Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
Google- CEO Eric Schmidt] und sagte, ich müsse bei meinen vielen Reisen immer auch Tickets in der Business Class für meine Nanny und meine Tochter bezahlen.« Das war auf den ersten Blick eine dreiste Forderung, selbst für die tolerante Unternehmenskultur im Silicon Valley. »Warum ich das will? Weil ich meine Tochter und meinen Job liebe und die Energie habe, beides unter einen Hut zu bringen. Aber dafür benötige ich Flexibilität«, sagte sie. Cassidy belegte ihre Forderung mit einer Tabelle, in der sie zeigte, dass die Zusatzkosten »verschwindend gering im Vergleich zu den Kosten sind, die die Einstellung eines neuen Mitarbeiters verursachen würde, der diesen Job machen kann.« Ihr Chef gab nach.
Sallie Krawcheck hat die Rolle einer berufstätigen Mutter an der Wall Street einmal als »Extremsport« bezeichnet. In den ersten Jahren bewältigte sie die Anforderungen, indem sie sich die Firmen, für die sie arbeitete, sorgfältig auswählte und genau auf das »Mikroklima«, wie sie es nennt (ihren Chef und ihren Aufgabenbereich), achtete. Sie arbeitete als Finanzanalystin, weil sie so größtenteils selbst über ihre Zeit bestimmen konnte. Sie ist eine WASP , eine weiße angelsächsische Protestantin aus den Südstaaten, suchte sich jedoch Firmen, deren Kultur mehr von unkonventionellen Außenseitern geprägt war, was in diesem Fall bedeutete, dass es sich meist um jüdische Firmen handelte. Ein Unternehmen, für das sie arbeitete, war sehr stolz darauf, einen ehemaligen Taxifahrer als Analysten zu beschäftigen und eben nicht den typischen Harvard-Absolventen. An einem Wochenende waren sie und ihr Mann gerade beim Umziehen und hatten schon alles eingepackt, als ihr Chef anrief und wollte, dass sie vorbeikam, um mit ihm ein Ertragsmodell durchzusprechen, das sie erstellt hatte. Krawcheck rief panisch einen Kollegen an – ihre Kleider waren bereits alle in Kartons verpackt und unterwegs in die neue Wohnung. »Mach dir keine Sorgen«, sagte ihr der Kollege. »Ihm kommt es nur darauf an, was du im Kopf hast.« Krawcheck ging also in Jogginghose und T-Shirt ins Büro, doch das kümmerte tatsächlich niemanden. Zum ersten Mal befördert wurde sie, als sie im sechsten Monat schwanger war. »Diese 70er-Jahre-Sache, dass man so tat, als ob man keine Kinder hätte, die gab es nicht. Ich ging jeden Freitagnachmittag zur Sing- und Spielgruppe. Ich habe kein einziges Mal verpasst.«
Viele tolle berufstätige Frauen erreichen irgendwann einmal einen Punkt, an dem sie innehalten und sich fragen, ob sich diese wahnsinnige tägliche Hetze überhaupt lohnt. Manchmal wird ihnen dieser Moment durch einen frustrierenden Vorfall bei der Arbeit oder eine Kündigung aufgezwungen, aber manchmal kommt ihnen der Gedanke auch aus keinem ersichtlichen Grund. Die typische männliche Midlife-Crisis tritt meist aus heiterem Himmel auf und überrascht einen Mann, doch bei Frauen lauert sie oft schon die ganze Zeit irgendwo im Verborgenen. Sie kennen das Gefühl vielleicht bereits aus dem Mutterschaftsurlaub oder von einem Tag, an dem sie sich bereits zur vierten Besprechung an einem Vormittag schleppen, obwohl sie doch am liebsten rausgehen, sich ein ruhiges Plätzchen suchen und gemütlich in einer Zeitschrift blättern würden. Sie brauchen nicht »ein Zimmer für sich allein«, wie es bei Virginia Woolf heißt – das haben sie wahrscheinlich schon, selbst wenn es sich Arbeitszimmer nennt – , sondern mehr Freiraum in ihrem randvollen Terminkalender, der ihr Leben darstellt. Vielleicht denken sie: »Ich könnte mich doch einfach wegschleichen« – nicht nur für eine Stunde mit einer Zeitschrift unterm Arm, sondern für immer. Schließlich haben sie normalerweise Kinder, um die sie sich kümmern müssen, und einen Haushalt zu versorgen; sie könnten es also schon irgendwie rechtfertigen, wenn sie nicht mehr arbeiten gehen würden.
Im Fall von Tina Brown kam dieser Moment ungebeten. Brown war eine gefeierte Journalistin und Herausgeberin, seit sie Mitte zwanzig war, und hatte das britische Society-Magazin Tatler wieder zum Erfolg geführt. Sie hatte stets aufmerksam die Nachrichten verfolgt und war immer Teil der Nachrichten gewesen. Nach verschiedenen anderen Aufgaben bekam sie eine eigene Zeitschrift, Talk , die jedoch nicht einmal vier Jahre lang erschien. Mit Mitte vierzig hatte Brown plötzlich nichts mehr zu tun. Sie werkelte im Haus herum, frühstückte mit ihrem Mann Harry Evans, aß Eis und trank Tee mit ihrer Tochter und
Weitere Kostenlose Bücher