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Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte

Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte

Titel: Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Heller
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Strom. Er saß im Tower, er hat Zugang zu den Funkgeräten. Vielleicht weiß er irgendwas.
    Was soll er wissen?
    Neuigkeiten.
    Über die Araber oder so.
    Bangley bewegte sich nicht. Dann griff er zur Feile, legte eine Pranke an das Rohr und ließ den Kopf sinken.
    Hig ist ein Hai, sagte er. Immer in Bewegung bleiben oder sterben. Er kann nicht anders.
    Darüber musste ich nachdenken, als ich allein unten an der Böschung lag und Jaspers Körpergewicht mir auf die Unterschenkel drückte wie ein Phantomschmerz. Ich schaute zu, wie die letzten Wintersternbilder im Westen hinter dem Horizont abtauchten. Es war seine Art und Weise gewesen, mir die Erlaubnis zu erteilen. Die ich gar nicht nötig hatte. Trotzdem.
    *
    Klarer, ruhiger Morgen, Anfang Mai, die Windsocke an der Benzinpumpe hängt schlaff runter, der Himmel über den Bergen wie eine umgekehrte, blaue Glasschüssel. Unser Mitbewohner, der Rotschwanzbussard, schwebt auf den ersten Thermalwellen des Tages über den kaum erwärmten Asphalt. Mühelose Kreise. Seine Frau brütet in einer Pappel an unserem Fischteich, erst gestern habe ich das heisere Kreischen der Küken gehört. Klang nach drei Jungtieren. Sie erhob sich, spreizte einmal die Flügel und warf mir einen mörderischen Blick zu. Leg dich nicht mit Mama an. Käme mir nie in den Sinn, sagte ich laut.
    Ich schalte die Pumpe ein, fülle zwei Sechsgallonenkanister und lade sie hinter meinem Sitz ein. Weniger als fünfunddreißig Kilo. Volle Tanks fassen fünfundfünfzig Gallonen. Der zusätzliche Treibstoff verschafft mir etwa eine knappe Stunde, nicht genug, falls ich unterwegs irgendwas auskundschaften will, nicht genug, um zurückzufliegen, aber ich will nicht noch mehr Treibstoff mitnehmen, denn ich möchte in der Lage sein, auf kurzer Strecke zu landen und zu starten. Notfallausrüstung zu vierzehn Kilo inklusive Dörrfleisch für zehn Tage, getrocknete Tomaten, Mais, zwei Gläser Olivenöl. Fünf Gallonen Wasser, die ich wahrscheinlich nicht brauchen werde, weil Grand Junction nach dem Zusammenschluss zweier großer Ströme benannt ist. Trotzdem, es handelt sich um eine Wüstenstadt, und ich weiß nicht, was mich erwartet, wie schwer es sein wird, ans Flussufer zu kommen. Ich nehme immer genug Wasser mit.
    Jaspers Jagddecke bleibt auf dem Copilotensitz liegen. Ich befestige das Sturmgewehr und die Maschinenpistole in der vertikalen Halterung vorn an seinem Sitz.
    Was ist dein Plan, Hig? Ich fliege.
    Und dann?
    Kontakt zu den Einheimischen aufnehmen.
    Und dann?
    Nachrichten austauschen.
    Du hast keine Nachrichten.
    Ich habe, was ich habe.
    Und dann was? Nach Hause fliegen?
    Gute Frage. Auftanken.
    Viel Glück.
    Ich führe Selbstgespräche. Bangley ist nirgends zu sehen. Ich stehe auf der Leiter und fülle das Biest ab. Genug Sonne heute, um die Pumpe zu betreiben, ich genieße das altmodisch analoge Klicken der Ziffern im kleinen Glasfenster der Tanksäule. Eine leichte, warme Brise auf meiner linken Wange, der durchdringende Schrei des Bussards, der so zerfranst klingt wie seine Flügel aussehen. Die vertraute Aufregung vor einer Reise, vor einer echten Reise in ein unbekanntes Land. Ein Anflug von Optimismus, ich weiß selbst nicht, warum. Bangley hat Recht. Die Wahrscheinlichkeit, brauchbare Neuigkeiten zu erfahren, ist gering, hoch dagegen die Wahrscheinlichkeit, statt eines Menschen ein Skelett im Tower anzutreffen. Und was sind überhaupt brauchbare Nachrichten? Das frage ich mich jeden Tag, seit einer Woche. Was sind Neuigkeiten? Wir essen wir schlafen wir suchen das Gelände ab wir verteidigen uns. Manchmal gehe ich raus in die Berge, um die Nachrichten der Bäche und Bäume abzuhören. Vom Biest aus die Nachrichten des Windes. Was gäbe es sonst zu erfahren?
    Ich musste Bangley zeigen, wie man den Garten bewässert, wie man den Wasserfluss in die Beete leitet, wie man die Ackerfurchen freihält, ich musste ihm zeigen, was Unkraut ist und was nicht. Er war griesgrämig. Er gestand mir, er hätte sich geschworen, nie wieder im Leben zur Schaufel zu greifen, höchstens, um ein Grab auszuheben.
    Als er das sagte, stellten sich mir die Nackenhaare auf. Ihn lange zu kennen und doch überrascht zu sein.
    Mein Vater war Farmer, sagte er.
    In Oklahoma?
    Er starrte mich an, und die Schaufel in seiner Hand sah plötzlich aus wie angewachsen.
    Okay, dann kennst du dich aus.
    Er starrte mich an. Er schürzte die Lippen und glotzte auf die lehmverschmierte Schaufel am Ende des Griffs, die zur Hälfte in einem

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