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Das Ende der Geschichten (German Edition)

Das Ende der Geschichten (German Edition)

Titel: Das Ende der Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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Dummerweise war Drew auf dieser Stoffbahn kein Muster, sondern nur die dezente Hintergrundfarbe. Und ich war mir gar nicht sicher, was man aus so einem Stoff eigentlich nähen sollte und ob mir das Ergebnis dann überhaupt stand. Doch an jenem Sonntagmorgen errötete ich nur und sagte Drew, ich würde ihn auch lieben, und obwohl ich eigentlich nicht an die Ehe glaubte, sei es wahrscheinlich doch ein guter Gedanke, unsere Beziehung auf diese Weise offiziell und dauerhaft zu machen.
    Am selben Tag hatte ich auch Christopher kennengelernt. Als Drew und ich schließlich frisch verlobt aus unserem Zimmer kamen, in Jogginghosen, alten Sweatshirts und mit breitem Grinsen auf dem Gesicht, wartete unten kein Frühstück auf uns und auch kein Feuer im Wohnzimmerkamin. In der Küche roch es nach kaltem Zigarettenrauch, wahrscheinlich von Becca, die es einfach nicht schaffte, sich das Rauchen abzugewöhnen, weil sie den Tod ihrer Mutter immer noch nicht verwunden hatte. Doch statt Becca saß ein magerer, auf schroffe Weise schöner, blauäugiger Typ in zerrissener Jeans am Küchentisch. Er hatte eine Zwanzig-Pfund-Note vor sich liegen. Als wir hereinkamen, griff er nach dem Schein, stand auf, steckte ihn ein, klopfte Drew auf die Schulter und sagte etwas Richtung: «Alles klar, Mann?» Drew stellte ihn mir als Beccas jüngeren Bruder Christopher vor. Dann kam Ant herein und erzählte, Becca sei irgendwohin verschwunden, weil sie ein bisschen Ruhe brauche; ob wir vielleicht das Feuer im Kamin anmachen könnten, während er sich um das Frühstück kümmerte? Wir verzogen uns zu dritt ins Wohnzimmer und warfen unser Wissen zusammen, wobei allerdings nicht viel herauskam. Christopher und ich fingen sofort an herumzualbern, doch Drew nahm die Sache ausgesprochen ernst. Er errichtete eine Art Wigwam aus drei Holzscheiten und sah sich dann nach Feueranzündern und Streichhölzern um.
    «Anzünder kannst du doch nicht nehmen, Mann», sagte Christopher zu ihm. «Die sind ganz schlecht für die Umwelt.»
    «Stimmt», meinte ich, ohne zu wissen, wovon ich eigentlich redete. «Soll man dafür nicht kleine Holzstückchen verwenden? Oder zusammengeknülltes Zeitungspapier?»
    «Anzünder funktionieren am besten», erwiderte Drew.
    Christopher ging aus dem Zimmer und kehrte mit einer Flasche Wodka, einer Schachtel Streichhölzer und dem Literaturteil des aktuellen Observer zurück. Drew hatte immer noch keine Anzünder gefunden und beobachtete nun seufzend, wie Christopher einzelne Zeitungsseiten zusammenknüllte und sie rund um die Holzscheite in den Kamin warf. Dann leerte er den Wodka zur Hälfte über dem Arrangement aus und zündete es an. Das Feuer loderte ein paar Sekunden lang wie ein Christmas Pudding und erlosch dann ebenso abrupt wieder. Wir beugten uns darüber und erblickten ein Gemisch aus Zeitungspapierbrei und nassen Holzscheiten. Das ganze Haus stank nach Wodka. Drew warf mir einen bedeutungsvollen Blick zu, und ich folgte ihm nach oben. Im Gehen schaute ich noch einmal zu Christopher zurück. Er schob die nassen Scheite mit dem Fuß im Kamin herum, verschmierte sich die Turnschuhe mit Wodka und Asche und murmelte vor sich hin, wie bescheuert das alles sei. Ich konnte mich noch genau erinnern, dass ich in diesem Moment dachte, was für ein Glück ich hatte, mit einem Mann wie Drew zusammen zu sein, der vernünftig und besonnen handelte und niemals aus der Haut fuhr, und dass ein Mann wie Christopher, so sexy er auch sein mochte, viel zu kompliziert und anspruchsvoll wäre und man nie recht wusste, was er als Nächstes anstellte. Als wir oben waren, setzte Drew sich aufs Bett, legte die Hände in den Schoß und fragte: «Du findest ihn doch nicht attraktiv, oder?»
    «Wen?»
    «Christopher.»
    «Natürlich nicht», antwortete ich. «Wieso?»
    «Weil die meisten Frauen das finden.»
    «Tja, ich nicht. Rein objektiv vielleicht. Aber er ist nicht mein Typ. Ganz im Gegensatz zu dir.»
    ***
    In Torcross entfachte ich das Feuer in meinem neuen Zuhause, als das ich es bereits betrachtete, mit Anzündern: zwei zuunterst, darüber ein paar kleinere, trockene Holzscheite. Ich ließ genug Platz dazwischen, damit der Sauerstoff zirkulieren konnte, und legte dann ein größeres Holzscheit obendrauf. Als das Feuer brannte, roch es nach Erde und Winter. Der Wasserkessel pfiff, und ich ging in die Küche und machte mir einen Tee und einen Toast mit Krabben, Pfeffer und Zitrone. B. lag vor dem Kamin und war voll und ganz mit ihrem Kauknochen

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