Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
Debattierclub mit. Hier fand Yeeun Vorbilder: Frauen und Männer, die »sehr selbstbewusst und intelligent« waren. Sie sprach damals noch nicht so fließend Englisch wie heute, aber schon ein Jahr später bekam sie Preise für ihre Redekunst, wurde in internationalen Debattierwettbewerben eingesetzt und schlug nur mit Männern besetzte Teams mit ruhigem, methodischem Selbstvertrauen. Etwa ab 2003 schossen an den Eliteuniversitäten von Seoul Debattierclubs wie Pilze aus dem Boden, und die Debattierkunst wurde in Korea zu einer wichtigen Voraussetzung für Erfolg an der Universität und im Berufsleben. Teams aus ganz Asien reisten zu den Wettbewerben nach Südkorea, und bald begann eine bestimmte Universität die Debattierszene zu dominieren: die Ewha-Frauenuniversität in Seoul. Dies kam für die meisten Leute überraschend, nicht jedoch für Peter Kipp, einen Amerikaner, der an der Ewha Englisch lehrt und den jährlichen internationalen Debattierwettkampf leitet.
In den 15 Jahren, die er inzwischen an der Privatuniversität lehrt, hat er bei den Frauen einen bemerkenswerten Wandel erlebt. Als er mit seiner Lehrtätigkeit begann, waren sie noch ziemlich schüchtern und sehr pflichtbewusst, trugen Hemden mit Peter-Pan-Kragen, versäumten nie eine Seminarstunde und waren immer für alles dankbar. Diese Art von Unterwürfigkeit gehört nicht zu den Eigenschaften, die Peter Kipp besonders schätzt. Er ist ein liberaler Amerikaner, der sich in Korea niederließ, nachdem er eine koreanische Frau geheiratet hatte. Zu seiner späteren Frau hatte er sich ursprünglich hingezogen gefühlt, weil sie Springerstiefel trug (wie sich herausstellte, waren diese allerdings mehr Fashion-Statement als Punk-Attitüde). Die Ewha gefiel ihm damals, weil sie etwas von einer feministischen Schwesternschaft hatte, von einer Frauengruppe, die sich gemeinsam bemüht, dem MANN immer einen Schritt voraus zu sein. Heute ist dieses Gemeinschaftsgefühl längst dahin, und der Umgang ist ziemlich gnadenlos. Die Frauen der Ewha gelten als die konkurrenzorientiertesten Studenten in Korea, einem Land, das ohnehin für die mörderische Konkurrenz unter Akademikern bekannt ist. Tatsächlich sind sie so »übermäßig kompetitiv«, dass sie auf Kipp inzwischen »von Anspruchsdenken geprägt« und geradezu »arrogant« wirken. Die Frauen in seinen Englischkursen versuchen bei ihm bessere Noten herauszuschinden und helfen einander kaum noch. »Es ist mein angeborenes Recht, zur globalen Führungsschicht zu gehören« ist, wie er sagt, ihre neue Haltung. »Sie kämpfen bis zum Schluss.« In diesem Winter hätten einige der koreanischen Debattierteams die Dominanz der Ewha so sattgehabt, dass sie heimlich die japanischen Mannschaften unterstützt hätten, damit diese die regionalen Wettbewerbe gewannen.
Im Lauf von mehreren Jahrhunderten hat sich in Südkorea eine der patriarchalischsten Gesellschaften der Welt herausgebildet. Eine lange Reihe autoritärer Führer zwang allen Teilen der Gesellschaft ihre konfuzianisch geprägte Machtstruktur auf – auch den privaten Haushalten. Nur Männer konnten Eigentum besitzen, und wenn eine Frau heiratete, wurde sie formell an die Familie ihres Mannes übergeben. Der älteste Sohn hatte die Aufgabe, sich um alle Verwandten zu kümmern und für eine angemessene Verehrung der Vorfahren zu sorgen. Diese Regeln waren im Bürgerlichen Gesetzbuch Südkoreas aus dem Jahr 1958 als Familiengesetze festgeschrieben. Sie legten fest, dass der älteste Sohn der Familienvorstand war und Besitz nur in der männlichen Linie vererbt wurde. Als Präsident Park Chung-hee in den 1960er Jahren mit dem Umbau der südkoreanischen Wirtschaft begann, geschah dies vor allem, indem er die Entstehung sogenannter Jaebeol , riesiger Mischkonzerne wie Samsung Electronics oder der Hyundai Motor Company, förderte und ihre Führung in die Hände eines kleinen Zirkels mächtiger Patriarchen legte.
In den 1970er und 1980er Jahren leitete die Regierung eine industrielle Revolution ein, und Korea wurde das wohl beeindruckendste der asiatischen Wirtschaftswunder. Ein Land, das so arm gewesen war wie Ghana und in dem die Kinder hinter amerikanischen Armeelastwagen hergerannt waren, um Kekse abzustauben, verwandelte sich in eine Volkswirtschaft, die weltweit den dreizehnten Platz belegte. Korea ist nicht sonderlich rohstoffreich und schaffte diesen Aufstieg, indem es sich vor allem auf den Fleiß seiner Arbeitskräfte stützte. (»Hart arbeiten« war die
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