Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
ein Verlust von annähernd drei Milliarden Dollar, der die Bank fast in den Ruin getrieben hätte.
In seinem Buch Chasing Stars beobachtete Boris Groysberg, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Harvard Business School, tausend Staranalysten der Wall-Street-Investmentbanken. Groysberg hatte sich gefragt, was mit Spitzenkräften in Eliteberufen passierte, wenn sie den Job wechselten, wie es heute üblich ist – in einer Zeit, wo Mitarbeiter sich ihrer Firma nicht mehr verpflichtet fühlen und sich die Unternehmen gegenseitig Talente abwerben. Groysberg stellte fest, dass diese Praxis jedoch in den meisten Fällen katastrophale Folgen hat. Investmentstars, die das Unternehmen wechseln, »erleiden einen unmittelbaren und anhaltenden Leistungseinbruch«, den Groysberg unter anderem anhand ihrer Platzierung in der Zeitschrift Institutional Investor beurteilte. Es gab jedoch eine überraschende Ausnahme: Frauen. Die von ihm untersuchten 189 Frauen verließen sich nicht darauf, dass ihre Firmen sie wie üblich unterstützen und fördern würden, und verwendeten viel Zeit darauf, Beziehungen außerhalb des Unternehmens zu verschiedenen Klienten zu pflegen – Klienten, die sie an ihren neuen Arbeitsplatz mitnehmen konnten. Außerdem akzeptierten die Frauen nicht blindlings Angebote, nur weil sie mehr Geld oder einen besser klingenden Titel verhießen; sie nahmen potenzielle Arbeitgeber sorgfältig unter die Lupe, bevor sie zusagten. Dadurch hatten die Frauen am Ende der Studie im Durchschnitt eine bessere Platzierung, außerdem fanden sich mehr Frauen auf den vordersten Plätzen. Groysberg vermutet, dass die Frauen so gut abschnitten, weil sie in einem von Männern dominierten Umfeld intelligenter, flexibler, zielstrebiger und ehrgeiziger agieren mussten. Eine Analystin sagte ihm: »Eine Durchschnittsleistung zu bringen ist für eine Frau keine Option.« Doch größtenteils profitierten die Frauen davon, dass sie traditionell »weibliche Werte« wie Vorsicht und Sorgfalt zu ihrem Vorteil einsetzten.
Wenn sich die Welt in diese Richtung entwickelt, warum hat sich diese Haltung dann noch nicht durchgesetzt? Was hält Frauen davon ab, die Männer an der Spitze zu überholen? Eine Frau Mitte dreißig, die sich ihren Weg durch eine frustrierende Firmenhierarchie nach oben bahnt, findet den Gedanken, dass sich Geschichte nur im weiten Bogen entwickelt, sicher nicht aufheiternd. Die Welt kehrt sich nicht über Nacht ins Gegenteil. Männer haben seit 40 000 Jahren das Sagen, Frauen sind erst seit 40 Jahren dabei, sie zu verdrängen. Daher gibt es natürlich noch Hindernisse auf dem Weg an die Spitze.
Eine ehrgeizige Karrierefrau, die außerhalb der idyllischen Zustände von Silicon Valley arbeitet, hat derzeit noch ein Problem mit der »Identität ihrer Marke«. Frauen sind praktisch die Kias unter den Werktätigen: Ihr Marktanteil wächst schnell, schneller als der ihres großen Bruderunternehmens Hyundai. Sie gelten als wendig und trendy und orientieren sich an den Wünschen des Verbrauchers. Einst waren sie die schäbigen Außenseiter auf dem Automarkt, aber jetzt können sie bei den Großen mitmischen. Trotzdem müssen sie immer noch alle davon überzeugen, dass sie wirklich dazugehören.
An der Spitze der Unternehmen dominieren nach wie vor die Männer, daher wirken Frauen, die es bis ganz nach oben schaffen, wie eine Anomalie. Als ob diese Frauen gegen ein grundlegendes Gesetz der Weiblichkeit verstoßen würden – gegen Wärme, Mutterinstinkt, Solidarität. Tief in unserem Innern sind wir – Männer wie Frauen – nicht geschlechtsblind. Wir erwarten immer noch, dass Frauen sich auf eine bestimmte Art verhalten und Männer auf eine andere Art. Wir haben es hier mit einem kollektiven Versagen unserer Vorstellungskraft und einem klassischen Teufelskreis zu tun: Frauen kommen nicht an die Spitze, weil sie unweiblich wirken, wenn sie es tatsächlich tun. Doch dieses Phänomen wird mit der Zeit verschwinden, wenn immer mehr Frauen erkennbare Machtpositionen ausüben.
2008 , als Citigroup zum Paradebeispiel für den Zusammenbruch einer großen Bank und für Korruption wurde, hielten die Führungskräfte des Unternehmens wie jeden Montagmorgen ihre übliche Besprechung ab. Vikram Pandit, der neue CEO , wollte eine umstrittene neue Managementstruktur umsetzen, bei der die Kontrolle über verschiedene geografische Bereiche verteilt wurde. Sallie Krawcheck, die für die Abteilung globale Vermögensverwaltung
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