Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
zwischen 1946 und1967 , einer Periode, in der die Hausfrauenrolle stark betont wurde. Von 1968 bis 1993 gab es dann wieder einen kontinuierlichen Zuwachs. In den letzten Jahren des Untersuchungszeitraums ist die Selbstbehauptung der Frauen so stark gestiegen, dass es praktisch keinen Unterschied mehr zu der der Männer gab. Der soziale Wandel werde »internalisiert« und manifestiere sich als »Charaktereigenschaft«.
Im Jahr 1999 erbrachte eine Analyse von 150 Studien über Risikoverhalten ähnliche Ergebnisse. Studien, die vor 1980 durchgeführt wurden, zeigen beim Risikoverhalten eine größere Kluft zwischen den Geschlechtern. Auch danach haben Männer noch einen höheren Durchschnitt, aber die Unterschiede betreffen vor allem Dinge wie Autofahren und den Umgang mit Drogen und Alkohol. Bei eher normalen Entscheidungen hat sich der Abstand erheblich verringert. Und bei den jüngeren Kohorten ist er sogar noch geringer. Das heißt, entweder die jungen Frauen werden mutiger, oder die jungen Männer werden in einer hochgradig risikoscheuen und fürsorglichen Gesellschaft vorsichtiger.
Zunehmend finden die Forscher heraus, dass Eigenschaften, die man bisher für angeboren hielt, in Wirklichkeit kontextspezifisch sind, und zwar besonders bei Frauen. Um das Konkurrenzverhalten zu testen, verglich Uri Gneezy von der University of California, San Diego, zwei verschiedene Stammesgesellschaften: die Massai in Tansania, die in einer patriarchalischen Gesellschaft leben, und die Khasi in Indien mit einer matrilinearen Kultur, in der die Familien hauptsächlich in die Mädchen investieren. Bei der Aufgabe, einen Tennisball in einen Eimer zu werfen, entschieden sich die Massai-Männer doppelt so oft für die konkurrenzorientierte Durchführung der Aufgabe als die Massai-Frauen, bei den Khasi jedoch waren die Ergebnisse fast umgekehrt, und die Frauen waren viel konkurrenzorientierter. Dies bedeutet allermindestens, so Gneezy, dass »es nicht universal zutrifft, dass die durchschnittliche Frau in jeder Gesellschaft weniger konkurrenzorientiert ist als der durchschnittliche Mann in der gleichen Gesellschaft, denn wir haben mindestens ein Setting entdeckt, in dem dies nicht der Fall ist«.
Stereotype ändern sich langsam, aber wie Maud Lavin in ihrem 2010 erschienenen Buch Push Comes to Shove: New Images of Aggressive Women schreibt, entwickelt sich die Kultur in den westlichen Ländern in Richtung auf eine »neue, bewusstere Akzeptanz weiblicher Aggression« hin. Eine erhebliche Rolle hat bei dieser Entwicklung Title IX des Education Amendments Act gespielt. Er bewirkte, dass zahlreiche Highschool-Schülerinnen und College-Studentinnen begannen, Schulsport zu treiben. Im Jahr 1971 nahm nur etwa eins von 27 Mädchen in den USA aktiv am Schul- oder Hochschulsport teil, heute ist es eins von zwei. Dank der frühen Erfahrung im sportlichen Wettkampf legen Frauen heute Verhaltensweisen an den Tag, die früher auf Männer beschränkt waren, und sie finden außerdem einen Weg, sich von der alten weiblichen Aggressionshemmung zu befreien. Im Sport ist die Anwendung von Gewalt nicht gefährlich, sondern geregelt, sie ist fein säuberlich in Halbzeiten und Spielhälften aufgeteilt und einem höheren Mannschaftsziel untergeordnet.
In ihrem Essay »Throwing Like a Girl« vertritt die Philosophin Iris Marion Young die Ansicht, die Vorstellungskraft und das Gefühl für das eigene Potenzial sei bei Frauen begrenzt, weil sie als kleine Mädchen den seitlichen Raum nicht nutzten und es nicht schafften, bei physischen Aufgaben ihr ganzes Gewicht einzusetzen. Im Gegensatz dazu durchdringt die Erfahrung physischer Kompetenz, wie Lavin schreibt, »den Alltag wie Wellenringe« und bewirkt in zehntausendfacher Multiplikation »eine massenhafte Veränderung in der Gesellschaft«. In ihrem Buch verfolgt Lavin die Entwicklung von Filmen über Frauensport, die nicht mehr nur verhübschte Disziplinen wie Gymnastik, Cheerleading und Eislauf zeigen, sondern zunehmend auch die brutaleren Welten von Fußball und Boxen, wie sie in Kick it like Beckham , Girlfight – Auf eigene Faust und Million Dollar Baby zu sehen sind. Million Dollar Baby endet mit einer düsteren Szene, in der die von Hilary Swank gespielte Boxerin, nachdem sie im Kampf eine Querschnittslähmung erlitten hat, auf eigenen Wunsch von ihrem Trainer getötet wird.
Langsam stellt sich die Popkultur auf die neue Welle weiblicher Gewalt ein. In Roman Polanskis Film Der Ghostwriter ist die
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