Das Ende der Geschichten (German Edition)
alle Ewigkeit aufs Meer hinausschauen und erfrieren würde, weil ich kein Feuer hatte, oder verhungern, weil nichts zu essen da war.
Ich ließ B. allein im Haus herumschnüffeln und eilte zum Dorfladen hinüber. Obwohl die Saison noch längst nicht begonnen hatte, gab es dort ein kleines Sortiment an Eimerchen und Schäufelchen zu kaufen – außerdem Abführmittel, Schnürsenkel, Türstopper, Büroklammern, Postkarten, kleine Broschüren über Naturphänomene und Gespenster, Bindfäden, Anzünder, Feuerholz, Milch, Käse, Sandwiches und noch tausend weitere Dinge. Die Regale wirkten ein wenig verstaubt, und es war recht düster im Laden. Trotzdem erstand ich einen Reisewasserkessel, Feueranzünder, Brot, ein Schüsselchen frischgefangener Krabben, ein angestaubtes Päckchen Penne, eine Zitrone, schwarzen Pfeffer, Kaffee, eine Auswahl verschiedener Kräutertees und ein Glas Honig aus der Gegend. Ich legte auch eine Dose Hundefutter und eine Packung Hundekuchen in meinen Korb, streifte noch ein bisschen durch den Laden, kehrte dann um und tat noch zwei weitere Dosen, einen großen Büffelhautknochen und einen Fressnapf aus Blech dazu. Dann betrat ich den Gang mit den Putzmitteln und nahm Staubtücher, Reinigungsmittel, Scheuermilch, Wischtücher, Möbelpolitur und einen Eimer aus den Regalen. Als ich das alles auf den Ladentisch legte, zog die Frau hinter der Kasse die Augenbrauen hoch.
«Sonst noch was?», fragte sie.
Ich schaute über ihre Schulter hinweg auf ein weiteres Regal mit Publikationen örtlicher Autoren: Gezeitentabellen, Vogelkundebücher und Kalender mit Bildern von Slapton Ley. Dazwischen steckte ein schmales Taschenbuch mit dem Titel Haushaltstipps von einer gewissen Iris Glass. Das musste Andrews Tante sein, deren Häuschen ich übernommen hatte. «Kann ich bitte auch noch das Buch da haben?», fragte ich.
Die Verkäuferin reichte es mir seufzend. «Machen Sie hier Ferien, Kindchen?», fragte sie.
«Kann man so sagen.»
Als ich ins Cottage zurückkehrte, waren B.s Augen randvoll mit Fragen, die ich ihr zumindest teilweise mit dem Kauknochen beantwortete. Ich packte die ganze Putzausrüstung in den Eimer und stellte ihn in die Küche. Dann ging ich zum Pub hinüber und holte mir ein bisschen Feuerholz. Zurück im Haus, schichtete ich es im Kamin auf, während der neuerstandene Wasserkessel brodelte und der Backofen heiß wurde.
Ich hatte bei Becca und Ant in Brighton gelernt, wie man Feuer im Kamin macht. Nachdem Drews Fernsehserie fertig produziert war, ging er nach London zurück, und wir planten, dass ich irgendwann dort zu ihm ziehen würde oder er nach Brighton zu mir. Bis es so weit war, verbrachten wir unsere Wochenenden bei Becca und Ant, weil wir beide wussten, wie kalt und deprimierend meine kleine Wohnung war. Eines Sonntagmorgens – wir lagen in dem großen Bett in «unserem» Zimmer, von dem aus man den Gartenteich überblicken konnte – sah Drew mich plötzlich sehr ernst an und sagte mir, er liebe mich und wolle mich heiraten. Ich weiß noch, wie ich mich in dem perfekten Zimmer umschaute und dachte, dass die Tapete – sie zeigte Ansichten des heutigen Brighton – so viel geschmackvoller und ungewöhnlicher war als alles, was ich mir jemals würde kaufen können. Unten in der Küche stand ein großer Herd, auf dem Ant wahrscheinlich gerade schon das Frühstück zubereitete. Becca war vermutlich dabei, in dem großen Kamin im Wohnzimmer ein Feuer anzuzünden, wie sie es an kalten Winterwochenenden immer tat. Nach dem Frühstück würden wir zusammen vor dem Kamin die Zeitung lesen und uns über das unterhalten, was uns im Literatur- oder Trend-Teil auffiel. Becca führte bei diesen Diskussionen immer das große Wort, und an den Mittwochnachmittagen, wenn ihr Laden geschlossen blieb, fuhr sie oft nach London, um irgendetwas zu kaufen, was sie am Sonntag zuvor in der Zeitung gesehen hatte. Währenddessen warf ich einen ersten Blick auf das Kreuzworträtsel, mit dem ich natürlich erst anfangen würde, wenn ich abends wieder zu Hause war. Vor dem Mittagessen würden wir zusammen ein paar Runden in dem überdachten Pool drehen und uns in die Sauna setzen, und nach dem Mittagessen würden Drew und ich zurück nach oben gehen und noch ein bisschen Bilderbuch-Sex haben. Mir kam es vor, als hätte sich mein Leben rein äußerlich von einem kleinen weißen Taschentuch in ein mehrere Meter langes, wunderschönes Stück Stoff verwandelt, aufwendig bedruckt mit Mustern und Farben.
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