Das Ende der Geduld
Gültigkeit. Das verhinderte eine Rückkehr. Als Staatsangehörigkeit wurde in den Dokumenten oft „ungeklärt", staatenlos oder „libanesisch" eingetragen. Hieraus erklären sich die entsprechenden Angaben zur Herkunft bis zum heutigen Tage. Die ungeklärte Staatsangehörigkeit hat einen entscheidenden Vorteil: Selbst wenn in Deutschland der Asylantrag abgelehnt wird - und das war überwiegend der Fall -, konnten auch Schwerkriminelle nicht abgeschoben werden, denn dazu muss gesichert sein, in welches Land die Abschiebung zu erfolgen hat.
Viele der heutigen angeblich arabischen Großfamilien sind unter Verwendung der „Laisserpasser"-Papiere nach Deutschland gekommen. Etliche besaßen auch gar keine Personaldokumente. Der juristische Ablauf gestaltet sich im Anschluss an das erfolglose Asylverfahren gleichbleibend wie folgt: Die Familienangehörigen erhalten zunächst den ausländerrechtlichen Status der Duldung. Es gibt Menschen, die seit vielen Jahren mit „Kettenduldungen" hier leben. Dieser Zustand hat in der Tat eine unerträgliche Folge: Er ist mit dem Verbot verbunden, eine Arbeit aufzunehmen. Dies stellt ein Versäumnis der deutschen Politik dar, das mir immer unbegreiflich war: Entweder hätte man mit dem Libanon oder der Türkei die Modalitäten der Rückkehr dieser Familien in das Herkunftsland klaren müssen, wenn sie dort offensichtlich nicht politisch verfolgt wurden, was aus dem abgelehnten Asylantrag ersichtlich ist, oder man hätte die Zuwanderer konsequent aufnehmen und ihnen dann jedoch gestatten sollen, einer Arbeit nachzugehen. In gewisser Weise erfolgte eine Entschärfung der Situation durch die sogenannten „Altfallregelungen" aus den Jahren 1987 und 1989, die den „Palästinensern" zum Teil die Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis ermöglichten. Laut der angesprochenen Studie des LKA waren im Übrigen bereits im Jahr 2003 etwa 40 Prozent dieser Bevölkerungsgruppe eingebürgert und damit „Deutsche". Inzwischen dürfte sich dieser Prozentsatz weiter erhöht haben. Meinen Erkenntnissen zufolge verfügen viele Familien zumindest über einen gesicherten Aufenthaltsstatus. Sie dürfen arbeiten. Das Argument, dass die Einwanderer aus dem Libanon in Deutschland an ihrer Integration gehindert werden, weil ihnen das Arbeiten durch die „Duldung" verboten wird, entpuppt sich dementsprechend zunehmend als zeitlich überholt. Auch handelt es sich bei den „Staatenlosen" nicht immer um Menschen aus Flüchtlingslagern, die dort unter menschenunwürdigen Lebensbedingungen lebten und Kriegstraumata erlitten haben.
Die besagten Familien haben sich auf bestimmte Regionen in Deutschland verteilt. Man findet sie vor allem im Ruhrgebiet, in Bremen/Bremerhaven und in Berlin. Sie sind miteinander verwandt und leben ausschließlich nach ihren Gesetzen. Nach den mir vorliegenden Erkenntnissen gibt es in Deutschland zehn bis zwölf dieser Clans, die einige tausend Menschen umfassen. Sie agieren sowohl im Innen- wie im Außenverhältnis kriminell.
Wo gar nichts mehr geht
Das System: Ein typischerweise zunächst aus Mutter, Vater und zehn bis fünfzehn, in Einzelfällen bis zu neunzehn Kindern bestehender Clan wandert aus dem Libanon zu. Einige Kinder werden noch in der „Heimat" geboren, andere in Deutschland. Bevor die Mütter das letzte eigene Kind gebären, haben sie bereits Enkelkinder. Deshalb vergrößert sich ein Clan in atemberaubender Geschwindigkeit. Als Staatsangehörigkeit der Familien taucht in amtlichen Papieren aus den besagten Gründen „staatenlos", „ungeklärt", „libanesisch" oder zunehmend auch „deutsch" auf. Man lebt von staatlichen Transferleistungen und dem Kindergeld. Das verwundert im Vergleich zu anderen ALG-2-Empfängern, denn der Lebensstil der Clans kann ohne Übertreibung als aufwendig bezeichnet werden. Das mag daran liegen, dass speziell die Männer unzählige Straftaten begehen. Eine Großfamilie bringt es ohne Probleme auf Hunderte polizeilicher Ermittlungsverfahren. Die Anzahl der Familienangehörigen reduziert sich zwischenzeitlich unfreiwillig. Wenn die Drogen- oder sonstigen illegalen Geschäfte von einem rivalisierenden Clan oder gar von Banden mit einem anderen ethnischen Hintergrund gestört werden, wird das Problem gelöst, indem man einander tötet oder dies zumindest versucht. Ähnlich verhält es sich, wenn es um Schwierigkeiten mit weiblichen Familienangehörigen geht. Diese Problemlösungsstrategien wurden bereits vor etwa zwanzig Jahren beobachtet.
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