Das Ende der Privatsphäre: Der Weg in die Überwachungsgesellschaft
Bankkunden und deren Geldbewegungen einholen.
- Bei Luftfahrtunternehmen und Reisebüros können Reisebewegungen erhoben werden.
- Polizeibehörden wurde die Befugnis eingeräumt, Reisende auch ohne Anhaltspunkte für strafbares Handeln und ohne Vorliegen einer konkreten Gefahr nicht nur im grenznahen Raum, sondern darüber hinaus – etwa auf Fernbahnlinien und Bahnhöfen – zu kontrollieren (sogenannte »Schleierfahndung«).
- Dem Verfassungsschutz wurde der Zugriff auf Ausländer- und Visadaten eingeräumt. Personen mit Zugang zu Flugplätzen werden einer generellen Sicherheitsüberprüfung unterzogen.
- Vor Einbürgerungen erfolgt eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz.
Biometriepässe
Der staatlich verordnete Einsatz biometrischer Daten (vgl. 2.7) ist von nachhaltiger Bedeutung für die Bürgerrechte. Der Bundestag sprach sich im Rahmen der Antiterrorgesetze grundsätzlich für die Aufnahme biometrischer Angaben in Pässe und Personalausweise aus, behielt sich jedoch die Festlegung der Einzelheiten vor, insbesondere die Bestimmung der aufzunehmenden biometrischen Daten. Das Parlament beharrte auch darauf, dass die biometrischen Daten nur in den Dokumenten selbst und nicht in bundesweiten Referenzdateien gespeichert werden. Damit reagierte er auf die Befürchtung, die in externen Dateien gespeicherten biometrischen Daten könnten Begehrlichkeiten für andere Verwendungen wecken.
Noch im Februar 2007 verneinte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble die Frage, ob geplant sei, die digitalen Lichtbilder auch zu Fahndungszwecken einzusetzen:
»Das ist nicht geplant. Die biometrischen Merkmale sollen die Ausweispapiere fälschungssicher machen und sicherstellen, dass Passinhaber und vorlegende Person identisch sind. Mit Fahndung hat das nichts zu tun. Die biometrischen Daten sind ja auch ausschließlich auf dem Chip des Ausweispapiers gespeichert.« 41
Allerdings wies der 2007 von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf des Passgesetzes in genau diese Richtung, denn er sah den Online-Abruf digitalisierter Lichtbilder aus den Pass- und Personalausweisregistern für die Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten vor. Dem Bundesrat war selbst das nicht genug. Er forderte, dass die Polizeibehörden die biometrischen Daten generell »zur Überprüfung der Identität des Inhabers« und »darüber hinaus für einen automatisierten Abgleich mit erkennungsdienstlichen Dateien der Polizeivollzugsbehörden verwenden« dürfen. Die Realisierung dieser Forderung würde letztlich die automatisierte biometrische Massenkontrolle ermöglichen, vor der Kritiker immer gewarnt hatten.
Bemerkenswert ist, wie das Biometrieprojekt international durchgesetzt wurde: Schon vor dem 11. September 2001 hatte die Bush-Administration Pläne zur Integration biometrischer Daten in Reisedokumente entwickelt. Aufgrund der daran in den USA geäußerten Kritik erschienen indes die Chancen auf deren Durchsetzung recht gering, denn in den USA gibt es bis heute weder ein Melderegister noch eine Personalausweispflicht. Deshalb konzentrierte sich die US-Regierung nunmehr darauf, das Vorhaben auf internationaler Ebene durchzudrücken. Dies geschah im Wesentlichen durch Einflussnahme auf die internationale Zivilluftfahrtsorganisation ICAO, einer bei der UNO angesiedelten Einrichtung. Die von der ICAO entwickelten Standards zur Aufnahme eines digitalisierten Gesichtsbilds in die Reisepässe waren indes für die Staatengemeinschaft nicht verpflichtend. Dies mussten nun die Regierungen übernehmen, was ja angesichts des Standes der internationalen Diskussion, der Standardisierungsempfehlung der ICAO und der durch die Terroranschläge veränderten politischen Lage jetzt wesentlich einfacher war.
In Europa waren es die Innenminister der EU-Mitgliedsstaaten, die das Heft in die Hand nahmen. Sie beschlossen im Herbst 2004 nicht nur die Umsetzung des ICAO-Standards, also die Integration eines digitalen Passbilds, sondern darüber hinaus die verbindliche Aufnahme von Fingerabdrücken in die Reisepässe der EU-Bürger. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die zuvor dem Europäischen Parlament vorgelegten Entwürfe der EU-Passverordnung keine verpflichtende Aufnahme des Fingerabdrucks als zweites biometrisches Merkmal enthielten. Dass es gleichwohl zu dem Beschluss des Ministerrats kam (das Europaparlament war bei der Verordnung lediglich zu konsultieren, hatte aber keine Mitentscheidungskompetenzen), war ganz wesentlich auf das Engagement
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