das Prinzip Selbstverantwortung« und »Die Entscheidung liegt bei dir«) immer wieder auf den Punkt: Verantwortung beginnt mit dem Bewusstsein, dass ich eine Wahl treffe. Und die Übernahme von Verantwortung damit, mich zu meiner Wahl ohne Wenn und Aber zu bekennen.
Ich habe mir diesen Chef, auf alle Fälle aber die Firma, in der er mir vorgesetzt wird, irgendeinmal gewählt. Und alles, was ich willkürlich wählen kann, kann ich auch wieder abwählen. Willkürlich zu wählen bedeutet, eine Entscheidung zu treffen, die im Bereich meiner Möglichkeiten liegt. Ich kann nicht entscheiden, meine Arme zu erheben und wie ein Helikopter aufzusteigen, ich kann nicht die Unsterblichkeit wählen oder die Alterslosigkeit. Aber alles, was durch meinen Willen und mein Handeln beeinflussbar ist, kann ich wählen, und ich kann mich später auch wieder dagegen entscheiden.
Nur geht das von Anfang an nicht ohne Kosten ab, there’s no free lunch . Wenn ich eine Wahl für etwas treffe, entscheide ich mich auch immer gegen etwas anderes. Wenn ich merke, dass ich mit meiner getroffenen Wahl unzufrieden geworden bin und mich damit nicht arrangieren möchte, kann ich eine neue Wahl treffen, aber sie wird – wieder – nicht kostenlos sein. »Mit jeder Wahl sind zwangsläufig bestimmte Auswirkungen verbunden, die wir gleichzeitig mitwählen«, so Sprenger. »Es gibt keinen Trick in der Welt, der es uns erlaubt, diesen Konsequenzen auszuweichen. Aber genau das scheinen alle zu erwarten. Und wenn das nicht gelingt, nicht gelingen kann , fangen sie an zu jammern.«
Die normale Diskussion bestreitet die Möglichkeit der Abwahl oft energisch. Dann wird der Preis, den wir zu entrichten hätten, um einen Job zu wechseln, ein unmoralisches Angebot auszuschlagen oder noch einmal von vorn zu beginnen, doch noch zu studieren oder auszusteigen, als illusorisch, theoretisch oder schlicht als unmöglich apostrophiert. Was natürlich nicht stimmt, denn es gibt immer wieder Menschen, die es möglich machen. Mutige Zeitgenossen, die sich selbstbewusst gegen das laute »Das kannst du doch nicht machen!« stellen.
Diese Beispiele – und jeder kennt sie aus seinem Umfeld – erklären wir gerne zu Ausnahmen, die Risikobereitschaft anderer werten wir übertreibend ab (»Ich bin doch kein Märtyrer!«), und dann werden die ganzen Zusatzargumente ausgepackt: die Verantwortung für die Familie, die Immobilie, was mir wer aber noch schuldig sei, ehe
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