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Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte

Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte

Titel: Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Heller
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hoffnungslos.
    Wir haben noch jede Menge Fleisch, Hig, sagte er, richtete sich auf und wandte sich von dem langen Rohr im Schraubstock ab.
    Nach der Schlacht neulich hatte er angekündigt, einen Granatwerfer bauen zu wollen. Er besaß sogar einen, einen M 203 , aber die Reichweite war zu kurz, um mir den Arsch zu retten, sagte er, deswegen würde er ihn umbauen. Präziser machen, wie er sagte.
    Kann schließlich nicht zulassen, dass der alte Hig nochmal ne Gehirnerschütterung kriegt, er ist ohnehin schon zu kindisch, meistens.
    Er richtete sich auf und blinzelte mich an, während ich mich bemühte, die mörderischen nackten Frauen nicht anzusehen. Wie seltsam: Auf einem niedrigen Tischchen neben dem Ledersofa, das er zu behalten beschlossen hatte, stand das gerahmte Bild der Familie, die früher hier gewohnt hatte, aufgenommen im Urlaub, drei blonde Kinder mit Helm und Skijacke, die Eltern dahinter mit Skiern im Arm und einem breiten Lächeln, so weiß wie die schneebedeckten Gipfel im Bildhintergrund. Irgendwo in den Bergen von Vail oder so. Ich habe ihn nie danach gefragt. Ich spürte instinktiv, dass es ihm nicht nur darum ging, die familiäre Wärme anzuzapfen, die es hier gegeben hatte, sondern auch um eine Art Bangley’sche Aufrechnung, so nach dem Motto: Seht mal, was ihr alles hattet, und nun seht mal, wer jetzt in eurem Wohnzimmer steht, gesund und munter und immer dabei, sein Arsenal in Schuss zu halten, damit er – anders als ihr – am Leben bleibt.
    Nur so eine Ahnung.
    Du willst schon wieder einen Angelurlaub machen? Hat dir der letzte nicht gereicht?
    Ich schüttelte den Kopf. Ich fliege.
    Du fliegst?
    Grand Junction. Habe neulich einen Funkspruch von dort empfangen. Aus dem Tower.
    Seine Hände, riesige, schwielige Pranken, ließen das Rohr los und die Feile sinken. Er stand vor dem hölzernen Gewehrständer, den ich ihm ganz zu Anfang zimmern musste – er achtete stets darauf, Waffen für einen gesamten Platoon griffbereit zu haben.
    Neulich?
    Vor drei Jahren.
    Er grinste mich unverhohlen an. Strich sich über die Bartstoppeln an seinem Kinn. Ich konnte das Kratzen von der anderen Seite des Zimmers hören.
    Drei Jahre.
    Er wandte sich um und schaute aus dem Fenster in westlicher Richtung nach Junction, so als berechne er die Entfernung im Zeitraumgefüge unter Einbeziehung der Jahreszeitenwechsel. Zum ersten Mal sah ich den alternden Mann in ihm. Er drehte sich zurück.
    Verdammt, Hig. Du legst wohl keinen Wert darauf, Anrufe zeitnah zu beantworten?
    Ich lächelte ihn an.
    Hig?
    Ja?
    Hast du eine Midlifecrisis?
    Direkt links hinter ihm, an der Wandverkleidung neben dem großen Fenster, hing ein berühmtes tschechisches Model mit kurzer, fies aussehender Maschinenpistole im Arm, so etwas wie eine Uzi. Sie belastete ihr linkes Bein und reckte die rechte Hüfte aufwärts, und die Geometrie des Fotos führte den Blick des Betrachters von ihren grünen Augen zu ihrem Schamhügel, ein spärlich bewachsenes Dreieck aus dunklen Haaren, die kaum die Spalte bedeckten, den Weg ins Paradies. Der Anblick war zu viel für mich. Ich schnappte nach Luft. Mir wurde klar, dass Bangley durch und durch Stratege war. Er erfasste die Eckdaten einer jeden Situation auf Anhieb, fand die Sprungfeder, den Antrieb. Und den Schwachpunkt. Hatte ich eine Midlifecrisis?
    Ich glaube da nicht dran, sagte ich. Unser ganzes Leben ist eine verdammte Krise.
    Wirklich?
    Nein.
    Erst der Elch, jetzt der Tower. Achthundert Kilometer von hier. Was ist dein Punkt ohne Wiederkehr?
    Er sprach vom Treibstoff. Von dem Punkt, ab dem man nicht mehr genug für den Rückflug hat.
    Vierhundertzwanzig.
    Du jagst einem Phantom hinterher, Hig. Willst du uns beide umbringen?
    Ich stand mitten im Wohnzimmer der Familie. Sie hatten einen großen Flachbildfernseher besessen, ein Stereosystem mit Dolby Surround und auf einem Beistelltisch einen Player mit über zehntausend Songs, vieles davon Country und Pop. Bangley hatte alles rausgerissen und durch Hartfaserplatten und Poster ersetzt. Auf dem Tisch in der Mitte hatten die Controller der Spielkonsolen gelegen. Wir hatten die Geräte eingeschaltet: World at War VII . Ich dachte, das würde Bangley gefallen, aber er drehte sich weg, als ich es einschaltete. Entspannte sich merklich, als ich es ausschaltete.
    Ich weiß, sagte ich.
    Er sah mich an. Seine schiefergrauen Augen, sein starres Grinsen.
    Ich weiß, wie riskant es ist. Wer immer da war und mir das Signal gesendet hat, verfügt über elektrischen

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