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Das Ende der Geduld

Das Ende der Geduld

Titel: Das Ende der Geduld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Heisig
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des dekadenten Westens an. Dementsprechend bedrohlich stellt sich die Lage dar, wenn sich ein schwuler Türke oder Araber „outen" will. Dann riskiert er sein Leben. Es existieren in Berlin bereits Hilfseinrichtungen für homosexuelle Muslime, die diese vor ihren Familien verstecken und schützen.
    Auch vor diesem Hintergrund habe ich übrigens einige Zeit nach der Veröffentlichung der Studienergebnisse mit großer Irritation zur Kenntnis genommen, dass der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, Dr. Christian Pfeiffer, in den Medien - offensichtlich auf der Grundlage eben jener Studie -verkündete, dass strenggläubige muslimische Jugendliche gewaltbereiter sind als ihre christlichen Altersgenossen. Von dieser unbestreitbar bedeutsamen Feststellung war in dem zuvor dargestellten Fachbeitrag jedoch keine Rede gewesen. Im Gegenteil: Dort wird die vermehrte Begehung von Gewaltdelikten bei Jugendlichen nichtdeutscher Herkunft mit der ihnen gegenüber angeblich selektiv höheren Anzeigebereitschaft der Opfer sowie vornehmlich mit sozialen Ursachen in Verbindung gebracht. Das pauschale Ergebnis des Fachbeitrags, die Gewaltbereitschaft der Jugendlichen sei insgesamt gesunken, ist deshalb aus meiner Sicht nicht haltbar und angesichts der späteren öffentlichen Darstellung Pfeiffers auch ungeeignet, Jugendrichter und -Staatsanwälte mit validen kriminologischen Erkenntnissen auszustatten - worauf sich zumindest einige meiner Kollegen bislang verlassen haben.
     

Zur Umsetzung richterlicher Weisungen
und Anti-Gewalt-Maßnahmen
bei freien Trägern und Projekten
    Die „Warthe 60" und der „Stattknast" sind im Neuköllner Kiez angesiedelte Einrichtungen, die richterliche Weisungen an die Angeklagten nach Zuweisung durch die Jugendgerichtshilfen umsetzen. Man hat sich das so vorzustellen, dass der Angeklagte z. B. wegen eines Ladendiebstahls zu einer Erziehungsmaßregel in Gestalt einer Arbeitsweisung verurteilt wird. Diese beträgt in Berlin üblicherweise nicht mehr als 40 Stunden. Die Jugendgerichtshilfe arbeitet mit verschiedenen Trägern zusammen, welche die Arbeiten dann durchfuhren lassen. „Stattknast" ist ein Projekt mitten in Neukölln. Das Ambiente ist schlicht, aber liebevoll hergerichtet. Wer die Räume betritt, bemerkt sogleich, dass hier engagierte Menschen weit mehr Arbeit leisten, als ihnen bezahlt wird. Hierher werden von der Jugendgerichtshilfe Neukölln viele Arbeitsstunden vergeben. Es sind zwei Sozialarbeiter mit eineinhalb Stellen und eine ABM-Kraft beschäftigt. Die Jugendlichen können in der Siebdruckerei oder der Fahrradwerkstatt arbeiten. In der Letztgenannten ist es möglich, die eigenen Fahrräder zu reparieren, eine Tatsache, die mir irgendwie zu schaffen macht, müssen doch andere Menschen hierfür ihr erwirtschaftetes Geld bezahlen. Auch der hässliche Hinterhof wurde im Rahmen von Arbeitsstunden verschönert, was mir gut gefallen hat und sich eher mit meiner Vorstellung vom Inhalt einer Arbeitsweisung vereinbaren lässt. Obwohl die Mitarbeiter sehr motiviert sind und unverdrossen die vielen Stunden, die wir Richter anordnen, verteilen, war doch ein gewisser Frust spürbar. Zu wenig Kapazität in der problematischen Gegend, viele Verurteilte, die ihre Stunden nur schleppend erledigen, sich unzureichend oder gar nicht entschuldigen, u. a., weil sie sich überwiegend unschuldig verurteilt fühlen. Auch die Haltung verschiedener junger Männer gegenüber Frauen oder Mädchen wird hier kritisiert: Wird gemeinsam gekocht und steht der Abwasch an, wird selbstverständlich angenommen, dass diese Tätigkeit vom weiblichen Geschlecht erledigt wird. Natürlich lassen die Mitarbeiter diese Haltung nicht durchgehen. Auch Mohammed darf dann gern spülen, was er in der Regel auch tapfer macht. Werden im Übrigen die richterlich verhängten Stunden nicht erledigt, kann der Jugendrichter Beugearrest bis zu vier Wochen verhängen; jedoch vergehen bis dahin einige Monate, und die damit beabsichtigte erzieherische Wirkung ist dann kaum noch zu erreichen. Ich bewundere deshalb den ungebrochenen Eifer der Beschäftigten bei „Stattknast". Dies ist eine ganz und gar unverzichtbare Einrichtung.
    Eine andere Einrichtung, die „Warthe 60", kombiniert offene Kinder- und Jugendarbeit mit Einzel- und Gruppenarbeit zur Gewaltprävention. Hierzu gehören vor allem Anti-Gewalt-Seminare und das sogenannte „sozialkognitive Einzeltraining" Der Bereich der Anti-Aggressions-Maßnahmen ist für die

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