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Das Ende Der Ausreden

Titel: Das Ende Der Ausreden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Roser
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In diesem Traum hatte sein Onkel ihm einen Zettel gegeben, auf dem ein Gedicht stand: »Freude schenken und doch an sich denken. Leid tragen und doch zurückschlagen.«
    Es war ein Gänsehautfaktor, den man schwer beschreiben kann, denn das ist exakt das, was ein Beobachter lernen muss. Es schien, als ob sein Selbst eine Nachricht an ihn verfasst hatte. Und fast drei Jahrzehnte später verstand er sie.

Typ 6 Die Loyalen
    Sie sind Meister darin, sich Sorgen zu machen, und zugleich: geborene Krisenmanager. Sie machen sich einerseits endlos Gedanken über dies und das, ungelegte Eier und die Risiken des Lebens. Sie denken schon über die Mücken nach, die sie stechen könnten, ehe der See in Sicht ist. Wenn sie aber wirklich in eine gefährliche Situation geraten, dann laufen sie zu Hochform auf. Jetzt sind sie gefasst, souverän und handlungsfähig, zum trouble shooting bereit und willens. Da sie sich nicht mehr sorgen müssen, sind sie ganz Gegenwart und packen furchtlos zu. Umgekehrt sagte ein Seminarteilnehmer in einer Eröffnungsrunde zu der Frage, wie es ihm gehe: »Na ja, nicht so gut. Alles läuft super, alles ist erfolgreich. Das macht mich nervös.«
    Meine persönliche Prüffrage für die Loyalen ist: Wann haben Sie sich das letzte Mal etwas Unvernünftiges geleistet, und was war das?
    Bei 90 Prozent der Loyalen kommt jetzt ein schräger Blick, und der heißt: Natürlich leiste ich mir nichts Unvernünftiges, warum sollte man das auch tun?
    Das ist keine Frage des Geldes. Ich sehe gerade einen sehr reichen Mann vor mir, der sich in seinem riesigen Haus an einen kleinen Küchentisch setzt und Tiefkühlpizza isst, obwohl er sich eine Köchin leisten könnte.
    Die Loyalen sind treu, fürsorglich und immer auf das Wohl ihrer Lieben bedacht. Sie vergessen keinen Geburtstag und sind da, wenn man sie braucht. Aber aus einem anderen Motiv als die Helfer: Sie suchen nicht Nähe, sondern kümmern sich aufopferungsvoll, weil das für sie in der Familie und unter Freunden selbstverständlich ist. Es fühlt sich gut an, es gibt einen Sinn, auf der Welt zu sein. Die Loyalen kennen sich aus mit dem, was man machen muss (»Was sollen denn die Nachbarn sagen!«).
    Sie sind in einer Umgebung aufgewachsen, die sie nicht vorhersagen und daher nicht beherrschen konnten. In ihren Biografien gab es oft körperliche Gewalt, Härte, Strenge. Oder auch unlösbare Widersprüche (zwischen Sagen und Handeln oder den entgegengesetzten Wünschen der Eltern). Oder subtile Strategien der Verunsicherung und Abwertung (»Du siehst aber wirklich wieder schlecht aus, Kind!«), gegen die sie sich nur schwer zur Wehr setzen konnten. Was sie früh gelernt haben, ist die Lektion der Unberechenbarkeit, und dass die Welt ein gefährlicher Ort sein kann. Ob sie gerade sicher oder bedrohlich ist, muss immer neu geprüft werden. Und darauf stellen sie sich ein. Vorwegnehmen, was schiefgehen könnte – und sich dafür rüsten. Das Pfadfindermotto »Sei vorbereitet!« ist ihr Credo, so zu handeln, gibt ihnen Sicherheit. Alles wird – oft lange im Voraus – durchgeplant und organisiert.
    Loyale haben oft Schwierigkeiten, sich im Enneagramm zuzuordnen. Sie wollen, haben sie mir verschiedentlich erklärt, einfach nicht so sein, wie sie da beschrieben werden. Sie wären lieber anders. Dazu kommt, dass sie oft schlechte Erfahrungen damit gemacht haben, wie und was man in sie hineininterpretiert hat. Eine weitere Festlegung von außen – wie in einer Typologie – fühlt sich sehr unangenehm an. In den Augen derer, an denen sie sich in der Kindheit orientierten, schienen sie irgendwie »nicht genug« zu sein. Eine Formulierung, die immer wieder fällt.
    Sie wünschen sich so sehr, endlich in ihren Stärken und Fähigkeiten erkannt und akzeptiert zu werden. Respektiert und geliebt, so wie sie sind.
    Die Loyalen gehen mit dem Mangel an innerer Sicherheit in zwei Varianten um: Sie sind freundlich, sogar oft über die Gebühr freundlich – dann kann man ihnen nichts tun. Oder sie sind autoritär und tyrannisch, auch das ist eine Form der Sicherheit. »Ich kriege keine Magengeschwüre, ich mache welche.«
    Das Selbstbild heißt: »Ich (immerhin) tue meine Pflicht!« Hören Sie den Unterton? In dem Punkt ist das Weltbild klar: Sie persönlich machen, was man tun sollte, und es gibt aber leider reichlich Leute, die das nicht tun. Der Ton ist nicht frei von Selbstgerechtigkeit. Das wiederum liegt den eher auf Ausgleich bedachten Loyalen eigentlich fern. Wenn man

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