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Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)

Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)

Titel: Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Rosin
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denen es hieß: »Tausende Pharmaziestudierende in den nächsten zehn Jahren werden Frauen sein!« Und natürlich wurden die Frauen aufgefordert, sich ihnen anzuschließen.
    Schon bald war es aufgrund der Bürgerrechtsbewegung und Gleichberechtigung unmöglich, Frauen von den Colleges und Universitäten auszuschließen oder bestimmte Tätigkeiten nur unverheirateten Frauen oder nur Männern vorzubehalten. In den 1970er Jahren strömten die Frauen an die Universitäten und Berufsschulen und ließen sich zu Ärztinnen, Anwältinnen und Geschäftsfrauen ausbilden. Mit objektiven Maßstäben bewertet und hervorragenden Zeugnissen ausgestattet, konnten Frauen nun beweisen, dass sie genauso qualifiziert wie ihre männlichen Kollegen waren; schließlich hatten sie die gleichen Kenntnisse und Abschlüsse. In den 1980er Jahren machten etwa genauso viele Frauen wie Männer einen Hochschulabschluss; beim Pharmaziestudium wurde der Wendepunkt 1985 erreicht.
    Der erste Schlag gegen die Vorherrschaft der Männer in der Arbeitswelt ging von der Automatisierung aus, der zweite vom Büroalltag. »Woran sollte ein Arbeitnehmer, der den ganzen Tag am Schreibtisch saß, seine Männlichkeit festmachen?«, schrieb der Historiker Elliott Gorn. »Woher sollte in einer zunehmend gesichtslosen Bürokratie die Maskulinität kommen?« Der Journalist Joel Garreau greift dieses Phänomen in seinem 1991 erschienenen Buch Edge City auf, in dem er das Aufkommen außerstädtischer Zentren untersucht, wo neben den üblichen Häusern und Einkaufszentren immer mehr Büroflächen entstehen. Unternehmen zogen aus den Stadtzentren an die Ränder, weil sie dort nicht nur niedrigere Mieten vorfanden, sondern auch »gut ausgebildete, äußerst gewissenhafte und solide Arbeitskräfte«. Besonders vielversprechend waren »unterbeschäftigte Frauen aus der Mittelschicht, die am Rand der alten Stadtzentren lebten«. Bei seiner Schilderung der Entstehung der Büroparks am Stadtrand legt Garreau einen besonderen Schwerpunkt auf das Jahr1978 , das Jahr, in dem am meisten Frauen ins Berufsleben einstiegen. Da Muskelkraft nicht mehr länger Voraussetzung für eine Anstellung war, schnitten Frauen nun oft besser ab als Männer. Sie waren klug, pflichtbewusst und zuverlässig, solange ihre Arbeitgeber den Arbeitsplatz so gestalteten, dass er den Bedürfnissen der Frauen entgegenkam.
    Auch die Arbeit in der Apotheke und im Drugstore glich mehr und mehr einer Verwaltungs- oder Verkaufstätigkeit – mit den entsprechenden Konsequenzen. Die kleinen Familienbetriebe verschwanden und wurden schnell durch landesweite Ketten ersetzt, die das Geschäft unter sich aufteilten. Die Fastfood-Ketten übernahmen den Imbissbetrieb, und in einer neuen Ladenform, die wir als Apotheke kennen, wurden fortan verschreibungspflichtige Medikamente, Kosmetika und Toilettenartikel verkauft. In den 1970er Jahren hatte Walgreens bereits über 600 Filialen im ganzen Land und beschäftigte 1500 Apotheker. Das Bild des Apothekers wandelte sich, er war nicht mehr der Unternehmer und angesehene Macher in seiner Stadt, der eigenhändig Getränke und Heilmittel herstellte. Stattdessen war er nun ein bezahlter Angestellter, und immer häufiger war er weiblich. Ein gewisser William S. Apple sagte 1971 bei einer Versammlung von Pharmazeuten: »Sobald die Pharmazie die viktorianische Ansicht ablegt, dass man selbst ein Geschäft besitzen muss, um den Beruf auszuüben«, würde die »geballte Macht der Frauen« über die Branche hereinbrechen.
    Das neue Arrangement kam den Frauen zugute. Ein Geschäft zu besitzen und zu führen war ein gewaltiges Unterfangen, das lange Überstunden am Abend und Arbeit am Wochenende verlangte. Doch eine bezahlte Angestellte konnte in ihren verschiedenen Lebensabschnitten mehr oder weniger arbeiten, zwischendurch aussetzen und die Arbeit allgemein flexibler gestalten. Arbeitskräfte strebten ohnehin diese dynamische Entwicklung an. Der Arbeitsplatz veränderte sich, es gab nicht mehr länger einen Patriarchen an der Spitze, der lebenslange Loyalität einforderte. Stattdessen waren Arbeitskräfte ungebunden und konnten problemlos zwischen verschiedenen Beschäftigungen wechseln. Frauen waren diesem Trend einfach voraus.
    Es gab jedoch noch einen weiteren Grund, der Frauen zu einem entscheidenden Faktor für die Apothekerzunft machte: Das Sterben der kleinen Familienbetriebe und Läden hatte den Beruf des Apothekers vielleicht von viktorianischen Vorstellungen befreit, bescherte

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