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Das Ende Der Ausreden

Titel: Das Ende Der Ausreden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Roser
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Paradoxie auf den Punkt gebracht: Optimismus ist leicht, und Pflicht ist eigentlich schwer. Diesen Widerspruch und die daraus resultierende Anstrengung mögen sie vielleicht spüren, Rücksicht nehmen sie darauf nicht. Sie wollen nicht ins allgemeine Jammern einstimmen, sie wollen Dinge vorantreiben. Sie konzentrieren sich auf das Lösen von Aufgaben, das Erreichen von Zielen und ansonsten darauf, die schönen Seiten des Lebens zu genießen. Der Blick nach innen oder das Lauschen auf Empfindungen liegt ihnen nicht. »Wozu soll das gut sein?«, wäre eine typische Frage. Wenn sich doch einmal ein negatives Gefühl bemerkbar machen sollte, ist der Impuls sofort auf Handlung ausgerichtet – es kommt darauf an, die Situation zu optimieren, Gefühle halten nur auf.
    Geschwindigkeit ist ein wichtiges Thema. Schnell sein, schnell ankommen, überholen, nicht lange warten müssen. Immer wieder fällt den Dynamikern auf, wie schwerfällig und umständlich alle anderen Leute sind. Wie langsam der Autofahrer an der Ampel abfährt, wie langsam die Leute an der Theke ihre Entscheidungen treffen, wie lange der Gesprächspartner überlegen muss, dabei hätte es eine knappe Antwort doch getan … Sie können ihre Ungeduld schwer zügeln.
    Andere Menschen fühlen sich in ihrer Gegenwart oft gedrängt, gegen ihren Willen beschleunigt. Die enorme Tatkraft hat etwas Ansteckendes, aber manchmal auch Entmutigendes. Dass sie anderen etwas aus der Hand nehmen, weil es dann schneller geht, kommt nicht immer gut an. Darauf angesprochen, sind Dynamiker leicht gekränkt. Schließlich sind sie doch nur hilfsbereit und umsichtig, sehen, wo etwas getan werden muss, und tun es einfach.
    Die große frühe Bedingung, die man ihnen gestellt hat, war: Sie müssen immer erfolgreich und etwas Besonderes sein. Immer gut aussehen, nicht verwundbar, schüchtern sein, man darf ihnen nicht anmerken, wenn sie unsicher oder zweifelnd sind. Sie überspielen alles, halten sich nicht mit Befindlichkeiten auf, bleiben handlungsfähig und wissen immer noch eine neue Geschichte von Erfolg und Tüchtigkeit. So hat man in ihrer Nähe leicht das Gefühl, als Publikum gebraucht zu sein – zustimmen, loben, bewundern, applaudieren.
    Auch wenn man das nicht so schnell bemerkt: Dynamiker sind so sensibel wie kaum ein anderes Zeichen, sie sind sehr schnell verletzt. Hinter Schlagfertigkeit und Parkettsicherheit verbergen sich Schüchternheit und die meist gut verpackte und weggelegte Erinnerung, sich oft beschämt gefühlt zu haben. So sind sie die Weltmeister der reflexhaften Rechtfertigung geworden. Nicht selten nach dem Motto: Angriff ist die beste Verteidigung. Sie haben vielfältige Methoden entwickelt, einer erneuten Kränkung zu entgehen. Eine Bitte, die man ablehnen könnte, äußern sie gar nicht erst. »Ein Wunsch, den ich sagen muss, ist nichts wert!« wäre eine typische Begründung. Ehe irgendjemand über sie lachen könnte, haben sie selbst einen Scherz gemacht. Charmant und elegant halten sie andere auf Abstand. So extrovertiert sie auch sein mögen – sie wirklich kennenzulernen, ist schwierig.
    Prägend war wohl das Wechselbad zwischen dem bewundernden Blick eines Elternteils: »Du bist der/die Schönste/ Beste/Tollste!« und dem Absturz in die Beschämung, wenn das Kind etwas nicht gut konnte, krank war, nicht funktionierte, nicht schnell genug lernte, wenn ihm ein Missgeschick zustieß. Dynamiker sind zugleich diejenigen, die die Idee der schönen Kindheit besonders lange verteidigen. Sie wollen keine desillusionierenden Erkenntnisse aus traurigen Erinnerungen ziehen. »Was soll das bringen?«
    Da sie sich nicht an die frühe Beschämung erinnern wollen, können sie schwer mit Misserfolg und Fehlern umgehen, neigen dazu, sie umzudeuten. Entweder war es in Wirklichkeit gar kein Misserfolg, oder aber irgendjemand anders hatte Schuld. Das Diktat und die Logik des Erfolges machen es ihnen schwer, damit fertig zu werden, wenn sie am Nachmittag des Lebens auf der beruflichen oder familiären Bühne nicht mehr in der ersten Reihe stehen. Es ist wichtig, alles selbst im Griff zu haben. Wenn man ihnen Hilfe anbietet, ist eine freundliche, aber entschiedene Absage sehr wahrscheinlich. Sie sagen es nicht unbedingt, aber man spürt, dass sie davon ausgehen, es selbst besser, schneller und effizienter zu können. Darin sind sie geübt. In ruhigen Minuten wird Machern daher mitunter bewusst, dass sie – so kommt es ihnen vor – immer alles allein machen

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