Das Ende der Nacht: Horror-Roman
hing ein Kettenohrring, an dessen Ende ein Symbol hing, das sie nicht kannte.
"Du hast also meine Schwester gerettet", sagte er mit einem Lächeln und sprach es so feierlich, als wollte er ihr einen Orden dafür geben.
"Und sie hat mich gerettet", gab Michelle zurück.
"Das war nur Glück", sagte Kathleen.
"Wir müssen weiter." Gabriel klopfte seiner Schwester auf die Schulter. "Also", er wendete sich wieder Michelle zu, "war nett, dich kennengelernt zu haben."
"Gleichfalls."
Michelle stieg in ihren Käfer. Kathleen holte die Einkaufstüten und den Rucksack und gemeinsam mit ihrem Bruder ging sie zum Lieferwagen zurück. Michelle beobachtete, wie Gabriel seiner Schwester die Beifahrertür öffnete, doch Kathleen wollte nicht einsteigen, nachdem sie das Proviant im Inneren des Wagen abgestellt hatte. Sie erklärte ihm etwas und er nickte. Dann stieg Gabriel ein, schloss beide Türen und Kathleen lief zu Michelle zurück. Gabriel wendete den Lieferwagen und folgte der Landstraße aus der Ortschaft hinaus.
Kathleen öffnete die Fahrertür des Käfers.
"Ich habe gelogen, Michelle, tut mir leid.“ Sie setzte sich auf den Beifahrersitz und schloss die Tür. „Ohne dich wäre ich schon tot. Das hat auch mein Bruder begriffen. Ich sehe es als meine Pflicht an, dir die Wahrheit zu sagen.“
V
"Du hast mir doch auch das Leben gerettet", sagte Michelle irritiert.
"Ja, aber das war einfach. Kein Glück. Im Supermarkt aber hatte ich beide Hände voll. Da wäre es mir schwerer gefallen, an den Dolch zu kommen."
Kathleen holte einen spitzen Gegenstand aus einer kleinen Scheide, die rechts an ihrem Gürtel hing. Sie fügte sich unscheinbar in ihre Erscheinung, dass sie Michelle bisher nicht aufgefallen war. Kathleen zeigte Michelle den Dolch. Eine silbern leuchtende Klinge, die nicht einmal scharf aussah. Auf seinem Griff war das gleiche Symbol eingraviert, das auch Gabriel an seinem Ohrring getragen hatte.
"Mit dem Ding hast du den Schatten getötet, der auf mir lag?"
"Ja", antwortete Kathleen.
"Was ist das für ein Zeichen?"
Kathleen schnaufte, als wollte sie es sich noch einmal überlegen, Michelle in alles einzuweihen. Dann sah sie ihr in die Augen und lächelte schwach.
"Das ist unser Symbol für die Welt, aus dem die Schatten kommen."
"Eine andere Dimension", stellte Michelle fest.
"Ja."
"Meine Freundin, Christina... sie wurde geköpft von..."
Kathleen legte Michelle eine Hand auf die Schulter.
„Sie war zu nah dran, oder?“
„Ja.“
Wieder fragte sich Michelle, wieso sie nichts empfand. Das Bild ihrer geköpften Freundin, wie das Blut aus ihrem Hals spritzte, war klar und deutlich vor ihr. Und doch wieder einmal, nichts.
"Wo war das?"
"Wenn man den Schildern zum Gasthof folgt, befindet sich eines der Tore nach einer Rechtskurve direkt auf der Fahrbahn."
"Daraus sind sie gekommen."
"Und was wollen sie?"
"Ich zeige es dir", sagte Kathleen und fasste in ihre rechte Hosentasche. Sie holte eine kleine Schachtel hervor und eine Packung Blättchen. Sie öffnete die Schachtel und griff sich mit zwei Fingern einen kleinen, braunen Würfel.
"Du willst jetzt Hasch rauchen?"
Michelle schaute abwechselnd auf Kathleen und das braune Stückchen.
"Willst du sehen, was mit den Bewohnern des Dorfes passiert ist, womöglich auch mit den Eltern deiner Freundin?"
"Ja, natürlich." Nein, eigentlich nicht, dachte Michelle, aber ich will verstehen, was hier vor sich geht.
"Okay", sagte Kathleen, "Ich zeige es dir und du fährst mich anschließend zum Haus."
"Einverstanden. Aber warum willst du vorher kiffen?"
„ Wir werden kiffen, Michelle. Sonst halten wir es nicht aus.“
„Was?“
"Die Energie. Wenn diese Schatten zusammen sind, strahlen sie sie in konzentrierter Form aus. Hast du das vorhin nicht gemerkt, als wir bei der Raststätte waren? Das kann sehr gefährlich für unser Gehirn sein, weil wir uns nun längere Zeit bei ihnen und den Toren aufhalten werden. Dann wirst du nicht nur Aggression spüren, die Energie wird dein Gehirn auffressen. Nur unter Drogeneinfluss oder bei Fieber lässt sich die Wirkung absorbieren. Verstehst du jetzt, warum wir kiffen müssen?"
Michelle war sprachlos. Es klang wie aus einem Film und doch hörte es sich verdammt echt an. Ihre Mitschülerin hatte nun ihr Wissen bewiesen. Mehr Wissen, als sie es sich hatte vorstellen können. Die Welt war am Arsch.
"Die Schatten sind für die Steigerung der Aggressivität verantwortlich?"
"Genau. Und für das
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