Das Ende der Privatsphäre: Der Weg in die Überwachungsgesellschaft
Datenschutzbeauftragten nicht gegeben sind, sei es, weil ein solcher entgegen den gesetzlichen Vorgaben nicht ernannt wurde. In diesen Fällen sind die Arbeitnehmer häufig darauf angewiesen, den Beteuerungen der Unternehmensleitung zu glauben. Zwar kann sich jedermann an die zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde wenden, falls er vermutet, dass gegen Datenschutzbestimmungen verstoßen wird. Im betrieblichen Alltag sind allerdings – wohl aus Angst um den Arbeitsplatz – nur wenige Mitarbeiter zu diesem Schritt bereit.
Datenschutzrechtlich besonders kritisch ist die Verarbeitung von Gesundheitsdaten durch den Arbeitgeber. Unabhängig davon, dass für diese Daten rechtlich strengere Maßstäbe gelten als für sonstige personenbezogene Daten, ist das Interesse von Arbeitgebern an ihnen häufig ziemlich ausgeprägt. So werden entgegen der gängigen Rechtsprechung durch Arbeitsgerichte weiterhin Bewerberinnen gefragt, ob sie schwanger seien.
Die Entwicklung in der Gesundheitsforschung beeinflusst auch den Arbeitnehmerdatenschutz. So erlangen neue Diagnosemöglichkeiten und molekulargenetische Untersuchungsmethoden Bedeutung für das Arbeitsverhältnis. Der Arbeitgeber könnte seine Bewerber auf bestimmte Gendefekte testen und so ihre Anfälligkeit für bestimmte Krankheiten herausfinden, auch wenn dies nach der Rechtsprechung unzulässig ist (vgl. 2.8). Immer noch fehlen zudem klare gesetzliche Vorgaben, die den am Arbeitsverhältnis Beteiligten sowohl die Einsatzmöglichkeiten als auch die Grenzen neuer medizinischer Methoden aufzeigen. Der Umgang mit Gesundheitsdaten erhält im Zusammenhang mit der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (vgl. 2.6) zusätzliche Brisanz. Dabei wird von entscheidender Bedeutung sein, ob es gelingt, dem Arbeitgeber nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich den Zugriff auf die dort gespeicherten Daten zu verweigern.
Auch das Internet berührt den Arbeitnehmerdatenschutz. Jede E-Mail und jeder Aufruf einer Webseite am Arbeitsplatz hinterlässt Spuren in den betrieblichen IT-Systemen (vgl. 2.2). Während diese Daten bei der häuslichen Nutzung beim Anbieter des entsprechenden Dienstes anfallen, erhält beim dienstlichen Surfen der Arbeitgeber Kenntnis vom Surfverhalten – bisweilen mit erheblichen Konsequenzen für den Arbeitnehmer. Da Unternehmens- und Verwaltungsnetze üblicherweise stärker abgesichert sind als private Systeme, werden hier sogar mehr Daten erfasst und automatisiert ausgewertet. Die Auswertung umfasst bisweilen sogar die Inhalte der Kommunikation. Immer wieder wenden sich Betroffene – häufig zu Recht – an die Datenschutzaufsichtsbehörden, weil sie befürchten, der Chef lese die E-Mails mit.
Manchen Arbeitgebern scheint entgangen zu sein, dass selbst bei rein dienstlicher Nutzung des Internets eine lückenlose Überwachung von E-Mails unverhältnismäßig und damit unzulässig ist, weil damit die ständige Kontrolle des Arbeitnehmers verbunden wäre. Soweit Beschäftigten die private Nutzung erlaubt ist, sind zudem die Vorgaben des Telekommunikationsrechts zu beachten. So hat der Arbeitgeber das Fernmeldegeheimnis zu wahren, wenn er den Arbeitnehmern die private Nutzung des betrieblichen E-Mail-Systems oder des Diensttelefons gestattet hat. Die Überwachung wäre dann eine Straftat.
Lediglich in Fällen, in denen es konkrete Anhaltspunkte für einen Missbrauch gibt, und wenn entsprechende Regelungen, etwa in Betriebs- und Dienstvereinbarungen, getroffen wurden, kann eine Kontrolle von E-Mail- und Surfdaten durch den Arbeitgeber angemessen sein. Unabhängig hiervon ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber Zugang zur dienstlichen Kommunikation zu verschaffen, etwa indem er die E-Mails ausdruckt oder in elektronische Archivierungssysteme einspeist.
Bereits bei der Besetzung neuer Stellen bedienen sich Arbeitgeber und »Headhunter« des Internets. Umgekehrt begeben sich immer mehr Bewerber elektronisch auf Stellensuche und veröffentlichen dabei ihre Bewerbungsunterlagen im Internet. An und für sich ist gegen die Verwendung des Internets zur Personalgewinnung nichts einzuwenden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass im Internet die Vertraulichkeit der Kommunikation ohne zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen nicht gewährleistet ist.
Wegen fehlender gesetzlicher Regelungen zum Arbeitnehmerdatenschutz können sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber bis heute nur an der einschlägigen Rechtsprechung orientieren. Diese ist jedoch notwendigerweise
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