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Das Ende Der Ausreden

Titel: Das Ende Der Ausreden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Roser
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Freundschaft mit mir selbst schließe.

Wir klären unsere Ziele nicht: »Ich weiß gar nicht, was ich machen soll...«
    Vom Problem zur Zielfindung zu gelangen, ist wichtig und mühsam zugleich, das Zögern und der Widerstand dagegen sind groß. Den Opferstatus aufzugeben, ist mindestens unbequem, oft beunruhigend. Und deshalb fallen wir so oft und hartnäckig ins Jammern zurück.
    Solange wir auf ein Problem fokussiert sind (Sie erinnern sich), sind wir nicht kreativ. Wir müssen den Blick vom Problem ab- und der Frage zuwenden: Was möchte ich denn? Wie könnte mein Ziel lauten? Wovon flüstert meine Sehnsucht? Wo will ich hin?
    Erstaunlicherweise fällt es uns oft sehr schwer, den Blick auf das Ziel zu lenken. In diesem Augenblick würden wir uns – immerhin mental – bereits ein Stück aus der Haltung des Leidens lösen. Das müssten wir doch wollen. Aber der Preis dafür wäre, dass wir damit auch die »Ich bin unschuldig!«- und »Du bist schuld!«-Behauptung aufgeben. Manchmal fürchten wir uns auch vor dem, was wir finden könnten, wenn wir uns das Wünschen trauen. Und davor, dass dann eine Rückkehr ins vertraute Unglück schwer wird.
    Die Findung eines Ziels ist mehr als eine Zwischenstation, sie ist selbst eine mächtige Intervention. Will heißen: Wenn sie gelingt, entfaltet sie eine mitunter verblüffend kraftvolle Wirkung. Eben wate ich noch im Problemmorast, und dann kann ich plötzlich sagen, was ich will. Ich wechsle die Seiten, und alles sieht anders aus. Mich nicht mehr als Opfer, sondern als Akteur zu begreifen, ist ein radikaler Perspektivenwechsel.
    Jeder kennt vermutlich die unseligen Abende, an denen wir es vorziehen, beleidigt auf dem Sofa, vor dem PC oder dem Fernseher zu sitzen, statt sich nach einem Streit zu einigen und dann wieder einen schönen Abend zu haben. Wir warten darauf, dass der andere endlich nachgibt und uns um Verzeihung bittet, wenigstens ein indirektes Friedensangebot macht, wenn er schon kein komplettes Kapitulations- und Wiedergutmachungsprogramm auffährt. Aber nein, der andere sitzt in seiner Ecke, genauso beleidigt, und: wartet auch. Darauf, dass wir den ersten Schritt machen und Friedensgeschenke bringen oder wenigstens die weiße Fahne ins Arbeitszimmer halten, wo er sich hinter den Steuerunterlagen verschanzt hat.
    Wir ziehen es vor, im Rechthaben zu baden, und haben völlig aus den Augen verloren, was uns wirklich guttäte. Wenn wir aber irgendwann doch noch einen schönen Abend mit diesem unmöglichen Typ, der sich nicht zum Einlenken entschließen kann, haben wollen, dann werden wir aktiv, dann lösen wir uns vom Problem, von dem, was er falsch gemacht hat, und von seiner Halsstarrigkeit, das nicht zuzugeben. Und lassen uns selbst etwas einfallen. Wir geben den Opferstatus auf und tauschen den Leidenskittel gegen das Gewand eines Handelnden. Plötzlich werden wir wieder kreativ, können wir wieder Ideen entwickeln. Unsere Ressourcen, die uns bis eben verschlossen schienen, sind wieder verfügbar. Wir werden listig, schmeichelnd, sachlich, verführerisch, humorvoll, selbstironisch, erfinderisch. Unsere Talente laufen sich warm. Und siehe da: Es funktioniert.

Wir ignorieren, dass das Problem auch Vorteile für uns hat
    Menschen bleiben oft in Situationen, die nach Entscheidung, Veränderung und Handlung geradezu laut schreien, inaktiv und klagen stattdessen. Oft unbegreiflich lange.
    Auf den zweiten Blick wird deutlich, dass das sehr wohl verständich ist. Wir alle bleiben genau so lange in Situationen, die wir als problematisch beklagen, bis die Nachteile die Vorteile klar überwiegen. Solange die Waage zugunsten der Vorteile ausschlägt, fungieren die Opfergeschichten, diese oft komplexen Ausredengeflechte, als Handlungsersatz, und wir richten uns im Jammertal ein. Schließlich könnte es woanders noch schlimmer sein.
    Menschen verhalten sich so, dass ihr Handeln ihnen mehr Vor- als Nachteile bringt. Immer. Die Vorteile sind ihnen oft nicht bewusst, aber sie sind da. Wäre es anders, dann würden wir aktiv werden, aussteigen, nicht mehr reden, sondern handeln. »Was soll es für einen Vorteil haben, dass ich mit einem tyrannischen Chef geschlagen bin, der mich und auch meine Kollegen schlecht behandelt?«, höre ich jetzt jemanden poltern. Es klingt in seinen Ohren geradezu zynisch, hier von Vorteilen zu reden.
     
    Notieren wir doch einmal gelassen, welche Vorteile es denn haben kann, so einen Chef zu ertragen:
    • Ich riskiere meinen Arbeitsplatz

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