Das Ende Der Ausreden
einfach nicht.« Der junge Mann blieb völlig ungerührt, tauchte unter den moralischen Argumenten weg, solange der Vertriebschef nicht von sich selbst, sondern von den Prinzipien seines Hauses redete.
Perfektionisten argumentieren selten mit » Ich will!« oder »Ich halte für richtig«, sondern mit Regeln, Vernunft, mit »So gehört sich das« oder »Das geht nun mal nicht!«. Sie fühlen sich im Recht, weil sie meinen, sich auf Qualität und Richtigkeit zu konzentrieren. Es fällt ihnen schwer zu sehen, dass ihre besondere Aufmerksamkeit für den Fehler etwas mit ihnen selbst zu tun haben soll. Natürlich hat aber das, was sie aufregt, mit ihnen zu tun (mit wem auch sonst?). Das zu erkennen und anzuerkennen, ist ein entscheidender Schritt.
Perfektionisten haben – wie alle anderen – gute Absichten, auf die sie sich berufen. Ihre gute Absicht ist die, immer die beste Lösung zu finden. Sie können nur schwer anerkennen, dass andere sich oft persönlich von ihnen kritisiert fühlen, wo es ihnen doch nur um die Sache geht.
Das Verbessernwollen ist ihre Natur geworden; sie können nur schwer nachvollziehen, dass andere eine Sache oder sich selbst schon ausreichend prima finden und keine Notwendigkeit spüren, weiter »daran zu arbeiten«. Ein klassischer Konflikt, der so entsteht, ist der zwischen einem Perfektionisten und einem Dynamiker (siehe Typ 3, Seite 177). Der eine schaut auf den Fehler und der andere auf das Gute. Beide fühlen sich leicht voneinander abgelehnt. »Du mit deinem enormen Anspruch, du machst es mir schwer, dir gegenüber einen Fehler zuzugeben!«, könnte der Dynamiker sagen. Und der Perfektionist würde entgegnen: »Wenn du nur ein Mal einen Fehler eingestehen könntest, müsste ich nicht immer so kritisch sein!«
Wie können Perfektionisten »lockerlassen«? Sie müssten den Schutz aufgeben, den sie aus der Fehlervermeidung und der prinzipiellen Moral zu gewinnen glauben. Wenn sie vom »man« zum »ich« übergehen, können sie vom Sockel des Absoluten herabsteigen, sich einen machbaren, entspannteren Alltag gönnen und mit der unvermeidlichen, schönen Scheckigkeit des Lebens anfreunden.
Einer der hilfreichsten Sätze, die man einem Perfektionisten schenken kann, lautet: »Du darfst hoch erhobenen Hauptes unter der Latte deiner eigenen Ansprüche hindurchgehen!«
Typ 2 Die Helfer
Ihre Sicht auf die Welt ist von Einfühlung, Freundlichkeit und Fürsorglichkeit bestimmt. Helfer haben feine Antennen für Stimmungen im Raum und sind immer ansprechbar. Ein Nein auf eine Bitte ist für sie ein Fremdwort. Sie sind herzlich, zugewandt, kümmern sich. Ihre Aufmerksamkeit ist immer beim anderen, sie spüren, wie es dem anderen geht, was er braucht, und versuchen ohne Aufforderung, das zu tun, was – wie sie glauben – dem anderen guttut.
Nicht immer darf der, dem geholfen wird, mit entscheiden; die Fürsorge kann sich mitunter auch recht tyrannisch gestalten. Ich werde nie vergessen, wie mir ein Freund an einem heißen Sommertag seinen neuen Ventilator vorführen wollte. Ich hasse Ventilatoren, Klimaanlagen und kalten Luftzug. Aber kein Argument und keine Bitte konnten mir helfen. Er wusste nämlich, dass ich Abkühlung brauche und es am Ende doch lieben würde. Der Ventilator wurde angestellt und ich ermuntert, ruhig zuzugeben, dass es jetzt doch viel besser sei.
In dieser Situation habe ich allerlei gelernt – auch über mich. Seit Jahren versuche ich meinem Mann wort- und argumentereich die Vorteile eines ausgiebigen Frühstücks nahezubringen. Dabei will bloß ich frühstücken, ihm reicht ein schneller Kaffee völlig.
Die Partner der Helfer leiden darunter, dass diese ihre eigenen Bedürfnisse selten äußern. Man will so gerne auch mal etwas für sie tun, aber … »Mach dir keine Umstände, nein danke, alles in Ordnung!« Die Helfer ihrerseits wissen oft tatsächlich nicht so genau, was sie möchten, und wenn, dann können sie es noch lange nicht gut äußern.
»Wer immer nehmen muss, wird böse und muss gehen.«
Lesen Sie diesen Satz bitte noch einmal. Die Erkenntnis, dass Überfürsorglichkeit Undankbarkeit erzeugen muss, verdanken wir der systemischen Familientherapie. Wie das im Alltag funktioniert, erleben Helfer leider oft: Da sie immer geben und dem anderen keine Chance lassen, sich zu revanchieren, fühlt der sich erpresst und manipuliert. Das Geschenk ist zu groß, es erdrückt. Mancher Partner weiß sich dem Übermaß der Liebe nicht anders zu erwehren, als sie zu
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