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Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)

Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)

Titel: Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Rosin
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nimmt.
    Wie sieht das moderne feministische Wunderland aus? Eine Stadt mit viel Südstaatencharme, aber mit wenig vom alten rassistischen, sexistischen Erbe. Zahlreiche prächtige Herrenhäuser entlang der Hauptstraßen vermitteln Wohlstand, außerdem gibt es genügend ungezähmte Wildnis, um den Eindruck der Vorstadt zu vermeiden. Eine Rinderherde grast in der Nähe des neuesten Forschungszentrums. Auburn zählt laut U. S. News & World Report von 2009 zu den zehn lebenswertesten Städten der USA . Als ich die Stadt besuchte, wurden ein Strickladen, ein Fitnesszentrum, ein Treffpunkt der Weight Watchers, eine Boutique für Damenkleidung, ein Café namens Paris Bakery Garden und ein Publix (»Wo der Einkauf ein Vergnügen ist« – eine Biolebensmittelkette, die sich als regionale Konkurrenz zu Whole Foods betrachtet) neu eröffnet. Der Chevrolet-Händler versuchte, seine Kunden am Wochenende mit frischgebackenen Schokoladenkeksen zu locken. (Welcher Mann lässt sich mit Keksen locken?) Vor allem aber war Auburn das perfekte Spiegelbild einer modernen, feminisierten Wirtschaft: eine Kombination aus Arbeitsplätzen an der Universität, im Dienstleistungsbereich und in der Verwaltung mit einem kleinen Anteil im produzierenden Gewerbe.
    Die typische Bewohnerin von Auburn ist jemand wie Meghan McGowen, die im von Frauen dominierten Amt für Wirtschaftsförderung der Stadt arbeitet. McGowen war Präsidentin ihrer Studentinnenverbindung und sah sich die Universitäten vor ihrem Wirtschaftsstudium genau an. Sie entschied sich für Auburn, weil sie zu Fuß zur Universität gehen konnte und es keine Verbrechen in der Stadt gab. Nach ihrem Abschluss bekam sie Angebote von den beiden wichtigsten Wirtschaftsprüfungsunternehmen in ihrer Heimatstadt Los Angeles. Doch sie lehnte ab und entschied sich für die Stadtverwaltung von Auburn, »weil man hier besser lebt«. Sie verdient weniger Geld, doch dafür ist ihr Lebensstandard höher, außerdem bietet die Stadt fantastische Schulen. Ihre drei besten Freundinnen sind eine Unternehmensberaterin, eine Anwältin und eine Ingenieurin, sie alle können einen Teil ihrer Arbeit zu Hause erledigen. Sie lieben die Stadt, sie werden jedoch nie zur typischen einheimischen Südstaatenschönheit werden; sie könnten von überall sein, sie gehören zur Armee der aufstrebenden, flexiblen und ortsungebundenen Frauen, die einen guten Job und ein gutes Leben wollen, wo immer das auch sein mag.
    Gibt es noch eine letzte Männerdomäne? Vielleicht in den Fabriken? Ich besuchte Briggs & Stratton, ein Werk, wo Generatoren und kleine Motoren für Rasenmäher und Schneefräsen gebaut werden. Die Fabrik liegt nur ein paar Kilometer von der Stelle entfernt, wo der Film Norma Rae – Eine Frau steht ihren Mann gedreht wurde, der Sally Field einen Oscar für ihre Rolle als Gewerkschaftlerin in einer Textilfabrik einbrachte. In der Nähe liegt auch der ehemalige Arbeitsplatz von Lilly Ledbetter, nach der ein Gesetz zur gleichen Entlohnung von Frauen und Männern benannt ist. Seitdem hat sich viel getan – von den Bedingungen in der Fabrik, die ich besuchte, hätte Norma Rae nur träumen können.
    Ich rechnete damit, die letzte Bastion männlicher Dominanz zu finden, wo sich Männer mit aufgekrempelten Ärmeln Befehle über den Lärm der Maschinen hinweg zubrüllen. Doch ich musste feststellen, dass die Regeln der neuen Frauenwelt selbst in der Fabrik galten. Früher machte man Karriere, wenn man sich gut mit dem Betriebsleiter verstand. Aber heute heißen die Betriebsleiter in der neuen Sprache der feminisierten Arbeitswelt »Teamleiter« oder »Coach«. »Sie sollen sich als Mentoren verstehen, ihre Aufgabe ist es, die Mitglieder in ihrem Team zu motivieren«, erklärte mir Cisco King, der Personalchef der Firma.
    Vor ein paar Jahren konnte King das Community College der Stadt dafür gewinnen, Kurse direkt in der Fabrik abzuhalten, von 15 bis 17 Uhr, direkt nach der Schicht. Die Lehrer vom College unterrichteten Elektrotechnik oder Elektroinstallation oder einen anderen Aspekt der Betriebsabläufe in der Firma. »Die Leute, die hier gut arbeiten, sind auch diejenigen, die motiviert sind, die Chancen zur Weiterbildung zu nutzen«, sagte King. »Sie fragen mich nicht nur nach den Kursen, wenn gerade eine Stelle neu besetzt werden muss«, fuhr er fort. »Sie besuchen die Kurse, wann immer sie angeboten werden. Das zeigt mir, dass sie weiterkommen wollen.« Bei den Teilnehmern handelt es sich meistens um Frauen.

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