Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
Er ist sich allerdings nicht sicher, wie er vorgehen soll, weil er noch nie einen Hecht gefangen hat. »Hast du denn kein Buch darüber?«, fragt Hannah, aber er ignoriert sie und schneidet drauflos.
Hannah will sich das eigentlich nicht anschauen (»es stinkt«), aber ich bin neugierig, schließlich bin ich nicht jeden Tag Zeuge beim Fischausnehmen. Wir schauen zu, wie er den Hecht am Bauch aufschneidet und verschiedene Teile hervorquellen, die Hannah für die Leber oder Milz hält. »Ich hole mein Biobuch«, schlägt sie vor und erinnert sich, dass sie früher im Biologieunterricht Fische seziert haben, als sie das Zentralnervensystem behandelten. Sie zuckt zusammen, als Billy die Bezeichnungen Knochen- und Knorpelfisch verwechselt. »Ich sollte wirklich mein Biologiebuch holen, dann können wir bestimmen, was das alles ist«, schlägt sie noch einmal vor. Die Eingeweide des Fisches offenbaren viele kleine gelbliche Eier. »Sieht aus wie Maisgrütze«, sagt er. »Sieht aus wie Quinoa«, sagt sie genau im selben Moment.
Ein paar Stunden zuvor hat mir Hannahs Mutter Dian von ihrem »Moment der Entscheidung« erzählt, in dem ihr aufging, dass sie aus ihrer Ehe ausbrechen musste. Sie hatte im Caddy Shack gearbeitet und Gemüse für den Kohl- und den Kartoffelsalat geschnitten. Ihr damaliger Mann – Hannahs Vater – kam in die Bar. Er machte einen Jagd- oder Angelausflug, war auf dem Weg in den Norden und brauchte noch ein paar Pappteller. Dian fragte ihn, ob er ihr einen Eimer Eis aus der Truhe holen könnte, und er antwortete: »Ich bin nicht hergekommen, um deine Arbeit zu machen. Ich habe meine eigene.« Sie arbeitete damals zwölf Stunden am Tag und bekam ihre Tochter kaum zu Gesicht. Er dagegen besaß keinen geregelten Job und hatte das Geld, das sie für Hannahs College-Ausbildung angelegt hatte, für sein Hobby, fürs Tractorpulling, ausgegeben. »Da hat es bei mir Klick gemacht«, erinnerte sich Hannah. Sie hatte ein Messer in der Hand – zack, zack, zack –, und in diesem Stakkato gingen ihr die folgenden Sätze durch den Kopf: »Arbeite wie ein Mann. Denke wie ein Mann. Handle wie ein Mann.«
Eine Woche später verließ sie ihren Mann und Hannah, die damals noch ein Teenager war. Sie nahm sich einen Liebhaber. Sie hatte großen Erfolg mit ihrem Lokal, und im Lauf der Zeit verzieh Hannah ihr und bewunderte sie sogar. Dian ist »viel mehr als nur eine Barbesitzerin«, wie Hannah sagt. Sie unterstützt mehrere lokale Sportmannschaften. Sie organisiert in der Stadt die alljährliche Parade zum Unabhängigkeitstag am 4. Juli. Sie ist so eine Art inoffizielle Bürgermeisterin, es ranken sich sogar schon Legenden um sie. In der Bar hängt ein goldener Schuh, und das kam so: Eines Tages machte eine fremde, ungewöhnliche Frau halt in der Stadt, völlig betrunken und seltsam gekleidet stieg sie aus einer weißen Limousine und marschierte schnurstracks in Dians Bar. Weiße Limousinen waren in dem Teil des Landes so selten wie Palmen, und eine weiße Limousine, der eine Frau im Abendkleid entstieg, wirkte wie eine Fata Morgana. Die Einwohner nannten die Frau Cinderella, weil sie viel zu betrunken war, um selbst einen Namen zu nennen. Dian setzte sich zu ihr an die Bar und verabreichte ihr ein Getränk, das sie für solche Zwecke braut. Sie blieb an ihrer Seite, bis sie wieder einigermaßen klar denken konnte. Als Dank schenkte ihr die Frau ihren goldenen Schuh, der heute daran erinnert, wie Dian eine Rolle wie die von Flauberts Monsieur Homais übernommen hat, einem angesehenen Bürger der Stadt und eine Art mystischer Heiler.
Als Billy aus dem Keller kommt, schaltet er auf Comedy Central, um zu schauen, ob Tosh.0 läuft. Die Sendung kommt tatsächlich, aber die beiden kennen die Folge schon. Hannah gibt zu, dass Tosh witzig ist. Billy schaltet erneut um und landet bei Jackass 3D. Hannah verdreht die Augen, weil die Typen bei Jackass ihrer Meinung nach immer dasselbe machen, Jahr für Jahr. »Und was ist daran schlimm?«, fragt Billy.
Der Abschluss macht den Unterschied
Die Bildungslücke
I m Jahr 2009 stieß Gail Heriot, Professorin an der University of California, San Diego, auf eine Grafik über die Zulassung zum Hochschulstudium. Die Grafik mit der Überschrift »Frauen brauchen sich nicht zu bewerben« war ursprünglich in dem Nachrichtenmagazin U. S. News & World Report erschienen. Sie bezog sich nicht auf alte Formen der Diskriminierung (etwa dass Frauen in Ivy League Eating Clubs und
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