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Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)

Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)

Titel: Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Rosin
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Geheimgesellschaften nicht aufgenommen werden), sondern auf eine neue Variante, die es zuvor praktisch nicht gegeben hatte. Auf der Grafik war dargestellt, in welchem Ausmaß mehrere wohlbekannte private Hochschulen, darunter das Vassar College und die University of Richmond, bei der Aufnahme Männer bevorzugten. Aus der Grafik wurde deutlich, dass diese Hochschulen weit mehr weibliche als männliche Bewerber ablehnten, es also für die durchschnittliche Frau viel schwerer war, dort einen Studienplatz zu bekommen, als für den durchschnittlichen Mann. Ein naheliegender Schluss war, dass qualifizierte weibliche Bewerber zugunsten weniger qualifizierter männlicher Bewerber abgelehnt wurden. Mit anderen Worten, wenn Heriot die Grafik richtig verstand, hatten private amerikanische Hochschulen in aller Stille begonnen, affirmative action (Diskriminierung zugunsten Benachteiligter) zu praktizieren, und zwar zugunsten von Männern.
    Die Zitate in dem Artikel neben der Grafik schienen Heriots Verdacht zu bestätigen: Männer sollten einen gewissen Bonus erhalten, weil sie »Perspektiven anzubieten haben, die eine Frau nicht hat«, sagte ein Student. Und laut einem Studienberater sollten Bewerber »betonen, dass sie Männer sind«. Falls an ihrem Namen, wie etwa bei Alex oder Madison, das Geschlecht nicht klar abzulesen sei, sollten sie nicht zögern, ein Bild mitzuschicken oder mit ihren sportlichen Leistungen zu prahlen, »um einem Mitarbeiter der Zulassungsstelle ins Auge zu stechen«.
    Andere Perspektiven anzubieten. Ein klarer Zulassungsvorteil. Schicken Sie ein Bild. Das sind die Worte, mit denen die Zulassungsstellen früher Angehörige von Minderheiten und Frauen traktierten. Wie konnte es sein, dass affirmative action , eine Methode, die darauf abzielte, die Macht des weißen Mannes zu brechen, jetzt zu einer Krücke geworden war, die er selbst brauchte? Und das sogar an einer so erlauchten Adresse wie der University of Richmond? Und wie war es so weit gekommen, dass Frauen sich jetzt in derselben Lage wiederfanden wie die zornigen weißen Männer in den 1990er Jahren, die darüber frustriert waren, dass sie trotz guter Qualifikationen keinen Studienplatz bekommen hatten?
    Zu dem Zeitpunkt, als Heriot den Artikel mit der Grafik entdeckte, war sie Mitglied der US -amerikanischen Commission on Civil Rights, und sie war der Ansicht, dass die offensichtliche Ungleichbehandlung von Männern und Frauen bei der Hochschulzulassung von der Kommission genauer untersucht werden sollte. Vielleicht gab es ja eine völlig harmlose Erklärung für die Unterschiede. Vielleicht hatten manche Hochschulen besonders viele weibliche oder ungewöhnlich gute männliche Bewerber. Freilich bestand schon seit Jahren der Verdacht, dass private Hochschulen Männern eine Vorzugsbehandlung angedeihen ließen. Schließlich hatten staatliche Hochschulen, die bei der Zulassung keine Rücksicht auf das Geschlecht nehmen durften, inzwischen fast 60 Prozent weibliche Studenten. Wie war es möglich, dass so viele private Hochschulen in ihren Studiengängen ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis hatten?
    Niemand konnte sicher wissen, was der Grund dafür war, weil die privaten Hochschulen ihre Zulassungskriterien geheim hielten. Aber durch eine systematische Analyse, die Informationen über Ergebnisse des SAT (Scholastic Assessment Test), GPA s (Grade Point Averages) und andere relevante Qualifikationen sammelte und diese dann mit den Zulassungsraten verglich, konnte man der Wahrheit näher kommen. Heriot stellte in der Bürgerrechtskommission einen entsprechenden Antrag, in dem es hieß, es sei unter privaten Hochschulen wohl ein »offenes Geheimnis«, dass bei der Zulassung Männer gegenüber höher qualifizierten Frauen bevorzugt würden. Der Antrag wurde angenommen.
    Bei privaten US -amerikanischen Universitäten ist die geschlechtliche Diskriminierung bei der Zulassung absolut legal. Im Gegensatz zu den staatlichen Universitäten sind sie nicht an Title IX des Education Amendments Act von 1972 gebunden, der eine Nichtzulassung aufgrund des Geschlechts verbietet. Aber Heriot fand das Thema so wichtig, dass es vielleicht durch ein allgemeineres Antidiskriminierungsgesetz mit abgedeckt werden sollte. Da sie affirmative action offenbar sowieso eher ablehnt, wollte sie außerdem das Bildungsestablishment zwingen, die Anwendung dieser Methode einzugestehen. Dann würde es sich endlich der Frage widmen müssen, warum die Männer keinen Erfolg hatten,

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