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Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte

Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte

Titel: Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Heller
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und auszuwringen. Ich dachte: Auch dafür kannst du dankbar sein, Hig, keine Massen an Klamotten, die gewaschen und aufgehängt und gefaltet und in den viel zu kleinen Schrank geräumt werden wollen. Melissa und ich hatten nie genug Platz für unsere Sachen. Man könnte meinen, ein Handwerker wäre in der Lage, für anständige Möbel zu sorgen, aber nein. Ein Hemd, eine Hose, ein Paar Socken. Ein Fleecehemd zum Unterziehen. Ein Lieblingswollpullover, wieder und wieder ausgebessert. Du dachtest ja, du bist nur für ein paar Tage von Erie weg.
    Ich zog also mein Hemd aus und stieg durch die Weiden ans Wasser runter, und da stand sie plötzlich vor mir im Nebel und sah mich an, oder eine Stelle hinter mir, oben an der Felswand. Sie war gertenschlank. Ich konnte ihre Rippen sehen. Die langen Beine, verlockend gerundete Hüften, einen ausgeprägten Venushügel mit spärlichem schwarzem Haar, das ihre Scham nicht ganz bedeckte. Ihre Brüste waren kleiner, aber nicht klein. Fest wie Äpfel. Was will ich damit sagen? Stramm und voll. Zarte Schlüsselbeinknochen, hübsche Schultern. Muskulöse Arme, schlank und stark. Eine Narbe auf dem rechten Oberschenkel. Ich schnappte nach Luft. Sie war, ich weiß auch nicht. Perfekt. Ich dachte nur einen blöden Gedanken: Wie um alles in der Welt hast du das versteckt? In einem zu großen Männerhemd? Meine Augen mussten außer Übung sein! Das dachte ich im Bruchteil einer Sekunde, denn ich drehte mich reflexhaft zur Felswand um und sah den Wanderfalken in seinem Nest landen, einen Vogel, einen verdammt ziemlich großen Vogel im Schnabel.
    Was meinst du, wie sie ihn aufteilt?, fragte sie mich übers Wasser hinweg.
    Was? All das kam mir unwirklich vor. Ich drehte mich wieder zu ihr um, und sie wandte sich halb ab, zeigte mir ihren unteren Rücken mit den Grübchen, den zu einer weiteren perfekten Kurve gerundeten Hintern. Die Kurve, die mich um den Verstand brachte. Die männermordende Kurve. Ich blinzelte. Ich dachte: Sie hat nichts, aber auch gar nichts mit Bangleys verdammten Postern zu tun. Sie ist eine Million Mal hübscher. Ich sagte nicht: Ups, sorry, nichts in der Art. Ich sagte: Sie wird ihn zerreißen. Nein, ich sagte das nicht, ich schrie es über den Wasserfall hinweg, und dann drehte ich mich um und rannte weg.
    Big Hig. Ganz cool am Steuerknüppel, ganz cool im Umgang mit Besuchern, jetzt auf ein stammelndes Etwas reduziert.
    Eine Weile später kam sie zu mir. Ich saß an meinem Schattenplatz. Bad ist frei, sagte sie lächelnd.
    Sie lief an der Hängematte vorbei, neigte den Kopf zur Seite und wrang ihr Haar aus. Ich war in einer Art endokrinologischem Schockzustand und noch dabei, das Gesehene zu erinnern und gleichzeitig möglichst effektiv zu verdrängen. Ihr neuerlicher Anblick erschreckte mich, ich war sicher, dass sie meine Gedanken lesen konnte. Ich grinste so einfältig wie ein Sechzehnjähriger.
    Und wann kriege ich was zu sehen?, sagte sie.
    Ich muss zusammengezuckt und rot angelaufen sein. Sie lachte mich an, offen und ohne Hintergedanken, und für einen kurzen Moment sah ich die Langstreckenläuferin aus der Highschool, das Mädchen von der Ranch, das beim Westernreiten immer gewinnen wollte.
    *
    Ich überprüfte das Biest, kippte Öl nach. Pumpte die Reifen mit einer Fahrradpumpe auf, die ich hinten in der Kabine aufbewahrte. Ich döste. Der Traum von meinem Haus kam nicht zurück. Inzwischen träumte ich von Hauskatzen, von Tigern und Berglöwen, die im Zwielicht durch die Felsen zum Bach runtergeschlichen kamen und deren starre Augen alles sahen. In meinem Traum waren sie von göttlicher Anmut, Kraft und auch Intelligenz. In meinem Traum kam ich den Bestien sehr nah und sah ihnen in die Augen, und dann wurde etwas von ihnen auf mich übertragen. Ich konnte es nicht benennen, aber immer, wenn ich aufwachte, fühlte ich mich von einer starken und unheimlichen, irgendwie schönen Kraft durchströmt. Ich fühlte mich glücklich.
    Einmal lag ich an einem fast windstillen Nachmittag in meiner Hängematte und träumte, Melissa und ich würden mit Pfeil und Bogen auf die Jagd gehen. Früher hatte ich das manchmal getan, sie nie. Wenn ich zwischen zwei Aufträgen genug Freizeit hatte und es mir erlauben konnte, kaufte ich mir eine Genehmigung. In meinem Traum machten wir keine Jagd auf Großkatzen, sondern auf eine seltene Steinbockart, die sogar damals schon ausgestorben war, irgendwo am Fuße des Himalaya. Melissa hatte gerade den Bogen und zielte auf einen

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