Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
eigenen Beinen stehen und sich um die Kinder kümmern. Sie heiraten die Männer nicht, denn sonst hätten sie nur ein weiteres hungriges Maul zu stopfen.« 2008 hatten Frauen aus der Arbeiterklasse im Durchschnitt ein höheres Einkommen als Männer, berichtet June Carbone, Juraprofessorin an der University of Missouri und Autorin von Red Families versus Blue Families. Der Anteil der weiblichen Studierenden an den lokalen Community Colleges ist deutlich höher; sie lassen sich dort zur Krankenschwester, Kosmetikerin oder für eine Verwaltungstätigkeit ausbilden. Oft arbeiten die Frauen im lokalen Walmart, meist der einzige konstante Arbeitgeber in einer Stadt. Wenn nötig, verdienen sie sich mit Zusatzjobs wie Babysitten, Kellnern oder Putzen Geld. In Alexander City erhielt Leandra Denneys Ehemann am 2. Januar 2009 morgens um acht Uhr den Anruf mit seiner Kündigung. »Das hat ihn gebrochen«, erinnert sie sich. Im folgenden Jahr wurde er abhängig von Oxycontin und verwandelte sich in einen angsteinflößenden, unberechenbaren Menschen, der gelegentlich mit der Schusswaffe auf sie und ihre beiden Kinder zielte und nichts mehr zum Haushalt beitrug.
Wie kam sie in jenem Jahr über die Runden? »Ich ging putzen«, sagt sie. »Ich bin so ein Typ, wenn ich ein Klo putzen muss, kippe ich einfach WC -Reiniger rein und mache mich an die Arbeit.«
Dergleichen hat sich in der amerikanischen Gesellschaft schon einmal abgespielt. Ab den 1970er Jahren arbeiteten immer weniger männliche Schwarze in der herstellenden Industrie; 1987 waren dort nur noch 20 Prozent der berufstätigen männlichen Schwarzen tätig. Die Männer aus den sozial schwachen Vierteln in den Innenstädten hatten Schwierigkeiten, sich an die neue Entwicklung anzupassen und sich im Dienstleistungssektor eine Stelle zu suchen oder sich weiterzubilden, um in anderen Bereichen unterzukommen. Im Lauf der Zeit fielen die Kernfamilien auseinander, die Zahl der Drogenabhängigen stieg sprunghaft an, und soziale Einrichtungen begannen sich aufzulösen, wie William Julius Wilson in seinem 1996 erschienenen Buch When Work Disappears zeigt. In den beiden darauffolgenden Jahrzehnten entwickelte sich hier praktisch ein Matriarchat. In ärmeren Gegenden ziehen Frauen die Kinder alleine auf, während sich ein Drittel der erwachsenen Männer im Gefängnis befindet. Eine kürzlich erschienene Studie kommt sogar zu dem Schluss, dass der Anteil der Jugendlichen, die ihren Schulabschluss machen, bei den afroamerikanischen Jungen, deren Vater im Gefängnis sitzt, höher ist als bei jenen, deren Vater zu Hause ist, was darauf hindeutet, dass die Väter einen negativen Einfluss ausüben. Zwischen afroamerikanischen Männern und Frauen besteht die größte Ungleichverteilung bei den Hochschulabschlüssen, und die Zeitschrift Ebony beklagt oft, wie schwierig es für eine schwarze Frau sei, den passenden Mann zu finden.
2010 besuchte ich in Kansas City eine staatlich geförderte Männergruppe, eine von vielen, die überall im industriellen rust belt des Nordostens und dort entstanden sind, wo die postindustrielle Wirtschaft die traditionelle Rollenverteilung in der Familie auf den Kopf gestellt hat. Manche Gruppen helfen Männern, mit der Arbeitslosigkeit zurechtzukommen, andere, wieder Kontakt zu ihrer Familie aufzunehmen, zu der die Verbindung abgerissen ist. Die meisten Männer, mit denen ich mich unterhielt, hatten als Elektriker oder auf dem Bau gearbeitet; einer war als erfolgreicher Immobilienmakler tätig gewesen. Jetzt sind auch diese Jobs weg. Darren Henderson verdiente als Blechschmied 33 Dollar die Stunde, bis die Immobilienkrise zuschlug und er arbeitslos wurde. Dann verlor er auch noch seine Doppelhaushälfte – »mein kleines Stück vom amerikanischen Traum« – und danach sein Auto. Schließlich konnte er den Unterhalt für sein Kind nicht mehr bezahlen. »Die stellen mich hin, als ob ich nur herumsitzen würde«, sagte er, »aber das tue ich nicht.« Als Beweis für seine Bemühungen zog er eine neue Berufskraftfahrerlizenz und eine Genehmigung, im Alkoholausschank arbeiten zu dürfen, hervor und warf sie auf den Boden. Sinnlose Bescheinigungen, die ihm bislang nichts genutzt hatten. Die Mutter seiner Tochter verdiente 50 000 Dollar im Jahr und machte gerade ihren Master im Bereich Sozialarbeit. Er hatte gerade Lebensmittelmarken für sich beantragt, so ziemlich die einzige staatliche Sozialleistung, die ein Mann ohne weiteres bekommt. Vor kurzem hatte seine Frau
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