Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte
verlassen, das hat mir immer Kraft gegeben. Wir verlassen unseren Posten nicht, was? Nein, so sind wir nicht.
Irgendwann schlafe ich unter den Zwillingen ein.
*
Der dritte Tag. Ich rege mich im Morgengrauen, spüre seinen Körper unter der Decke und erlebe einen Moment. Einen Moment des seligen Vergessens, aber dann fällt es mir wieder ein, und trotzdem warte ich darauf, dass er sich bewegt. Ich warte ernsthaft auf seine Auferstehung. Denn es wäre möglich. Wir haben alles überstanden, nicht wahr? Warum nicht auch das?
Und dann schluchze ich. Schluchze und schluchze. Und raffe mich auf und trage ihn, immer noch unter der Decke zusammengerollt, zu den Bäumen und fange an zu graben. Mit einem Ast, mit einem flachen Stein, mit den bloßen Händen.
*
Den ganzen Vormittag lang, bis das Loch tief genug ist, um Bären abzuschrecken. Wie passend. Dein liebster Ruheplatz auf dieser Welt. Jahr für Jahr. Wenn sein Geist es nur sehen könnte. Wie der Bach sich verändert im Wechsel der Jahreszeiten. Ich lege ihn in die Decke gewickelt hinein und sage:
Mach’s gut, Kumpel. Du bist Jasper. Mein Herz. Wir sind nie getrennt, hier nicht, dort nicht.
Dann schiebe ich die Erde wieder zurück ins Loch.
Den Rest des Tages verbringe ich damit, Steine zu sammeln. Kieselsteine, eiförmige Steine, schwere Findlinge. Vom Wasser geglättet und geschliffen. Ich schichte sie zu einem Haufen auf, der mir bis an die Brust reicht. Ich weiß nicht, was ich obenauf legen soll. Ich ziehe meinen alten Wollpullover aus. Er riecht ebenso nach mir wie nach ihm. Ich breite ihn auf dem Hügel aus und schichte noch mehr Steine darauf. Damit er sich auflöst wie eine Gebetsfahne, damit Jaspers und mein Geruch von den Jahreszeiten weggewaschen wird. Als könnte ich ihn mit einem Teil von mir bedecken.
Dann packe ich den Schlitten und marschiere stromaufwärts weiter.
*
Zwanzig Mal bin ich heute stehen geblieben und habe mich umgedreht, um ihn zu rufen. Hey, wo bleibst du. Zwanzig Mal kehre ich dem Hang den Rücken zu. Lasse den Kopf hängen, die Füße in den Weg gestemmt.
Einmal bin ich stehen geblieben und habe das Gesicht in die Sonne gehalten und die Augen zugemacht, bis die warmen Strahlen meine Tränen verdampften. Habe den Kopf in den Nacken gelegt wie ein heulender Kojote.
Zu meiner Rechten schießt der Bach über einen Vorsprung. Die Sonne überwältigt meine Augen, überschwemmt sie wie mit einem Wasserschwall.
Wenn nichts mehr ist, bleibt immer noch das eine: ertränkt, verzehrt zu werden.
*
Es ist nicht so, dass da nichts mehr wäre. Alles, was vorher war, ist noch da. Alles minus ein Hund. Minus eine Ehefrau. Minus der Krach, das Lärmen von.
Wir denken, indem wir sprechen, und im Sprechen wehren wir Gedanken ab. Tja. Ich habe es nicht geschafft, oder? Und du auch nicht. Du bist mitgekommen, weil du gedacht hast, es wäre dein Job. War ich ein Narr? Wir beide? Lieben heißt, sich im Streit auf eine Seite zu stellen und dort zu verharren bis in den Tod. Mit beiden Beinen fest auf einer Seite zu stehen. Oder mit allen vieren, was, Kumpel?
Wir Narren steigen den Pfad rauf, zwei Narren, dann nur noch einer.
*
Es gibt einen Schmerz, aus dem kann man sich nicht rausdenken. Wenn man bloß jemandem zum Reden hätte. Man kann immer noch gehen. Einen Fuß vor den anderen setzen. Einatmen, ausatmen. Aus dem Bach trinken. Pinkeln. Dörrfleisch kauen. Jaspers Dörrfleisch auf dem Weg verstreuen, für die Kojoten und die Häher. Und. Man kann den Verlust nicht verdauen. Er sitzt in den Zellen des Gesichts, in der Brust, hinter den Augen, in den Windungen der Eingeweide. Muskeln, Sehnen, Knochen. In jedem Teil von dir.
Im Gehen schiebst du den Verlust vor dir her. Lässt den Schlitten los und setzt dich auf einen umgekippten Baumstamm und. Du stellst dir vor, wie er an der einen sonnigen Stelle liegt, auf deinen Füßen vielleicht. Es geht ihm nicht so gut. Er setzt sich dazu, der Schmerz, und legt dir einen Arm um die Schulter. Er ist dein bester Freund. Er ist dir treu. Und in der Nacht kannst du es nicht ertragen, deinen Atem so ganz allein zu hören, ohne den zweiten Atem. In der Stille rauscht ein tosender Wasserfall wie der Soundtrack für alles, was lebt und was dahingerafft wurde. Dann. Legt sich der Schmerz neben dich und rutscht heran. Er stört dich nicht, nicht einmal mit Atemgeräuschen.
*
Ganz schön tiefsinnig, was, Jasper? Auf meine alten Tage noch philosophisch zu werden, wo doch nur das eine los ist: Ich vermisse
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