Das Ende der Geschichten (German Edition)
alles.»
Und während sie die Fische mit Öl, einem anderen Weißwein und Orangenschale marinierte und ich die Kräuter hackte, erzählte ich ihr von meinem Streit mit Christopher und meiner Begegnung mit Milly und von dem Tag, an dem ich Rowan geküsst hatte; seinen Namen erwähnte ich dabei jedoch nicht. Ich erzählte ihr auch, dass ich ihn selbst jetzt, ein Jahr danach, nicht aus dem Kopf bekam.
«Sei bloß vorsichtig», warnte Libby. «Wahrscheinlich verlässt du Christopher ja doch nicht.»
«Das kann ich wirklich nicht sagen. Aber ja, ich habe schon die Absicht, vorsichtig zu sein.»
«Vor allem musst du aufpassen, dass du nicht so endest wie ich. Vergiss nicht, dass du mir mal erzählt hast, du fändest Männer immer aufregender, solange du sie noch nicht näher kennst.»
«Oh.» Ich seufzte. «Stimmt. Aber es ist ja nur ein Mittagessen.»
«Du hast das Wort ‹Affäre› in den Mund genommen», bemerkte Libby.
«Wie wäre es mit folgendem rein hypothetischen Modell: Ich finde diesen Mann tatsächlich aufregend, obwohl er viel zu alt für mich ist; und mal angenommen, er küsst mich wieder – was er natürlich nicht tun wird und was ich ja auch gar nicht will …»
«Und ob du das willst!»
«Tja, also, nehmen wir an, es passiert noch einmal, und nach einer gebührenden Zeitspanne schlafen wir miteinander und verlieben uns leidenschaftlich und tragisch ineinander …»
«Ja?»
«Na, davon muss doch kein Mensch was erfahren.»
«Ich bin mir nur nicht sicher, ob das tatsächlich so funktioniert. Eigentlich kann man nämlich nicht in den einen verliebt sein und offiziell mit dem anderen leben; das muss beides zusammenkommen. Zumindest bei einer Frau. Willst du noch Wein?»
«Ja. Danke. Gott, wahrscheinlich hast du recht.»
«Du wirst dich dein Leben lang in andere Männer verknallen. Aber wenn du versuchen willst, die Sache mit Christopher zu klären, kannst du nicht gleichzeitig mit jemand anderem rummachen. Du musst entweder das eine oder das andere tun.» Libby lachte. «In der Theorie weiß ich das auch alles. Ich schaffe es nur nicht, es in die Praxis umzusetzen. Das ist wie beim Billard. Ich konnte schon immer allen ganz genau erklären, wie man die Kugeln einlocht, aber selbst schaffe ich es so gut wie nie. Habe ich dir schon mal erzählt, wie ich mich in diesen Typen verliebt habe, der so was wie der Billard-König im Pub bei mir um die Ecke war, als ich noch in Bristol gewohnt habe? Wie hieß der noch gleich? Ach ja … Ollie. Ich war also in Ollie verliebt, und er hat mit mir geschlafen und anschließend Schluss gemacht. Er hatte einen unglaublichen Schwanz – sonnengebräunt, kannst du dir das vorstellen? – und ein wunderschönes Lächeln, und er wollte Schriftsteller werden. Gott, was hab ich den geliebt! Er hatte vier Freunde: Einer war dunkel, einer blond, einer rothaarig, der vierte mit Glatze. Wie eine Boy-Group. Nachdem Ollie mich fallengelassen hatte, habe ich sie alle der Reihe nach durchgemacht. Bei den ersten dreien konnte ich mir noch jedes Mal einreden, ich wäre verliebt. Aber der eine stand auf Hawkwind und wollte immer nur Curry essen, der Nächste hatte einen winzig kleinen Schwanz und einen scheußlichen Teppichboden daheim und sagte seiner Mutter dauernd, sie soll sich verpissen. An den danach kann ich mich gar nicht mehr erinnern. Aber im Ernst, ich dachte mir jedes Mal: ‹Er hat schöne Haare und liest viel, das geht schon.› Oder: ‹Wenigstens hat er einen richtig guten Musikgeschmack und schaut gern Buffy. › Und dann redete ich mir ein, das wäre der richtige Mann für mich. Der mit der Glatze gefiel mir überhaupt nicht, aber irgendwann war er der Letzte im Pub, der mich noch nach Hause bringen konnte, und als wir da waren, kam er mit rein, ließ die Hosen runter und wollte mir seinen Schwanz in den Mund stecken. Wir haben kein Wort geredet, aber ich wusste – und er auch –, dass ich alle seine Freunde gehabt hatte und er jetzt eben dran war. Also habe ich ihm einen geblasen und bin danach nie wieder ins Pub gegangen. Die müssen mich für eine echte Schlampe gehalten haben. Da sieht man’s mal wieder.»
Ich musste lachen. «Das ist ja fast wie eine etwas verdrehte Zen-Geschichte.»
Libby musste ebenfalls lachen.
«Was ist denn nun mit Mark?», wollte ich wissen.
«Ach …» Draußen drehte sich ein Schlüssel im Schloss. «Da kommt Bob. Ich erzähl’s dir später.»
Die nächste Stunde brachten wir zu dritt mit Kochen und Tischdecken zu.
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