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Das Ende der Unschuld: Roman (German Edition)

Das Ende der Unschuld: Roman (German Edition)

Titel: Das Ende der Unschuld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Abbott
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geballt, aber nichts kann sie aufhalten.
    »Er war ganz ruhig, so wie sonst nie. Ich hatte die Autotür schon aufgemacht und habe ihn angesehen, die Minute hat sich ewig hingezogen.
    Und dann hat er gesagt, Niemand wird dich je wieder so sehr lieben, und ich wusste, dass es stimmt.«
    Das darfst du nie jemandem erzählen, Lizzie, niemals.
    Mach ich nicht, mach ich nicht.
    Aber Evie, sage ich später, als meine Stimme aus der Dunkelheit zurückgekehrt ist, ich weiß nicht, von woher , da fehlt noch so viel. So vieles, was du mir noch nicht erzählt hast. Es fehlt ein Stück. Warum bist du mitgegangen? Was hat er getan, dass du mitgegangen bist? Warum bist du am Ende mitgegangen? Warum an dem Tag?
    Und Evie, du hast gesagt, er hat dich gerettet. Was meinst du damit, gerettet?

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    23.
    D as ist die erste Feier zum vierten Juli ohne die Ververs, an die ich mich erinnern kann.
    Keine Fackeln in ihrem Garten, keine Luftschlangen mit Stars and Stripes um die Lampe im Vorgarten. Keine Zitronenschnittchen von Mrs. Verver, kein Melonenpunsch.
    Keine Dusty, die im Sommerkleid unter der Laterne tanzt.
    Kein Mr. Verver, der über die Landesgrenze zu Fireworks Emporium fährt und mit Römischen Lichtern zurückkommt, mit pfeifenden Raketen und mit Chinaböllern, die alle zusammenfahren lassen, und diesen kegelförmigen Dingern vom letzten Jahr, aus denen Funken sprühten wie Bienen.
    Nichts davon.
    Stattdessen versammeln sich die Väter, als es dunkel wird, und zünden ein paar Kometen und Rauchbomben, aber es ist alles anders, nicht diese vor Energie glühenden Gesichter, nicht dieses überschäumende Gefühl, es könnte alles Mögliche passieren, der Himmel könnte aufreißen. Mr. Verver konnte den Himmel aufreißen und Licht auf uns alle regnen lassen.
    Es ist keine Evie da und niemand zum Wunderkerzenlaufen, niemand, mit dem ich in der Einfahrt Ladykracher zünde, mit schwarzen Fingern, aber vielleicht hätten wir das dieses Jahr sowieso nicht mehr gemacht. Vielleicht wäre dies das Jahr gewesen, in dem wir damit aufgehört hätten. Wir hatten es sowieso schon viel länger gemacht als alle anderen.
    Die Hitze, das Lachen der anderen Kinder, die Lautsprecher auf der Straße, die umherrollenden Bierflaschen, klebrige Marshmallows unter den Füßen, all das findet statt, und gleichzeitig nichts davon.
    Die Ververs haben das Auto gepackt und sind nach Norden gefahren, vor zwei Wochen, nur ein paar Tage nach Mr. Shaw, nach allem.
    Und jetzt kommt mir die Zeit davor, diese wilden, stürmischen neunzehn Tage, in denen das Leben aus den Angeln schien, so verloren vor. Ein Pfeifen in meinem Kopf, ein fernes Rumpeln.
    Als sie abfuhren, habe ich vom Fenster oben aus zugesehen. Wie Mrs. Verver Evie ins Auto gesteckt hat. Wie Mr. Verver Koffer und einen Seesack, aus dem ein Hemdschoß herausguckte, ins Auto packte. Wie Evie erschöpft den Kopf ans Autofenster legte. Ich fragte mich, ob sie für den Rest ihres Lebens so erschöpft sein würde. Ich dachte über die Gesichter nach, die sie früher gehabt hatte – neugierig, verwundert – und fragte mich, ob ich sie je wiedersehen würde.
    Ich dachte an all die Fragen, die sie nie beantwortet hatte, und überlegte, ob ich sie je wieder würde stellen können. Irgendwie, irgendwie wusste ich, dass sich ein Schlüssel gedreht hatte, ein Schloss zugeklickt war, und das war’s. Mehr würde ich nicht aus ihr rauskriegen.
    Es fühlte sich an wie das Ende von allem. Dann sah ich Mr. Verver mit der rotweißen Kühlbox im Arm für eine Sekunde zu mir hochgucken, als wüsste er es. Als wüsste er, dass ich dort bin. Er sah zu mir hoch, und ich finde keine Worte für seinen Gesichtsausdruck. Ich kann ihn nicht beschreiben. Er war gleichzeitig gebrochen und froh.
    Dusty kam als Letzte raus. Ich hatte nicht mal gewusst, dass sie von ihren Großeltern zurück war. Sie stand an der Autotür, die Hand auf dem Fenster. Evie, schon im Wagen, starrte stur geradeaus, als würden sie schon fahren. Sie drehte nicht mal den Kopf.
    Dusty stand eine ganze Weile lang da und öffnete die Tür erst im allerletzten Moment. Sie hat sich immer wieder umgesehen, in alle Richtungen. Als hätte sie keine Vorstellung, wie sie in das Auto kommen sollte. Es hatte etwas Einsames, und noch was.
    Ich habe sie nicht einsteigen sehen. Meine Mutter hat irgendwas gesagt, und ich habe mich umgedreht. Und als ich wieder hinguckte, war sie weg. Waren sie alle weg.
    Hinterher sagte meine Mutter, sie wären raufgefahren in die

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