Das Ende Der Ausreden
auch mir selbst gegenüber.
Die Art, in der wir Probleme schildern, wie wir sie uns selbst und anderen zurechtlegen, leugnet unseren Anteil am Entstehen der Situation ebenso wie unsere Möglichkeiten, sie zu verändern. Wir sind nicht schuld und nicht zuständig: Diese Beschreibung ist ein Spiegel unseres inneren Bildes, wie wir das Problem begreifen. Aber nicht nur das. Sie ist die Grundlage für unsere Entscheidung, ob wir weiter leiden oder handeln wollen. Die Opfergeschichte bildet nicht nur etwas ab, sondern sie schafft Wirklichkeit. Wir ketten uns mit ihr am Problem an, um dann zu beklagen, dass wir uns nicht bewegen können.
Wenn wir also merken, dass wir in den Jargon der Ausweglosigkeit und Unschuldsbehauptung gehen, dürfen wir uns selbst freundlich zulächeln und eine Variation vornehmen.
• Wir winken unsere Opferidee freundlich von der Bühne und klären stattdessen unser Ziel. Und was wir bereit sind, dafür einzusetzen.
• Wir prüfen die verschiedenen Optionen.
• Wir würdigen die Vorteile der jetzigen Situation und wägen ab, ob wir bereit sind, sie aufzugeben.
• Wenn nicht (oder noch nicht), freunden wir uns unterdessen mit der Situation an und machen das Beste aus ihr.
• Wenn die Zeit reif ist, um das Problem loszulassen, sollten wir im vollen Bewusstsein, dass es niemals die optimale und einzig richtige Lösung gibt, eine Entscheidung treffen.
• Und zu ihr stehen.
6 Was Ausreden und Erwachsenwerden miteinander zu tun haben
Es gibt viele Gründe, warum wir uns herausreden, wir haben einige bereits beleuchtet. Gemeinsam ist ihnen allen, dass wir meinen, uns verteidigen zu müssen. Und zwar, weil wir eben oft nicht zu dem stehen, was wir tun und lassen.
Wenn ich in Einklang mit mir selbst bin und tue, was ich für richtig halte, dann gibt es keinen Grund für Ausreden. So verweist jede Ausrede paradoxerweise genau auf das, wovon sie ablenken will: auf ein Problem, ein Defizit und vor allem – meinen Anteil daran. Selbst, wenn der andere mir meine Ausrede abkauft: Ich selbst spüre, leise oder grell, wovon ich gerade wegschauen will.
Wenn ich Sie fragen würde, ob Sie sich für einen erwachsenen Menschen halten, werden Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen: »Selbstverständlich!!!« und sich über die Frage wundern, wenn nicht gar ärgern. Was ich denn damit sagen will? Habe ich etwa Zweifel? Im alltäglichen Sprachgebrauch setzen wir erwachsen gleich mit volljährig und älter. Wenn wir aber einmal genauer betrachten, wodurch sich erwachsenes Handeln auszeichnet, dann zeigt sich, dass das eine durchaus anspruchsvolle Angelegenheit ist.
Aufs Wesentliche reduziert, bedeutet erwachsen sein, dass wir niemand anderen als uns selbst dafür verantwortlich machen, was wir heute denken, tun und empfinden. Es ist unser und niemandes sonst Leben. Wir haben keine Rechtfertigung nötig. Jede Ausrede schwächt – entgegen ihrer Intention – den Glauben an uns selbst.
Kurz gesagt: Ausreden zeigen, dass wir nicht wirklich erwachsen werden wollen. Volljährig und älter werden wir ganz ohne unser Zutun. Erwachsen werden – mental, emotional und handelnd -, das ist eine Aufgabe, die wir als solche begreifen müssen, um sie anzunehmen. Schauen Sie sich um, besonders in Konfliktsituationen: Wie erwachsen wird denn da agiert und argumentiert? Schmollende Fünfzigjährige, Vierzigjährige, die sich nicht trauen, im Meeting ihre Meinung klar zu vertreten, Menschen über achtzehn, die meinen, andere nach ihrer Pfeife tanzen lassen zu müssen oder die sich kleiner machen, als sie sind.
Lassen Sie einmal die folgenden Fragen auf sich wirken. Sie bieten Anhaltspunkte, wie Erwachsensein sich ganz praktisch darstellt, im Verhalten, der Kommunikation, im Denken und Fühlen. Nehmen Sie wahr, wann ein Ja oder ein Nein in Ihnen aufsteigt.
• Äußern Sie Ihre Wünsche klar und freundlich?
• Machen Sie Aussagen, statt unechte Fragen zu stellen? (Sagen Sie »Ich möchte gerne gehen« statt »Wie lange willst du noch bleiben?«)
• Kennen Sie Ihre Talente und Fähigkeiten? Sind Sie stolz auf das, was Sie bisher geleistet haben?
• Können Sie sich gut entschuldigen, wenn Ihnen ein Fehler unterlaufen ist oder jemand sich durch Sie gekränkt fühlt?
• Können Sie sich etwas Gutes tun, auch wenn noch etwas erledigt werden muss?
• Können Sie Ihre Ungeduld zügeln?
• Machen Sie, was Sie für richtig halten, auch im Widerspruch zu anderen, auch wenn man es Ihnen übel nimmt?
• Können Sie
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