Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
Prozentsatz derjenigen, deren Einkommen nach der Scheidung um ein Viertel zurückgeht, bei Männern und Frauen ungefähr gleich. Außerdem hat sich die Zahl der geschiedenen Frauen, deren Einkommen sich deutlich erhöht, fast verdoppelt. Tatsächlich sind es mehr Frauen als Männer, deren Einkommen nach einer Scheidung um fast 25 Prozent steigt, was einen völlig neuen Eindruck davon vermittelt, wer da wem die Ketten angelegt hat.
Die Veränderungen zeigen sich überall, auch an Orten, wo man nicht damit rechnen würde, und bringen so die kulturelle Landkarte Amerikas durcheinander. Alabama zählt zu den gesellschaftlich konservativsten Staaten der USA . Bei jeder Präsidentschaftswahl seit 1964 wählten die Bürger Alabamas die Republikaner und machten nur zwei Ausnahmen, allerdings stammten die Kandidaten dann aus dem Süden: George Wallace und Jimmy Carter. Der Anteil der Bürger, die sich einer evangelikalen Kirche zurechnen, ist einer der höchsten im Land. Doch trotz einer stetig wachsenden Bevölkerung ist der Anteil der Haushalte mit verheirateten Paaren von 57 Prozent im Jahr 1990 auf 48 Prozent heute zurückgegangen. 2008 begann das Census Bureau, das statistische Bundesamt der USA , Scheidungsraten zu veröffentlichen, das heißt den Prozentsatz der Menschen in einem Bundesstaat, die sich im Vorjahr scheiden ließen. Seitdem steht Alabama jedes Jahr an der Spitze der Scheidungsstatistik. Tatsächlich widerspricht die gesamte Liste den kulturellen Vorurteilen, die man gegenüber den Bundesstaaten hegt: Oklahoma, Kentucky und Alabama stehen an der Spitze, während New York, Kalifornien und Massachusetts fast ganz unten zu finden sind. Im letzten Jahr zählten zwei Kleinstädte in Wayne County, Indiana, zu den Gebieten mit der höchsten Scheidungsrate.
Die Soziologin Kathryn Edin interviewte fünf Jahre lang Mütter in den Wohnvierteln der Innenstadt von Philadelphia. Sie stellte fest, dass sich in vielen Vierteln ein Matriarchat entwickelt hatte, wo die Frauen sämtliche Entscheidungen trafen und die Männer anwiesen, was sie tun und lassen sollten. »Ich glaube, die Feministinnen haben übersehen«, sagte mir Edin, »wie viel Macht Frauen haben« – wenn sie nicht durch die Ehe gebunden sind. Die Frauen, erklärte sie, »treffen jede wichtige Entscheidung« – ob sie ein Kind bekommen möchten, wie sie es großziehen, wo sie leben. »Das läuft definitiv nach dem Motto ›Entweder du tust, was ich dir sage, oder du fliegst raus‹«, erklärt sie. »Vor 30 Jahren hätten die Väter noch gesagt: ›Danke, ohne mich‹, aber heute wollen sie unbedingt ihre Vaterrolle wahrnehmen, befürchten aber, sie könnten die Erwartungen der Frauen nicht erfüllen. Sie werden mit 19 oder 20 Jahren Vater, haben aber einfach nicht den Job, um die Kinder zu ernähren. Die Frauen wollen sie nicht als Ehemänner, und sie haben kein regelmäßiges Einkommen, mit dem sie etwas beitragen könnten. Was haben sie also? Nichts«, sagt Edin. »Sie haben nichts. Die Männer sind seit der Wirtschaftskrise der 1990er Jahre zur Bedeutungslosigkeit verdammt, und das hat sich nie wieder gebessert. Jetzt ist es einfach furchtbar.«
Dabei ist die Situation heute alles andere als ein »feministisches Nirwana«, wie Edin betont. Der Anteil unehelich geborener Kinder ist im vergangenen Jahrzehnt, nachdem er zuvor eine Zeitlang konstant geblieben war, auf 40 Prozent gestiegen. Ein uneheliches Kind, einst für die Mutter ein Stigma, ist heute, wie es die New York Times 2012 in einem Artikel auf der Titelseite formulierte, »die neue Normalität«, da über die Hälfte der amerikanischen Frauen unter dreißig ihr Kind unverheiratet zur Welt brachten. Viele alleinerziehende Mütter haben finanziell schwer zu kämpfen; die erfolgreichsten arbeiten und studieren gleichzeitig und eilen zwischendurch nach Hause, um die Kinder zu füttern – und um dann später im Fahrstuhl vom College einzuschlafen. Trotzdem, sie sind diejenigen, die das Sagen haben. »Die Veränderungen innerhalb der Familie in den letzten vier Jahrzehnten waren schlecht für die Männer und schlecht für die Kinder, es ist aber nicht klar, ob sie auch schlecht für die Frauen sind«, meint der Soziologe Brad Wilcox.
In den vergangenen Jahren wurden verschiedene Erklärungen zur Erosion der Ehe in den unteren Schichten entwickelt: steigende Sozialleistungen, die zunehmende Arbeitslosigkeit der Männer oder, etwa von konservativen Kritikern wie Charles Murray, einfach ein
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