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Das Ende der Geschichten (German Edition)

Das Ende der Geschichten (German Edition)

Titel: Das Ende der Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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erzählen sollte. Doch dann sagte ich nur an den richtigen Stellen «M-hm», streute hin und wieder ein «Ist ja toll!» ein und malte mir dabei die Tage aus, die ich allein mit B. im Seashell Cottage damit verbringen würde, Gitarre zu spielen, meine Hausschuhe zu stricken und meinen Roman zu schreiben. Was war nur los mit mir? Da wünschte ich mir seit Jahren, dass Christopher endlich einmal ein interessantes Buch las und mit mir darüber reden wollte; da wünschte ich mir seit Ewigkeiten, dass er sich endlich einmal dafür entschuldigte, ein «Arsch» zu sein, wie er das ausdrückte. Und jetzt, wo er es tat, ging es mir an selbigem vorbei.
    Nachdem Christopher sich schlafen gelegt hatte, setzte ich mich aufs Sofa und schmökerte in dem Bachblüten-Buch. Was sollte ich für ihn auswählen? Rosskastanienknospe half Menschen, die immer wieder dieselben Fehler machten. Wegwarte war für Leute, die egoistisch, dominant und kritisch waren. Geißblatt eignete sich für Menschen, die in der Vergangenheit lebten und über traumatische Erlebnisse nicht hinwegkamen. Quellwasser half Leuten, die sich gern moralisch aufs hohe Ross schwangen. Und Gelbe Weide eignete sich für launische, sensible Gemüter, die den Menschen um sich herum alles verdarben. Traf das wirklich auf Christopher zu, oder war das nur mein Bild von ihm? In dem Buch stand, man solle die Essenzen nur für jemanden zusammenmischen, den man auch objektiv beurteilen konnte. Na, dann viel Spaß. Als ich die braunen Vorratsfläschchen aus der Packung nahm, spürte ich Tränen in den Augen. Ich vermisste Vi und hatte Christopher so satt, dass ich ihn eigentlich gar nicht mehr heilen, sondern nach oben gehen und ihn mit einem Kissen ersticken wollte. Rowans Mail hatte ich immer noch nicht beantwortet, weil ich nicht wusste, was ich ihm schreiben sollte. Täglich entwarf ich im Kopf Antworten an ihn, und täglich formulierte ich wunderbare Entschuldigungsschreiben an Vi, doch trotzdem handelte ich nicht. Ich klebte ein Etikett auf Christophers Bachblütenmischung und stellte sie ihm mit den entsprechenden Anweisungen auf den Küchentisch. Ich hatte versucht, dem Inhalt des Fläschchens noch etwas Placebo-Effekt beizufügen, war aber nicht recht mit dem Herzen dabei.
    Dann machte ich mir einen Tee, trocknete mir die Augen und setzte mich wieder mit dem Buch aufs Sofa, um nachzusehen, was es mit Vis Mischung für mich auf sich hatte. Herbstenzian stand für Skeptiker, die an nichts glaubten. Stechpalme eignete sich für Menschen, die hartherzig und freudlos waren. Hainbuche heilte Leute, die mental erschöpft waren und keinen Sinn mehr im Leben sahen. Esskastanie war für Menschen, die keine Hoffnung mehr hatten. Waldtrespe half, wenn man keinen bestimmten Ehrgeiz besaß, nicht zur Ruhe kam und sich nie für etwas Konkretes entscheiden konnte. Und Heckenrose stand für Menschen, die nicht mehr fähig waren, die richtige «kosmische Lebensenergie» aufzunehmen. Ich blätterte noch einmal zum Herbstenzian zurück. «Ein solcher Mensch will glauben, schafft es aber nicht», stand dort. «Der- oder diejenige verspürt das dringende Bedürfnis danach, an irgendetwas zu glauben, braucht aber diese Essenz, um sich überhaupt erst darauf einlassen zu können.»
    Ich schaltete das Radio ein und machte mich daran, ein neues Fläschchen meiner eigenen Arznei zu mischen. Die Bestie vom Dartmoor war immer noch die wichtigste Lokalnachricht. Eine Frau aus Postbridge wollte sie bei sich im Garten herumschleichen gesehen haben. Sie beschrieb das Tier als schwarzen Wolf, etwa doppelt so groß wie ein Schäferhund, mit «glühenden» gelben Augen. «Ich traue mich überhaupt nicht mehr nach draußen», berichtete sie. «So ein großes Tier habe ich bisher nur im Zoo gesehen. Ich setze keinen Fuß mehr vor die Tür, bis es gefangen ist.» Ich schaute zu B. hinüber, die wieder auf dem Wohnzimmersessel lag. So, wie es sich anhörte, war die Bestie eine sehr viel größere Version von ihr, wobei B. natürlich braune Augen hatte. Es wurden noch jeweils ein Vertreter der örtlichen Polizei und des Zoos in Paignton interviewt. B. kam herbei und rollte sich neben mir auf dem Sofa zusammen, und ich fing an zu stricken. Plötzlich setzte das Scharren wieder ein, diesmal direkt vor der Haustür. B. schien sich nicht daran zu stören, es konnte also nichts von Bedeutung sein. Trotzdem ging ich umgehend ins Bett, zog die Decke über den Kopf und versuchte, an die Arbeit und ans Tageslicht zu

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