Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
ausgestattet. Selbst bei einer Frau mit Hochschulabschluss drehte sich das Bewerbungsgespräch um die Frage: »Können Sie tippen?«
Ein Bericht aus dem Jahr 1939 über die sogenannte »Drogeriebranche«, die damals Medikamente, Duftwasser und Cremes umfasste, schlüsselt die Verteilung der Geschlechter auf. Bei der neuen, mechanisierten Herstellung von Medikamenten und Toilettenartikeln verrichteten Männer die hochqualifizierte und spezialisierte Arbeit, indem sie etwa Rohstoffe verarbeiteten, die »komplizierte Mechanik« kontrollierten oder den Inhalt, die Reinheit und Stärke jeder einzelnen chemischen Mischung prüften. Frauen kümmerten sich derweil um die »Endbearbeitung«: Sie befüllten die Behälter und etikettierten sie. Der Durchschnittsverdienst für einen Mann lag bei 27,60 Dollar, Frauen verdienten 10 Dollar weniger.
Das Vordringen der Frauen in die Pharmazie wurde kulturell allmählich akzeptiert, allerdings zu einem hohen Preis. In den Jahren 1934 bis 1942 veröffentlichte die Fachzeitschrift Drug Topics einen wöchentlichen Comic über eine Apothekerin namens Betty Brown. Betty war zwar charmant und attraktiv, sollte aber als Warnung für alle Frauen dienen, die sich über ihre gesellschaftlich zugedachte Position erheben wollten. Zunächst wird sie vom Apotheker Bob Steele als Verkäuferin für Geschenkartikel eingestellt, um den Umsatz anzukurbeln. Schließlich gesteht sie ihm, dass sie selbst ausgebildete Apothekerin ist, und kauft ihm irgendwann sein Geschäft ab. Nach dieser anmaßenden Tat wird sie zu einer Art weiblichem Dick Tracy und gewinnt zwar die kleineren Schlachten, aber nie das wahre Glück im Leben. Sie triumphiert über Fälscher, Ganoven und Diebe. (»In die schieße ich so viele Löcher, dass sie aussieht wie ein Fischernetz«, droht einer.) Aber ihr Privatleben liegt im Argen. Ein Verehrer von ihr stirbt nach einem Herzanfall, einen anderen verliert sie an ihre gewöhnlich aussehende Cousine, nachdem Betty sie ein bisschen hübsch gemacht hat. »Die Liebe ist wie manche Medikamente«, lautet ihr Fazit, »sie heilt nicht, hinterlässt dafür aber einen bitteren Nachgeschmack.«
Nach einem kurzen Aufschwung in Kriegszeiten geriet der Aufstieg der Apothekerinnen wie allgemein der berufstätigen Frauen nach Kriegsende ins Stocken. Die Männer kehrten aus dem Krieg zurück, und die Frauen wurden wieder in die Küche abgeschoben. Drugstores waren damals in den USA kleine Geschäfte im Familienbesitz. Noch gab es keine Fastfood-Ketten, daher boten fast alle Drugstores neben Medikamenten und Drogerieartikeln auch Erfrischungsgetränke und kleine Mahlzeiten an. Die Kunden kamen hauptsächlich, um etwas zu essen und sich zu unterhalten, nur gelegentlich benötigten sie auch Medikamente. Wenn Frauen überhaupt arbeiteten, dann in den Funktionen, die sie auch als Ehefrauen ausübten: Sie kochten, servierten und halfen dem Ehemann hinter der Theke. Die bundesstaatlich organisierten Apothekerverbände erfanden zur Belebung des Geschäfts eine neue Tradition: einen jährlichen Schönheitswettbewerb zur Kür der Miss Pharmacy, die dann die Titelseiten der Fachzeitschriften zierte: »Eine Schönheit aus Birmingham!«, hieß es beispielsweise als Bildunterschrift unter dem Foto der hübschen Margaret Jacks, einem Teenager mit frischem Gesicht und Naturlocken.
In den 1960er Jahren begann die starre häusliche Fassade zu bröckeln. Plötzlich tragen die Mädchen auf den Fotos in den Fachzeitschriften die weißen Laborkittel, die zuvor nur den Männern vorbehalten waren. Allerdings sind noch keine Apothekerinnen zu sehen, sondern »Kosmetikerinnen«, die normalerweise mit ihren Kundinnen in ein intensives Gespräch über einen neuen Klebstoff für künstliche Fingernägel oder über Heimdauerwellen vertieft sind. Oder sie halten Farbkarten in der Hand, um »den für eine Frau passenden Lippenstiftton wissenschaftlich exakt zu bestimmen«. Sie stehen vor Verkaufstheken, deren Design als »faszinierend modern« bezeichnet wird, mit Hunderten weißen Lippenstifthülsen in vorgestanzten Löchern, ähnlich wie Medikamentenfläschchen. Sie »beamen« sich Informationen über Gegensprechanlagen zu, die »ihnen Peinlichkeiten ersparen, wenn sie einmal nicht sofort eine Antwort auf die Fragen ihrer Kunden haben«. Offensichtlich brachten die Laborkittel und die vorgetäuschte wissenschaftliche Autorität die Frauen auf den Geschmack. Schon bald erschienen in Frauenzeitschriften wie Miss Anzeigen, in
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