Das Ende der Einsamkeit
wie Alessandro sie kühl und durchdringend ansah. Und Victoria?
Megan stöhnte innerlich auf. Was für ein Bild musste Dominics Mutter von der Lehrerin ihres Sohnes haben! Ihr stechender Blick ließ jedenfalls ahnen, dass sie vermutlich schon über einen Schulwechsel nachdachte.
„Wie schön, dass Sie doch noch gekommen sind!“ Megan bemühte sich um ein besonders herzliches Lächeln. „Robbie meinte …“, sie gab ihm einen Klaps auf die Hand, damit er sie endlich losließ, „… Sie würden es wahrscheinlich nicht schaffen. Ich meine, wo doch die Nanny frei hat und … der Koch in einer fremden Küche arbeiten muss … Ist … Dominic mitgekommen?“
„Ich habe meine Mutter zum Weihnachtsessen bei uns zu Gast“, antwortete Victoria förmlich, wobei sie Megan eine Schachtel erlesener Pralinen überreichte, „und hielt es für besser, Dominic bei ihr zu lassen. So kann er mit seinen neuen Spielsachen spielen, und meine Mutter kann ein Auge auf Alessandros Koch haben. Wir bleiben sowieso nicht lange.“
„Aber hoffentlich lange genug für einen Drink“, mischte sich Robbie energisch ein.
Victoria bedachte ihn mit einem betont kühlen Blick und schüttelte den Kopf. „Wohl kaum. Wir wollten wirklich nur kurz vorbeischauen. Ich möchte auf keinen Fall …“
„Ach kommen Sie“, Robbie hakte sich unverfroren bei ihr ein, „seien Sie kein Spielverderber. Natürlich trinken Sie ein Glas Punsch – oder besser gesagt, einen Pappbecher.“ Er zwinkerte Megan zu. „Warum kümmerst du dich nicht um unseren anderen Gast, Megan? Er sieht so aus, als könnte er eine kleine Auflockerung vertragen.“
„Bemerkenswertes Outfit.“ Alessandros Blick schweifte vielsagend über ihre spärlich bekleidete Gestalt. Dieses Kleid war so lächerlich kurz und flammend rot und aufreizend eng, dass er sich fragte, warum Megan sich überhaupt die Mühe gemacht hatte, etwas anzuziehen. Es sei denn, sie legte es bewusst darauf an, die lüsternen Blicke sämtlicher männlicher Partygäste auf sich zu ziehen. „Die Haarfarbe ist auch interessant.“ Er streckte eine Hand aus und drehte sich eine der rot getönten Locken um den Finger, sodass Megan unwillkürlich zurückzuckte. „Willst du ein leichtes Mädchen darstellen?“
„Nur ein Kostüm für die Party. Die Farbe lässt sich auswaschen. Morgen bin ich wieder blond. Aber ich hatte nicht erwartet, dich zu sehen.“
„Ich glaube, ich brauche wirklich einen Drink, um mit dieser … Party klarzukommen.“
„Kein Problem. Was hättest du denn gern? In der Küche gibt es ein reichhaltiges Angebot.“ Megan blickte sich suchend nach Robbie um. Aber nachdem er zwei Stunden lang den perfekten Gastgeber gespielt hatte, schien er ausgerechnet jetzt wie vom Erdboden verschluckt. „Ich hole dir etwas und stelle dich dann den übrigen Gästen vor.“ Nervös zupfte sie am Saum ihres Kleides, als könnte sie es damit länger und damit salonfähiger machen.
„Das ist genau wie die Partys aus deiner Studienzeit, Megan“, bemerkte Alessandro, als er ihr zur Küche folgte. „Billiger Fusel, laute Musik …“
„Willst du damit sagen, ich wäre nicht erwachsen geworden?“ Sie drehte sich wütend zu ihm um.
„Wem der Schuh passt …“
„Wenn ich mich recht erinnere, hast du dich auf diesen Partys immer gut amüsiert!“ Sie schenkte ihm einen Becher Punsch ein, den sie ihm in die Hand drückte.
Es war ein klarer, kalter Morgen. Einige der Gäste hatten sich von der blassen Wintersonne in den winzigen Garten locken lassen, wo Megan und Charlotte einen gemieteten Heizpilz aufgestellt hatten. Alessandro beobachtete aus dem Augenwinkel, wie sich Robbie angeregt mit Victoria unterhielt, die schon einen guten Teil ihres Drinks getrunken hatte, den sie doch ursprünglich gar nicht hatte haben wollen.
„Alles zu seiner Zeit.“ Liebe Güte, ihm war klar, dass er wie der sprichwörtliche Langweiler klang, aber aus unerfindlichen Gründen hatte es ihn geärgert, Megan in den Armen dieses beneidenswert durchtrainierten Fußballtrainers zu sehen.
„Nun, zu deiner Information: Diese Bude ist alles andere als billig, und ich bin nicht betrunken!“
„Du hättest es fast geschafft, mich vom Gegenteil zu überzeugen! Es sei denn, es macht dir Spaß, unangenehm aufzufallen.“
Megan lehnte sich gegen die Anrichte und sah ihn ruhig an. „Ich weiß wirklich nicht, warum du hergekommen bist, Alessandro. Du hältst mich für unreif und dumm und Robbie für einen Versager. Warum hast
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