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Das Ende der Geduld

Das Ende der Geduld

Titel: Das Ende der Geduld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Heisig
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als die zweite und dritte Generation. Der Grund liegt auf der Hand: Sie stellten eine Minderheit dar und hatten Arbeit. Da folgt die Integration aus den Lebensumständen. Deswegen wäre es wichtig gewesen, die Bevölkerung in den Stadtteilen zu mischen und Massenarbeitslosigkeit bei Zuwanderern zu verhindern. Wenn die Eltern arbeiten, hat der Tag eine Struktur, die die Kinder übernehmen, was sich positiv auf ihre Entwicklung auswirkt. Deshalb muss der Staat Arbeit anbieten. Ich bin keine Arbeitsmarktexpertin, jedoch vernehme ich von den Jobcentern, dass die „arbeitsmarktrelevante Qualifikation" vieler Menschen inzwischen nicht mehr hinreichend gegeben sei, nachdem rein körperliche Tätigkeiten in nennenswertem Umfang nicht angeboten werden können. Die Zeiten haben sich eben geändert. Dieser Tatsache müssen sich alle Menschen stellen, was uns zwangsläufig zum Thema Schulbildung führen wird.
    Ein persönliches Erlebnis möchte ich an dieser Stelle einflechten. Ich habe einen sehr schönen Teil meiner Kindheit in Berlin verbracht. Wir lebten Anfang der siebziger Jahre im Wedding, einem damals beschaulichen Arbeiterkiez. Heute stellt sich die Kriminalität in Teilen dieses Bezirks schlimmer dar als in Neukölln. Ich kam in der zweiten Klasse vom Rhein an die Spree und wurde von meinen neuen Mitschülern bereits aufgrund meiner merkwürdigen Aussprache ziemlich begafft. Kurz nach mir wurde der erste türkische Junge an der Schule aufgenommen. Er kam in meine Klasse. Tayfun hatte es schwerer als ich, da er gar kein Deutsch sprach und zudem noch eine dunkle Gesichtsfarbe hatte. Tayfuns Eltern waren Arbeiter aus Ostanatolien. Trotz geringer eigener Bildung war ihnen klar, dass ihr Sohn in der Schule vorankommen musste. Meine Lehrerin erkannte das Potenzial ihrer beiden „Zuwanderer". Obwohl ich „dat" und „wat" sagte, gefielen ihr meine Aufsätze und sie bat mich, gelegentlich mit Tayfun gemeinsam die Hausaufgaben zu erledigen. Das haben wir eine Zeit lang auch gemacht. Das Kind lernte innerhalb eines halben Jahres Deutsch, was mehr seinem Ehrgeiz als meinen pädagogischen Fähigkeiten geschuldet war. Tayfun und ich waren jedenfalls am Ende des Schuljahres keine „Zootiere" mehr.
    Auch in der ehemaligen DDR gab es im Übrigen in den achtziger Jahren Einwanderer der ersten Generation, die als Vertragsarbeiter angeworben wurden. Es handelte sich um Vietnamesen aus einfachsten Verhältnissen. Nach der Wende verloren sie ihre Arbeit und mussten sich irgendwie durchschlagen. Sie leben heute überwiegend in bescheidenen Verhältnissen im Ostteil Berlins. Dort betreiben sie kleine Blumenläden, Billigbekleidungsgeschäfte und jede Menge Imbisse an den S-Bahnhöfen. Was ist aus ihren Kindern geworden? Strebsame Schülerinnen und Schüler, die z.B. auf dem Barnim-Gymnasium in Berlin-Lichtenberg in den unteren Klassen 30 Prozent der Schüler stellen. Sie erzielen im Durchschnitt bessere Erfolge als deutsche Schüler. Warum ist das so? Weil Bildung in Asien etwas bedeutet? Mir scheint, dass die Eltern aus diesem Kulturkreis keine grundsätzliche Anspruchshaltung gegenüber dem Staat haben, der für „bessere Schulen" sorgen soll. Sie verlangten sich selbst etwas ab, damit die Kinder es einmal „zu etwas bringen".
    Es gibt zudem in Deutschland zugewanderte Menschen, die nie vorhatten, sich einzufügen, sondern schon immer in einer parallelen, in einigen Fällen rein kriminell ausgerichteten Struktur gelebt haben und aus meiner Sicht weitgehend beabsichtigen, damit fortzufahren.
     
Einige »libanesische« Großfamilien
    Bereits im Jahr 2003 fertigte ein Mitarbeiter des LKA eine bemerkenswerte Studie über diese Einwanderergruppe an. Die Untersuchung heißt: „Importierte Kriminalität und deren Etablierung". Der Verfasser zeigt auf, dass es sich bei den sogenannten „staatenlosen Palästinensern" meist nicht um Libanesen, die ebenfalls in Deutschland leben und eine große Bereicherung darstellen, handelt, sondern um „libanesische Kurden" aus den Grenzgebieten der Türkei und Syriens. Diese hatten sich mit ihren Großfamilien in mehreren Fluchtwellen in den dreißiger und sechziger Jahren in den Libanon begeben. Der Libanon hat diese Menschen ganz überwiegend nicht eingebürgert. Im Prinzip lebten sie bereits dort illegal. Die Familien erhielten zum Teil sogenannte „Laissezpasser"-Papiere. Damit konnten sie ausreisen, was auch erwünscht war. Jedoch verloren die Dokumente ein Jahr nach Verlassen des Landes ihre

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