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Das Ende der Welt (German Edition)

Das Ende der Welt (German Edition)

Titel: Das Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Höra
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nicht ertragen.
    Am Abend lud Cato uns ein, mit ihm seine Wahl in den Senat und meine Ernennung zum Leibwächter zu feiern. Wir trafen uns im Offizierskasino, wo Cato zwei Fässer Bier spendierte. Das Gebräu war wesentlich besser als das gepanschte vom Vormittag. Schon nach vier Gläsern sah ich doppelt. Sönn und Cato stießen mit mir an. »Wir beide sind Glückskinder«, raunte Cato mir zu, wobei sein Kopf aufgeregt hin- und herruckelte. In meinem benebelten Zustand musste ich an einen Gockel denken, der auf einem Misthaufen herumstolzierte, und musste mir das Lachen verkneifen.
    »Du hast dem Kanzler das Leben gerettet, und jetzt bist du für das Leben seiner Tochter verantwortlich«, sagte Cato. »Was für eine Karriere. Andere würden dafür über Leichen gehen.« Er zwinkerte mir zu.
    »Dabei ist er noch Jungfrau. Er hat weder gejagt noch getötet«, sagte Sönn.
    »Das wird sich bald ändern«, sagte Cato lachend.
    »Gelegenheiten gibt es in dieser Stadt viele. Man muss nur die Augen aufmachen und das Messer geschärft halten.«
    »Kjells ist noch stumpf«, warf Luka ein.
    Alle lachten, und ich lachte mit. In diesem Augenblick wäre ich für jeden von ihnen gestorben. Diese Männer waren meine Familie. Als ich mit Wolf anstoßen wollte, reagierte er kaum und saß in sich versunken da, ein abwesendes Lächeln auf dem Gesicht.

10
    Ich bekämpfte meine bohrenden Kopfschmerzen mit Malzkaffee, einem Muschnik und einer rohen Zwiebel. Über den pissgelben Himmel zogen ein paar Wolken, die an grauen Schleim erinnerten. Nach dem Frühstück sollte mein Dienst in Amandus’ Haus beginnen.
    Als ich in den Kasernenhof kam, erlebte ich eine Überraschung: Wolf saß auf der Rückbank des Jeeps und starrte düster vor sich hin.
    »Er wird dich begleiten«, sagte Sönn, der danebenstand. »Er wird ebenfalls als Leibwache in Amandus’ Haus dienen.«
    Ich war enttäuscht. Traute Sönn mir die Aufgabe nicht allein zu? »Ich weiß, dass du keinen Aufpasser brauchst, Kjell«, sagte Sönn, als hätte er meine Gedanken gelesen. »Aber diese Senatsbürger sind Aasfresser. Sie kennen nur den Profit. Alles, was sie interessiert, ist ihr eigener Vorteil. Außerdem weiß ich, wie störrisch du sein kannst, und ich will nicht, dass du in Schwierigkeiten gerätst. Wenn doch, hast du einen erfahrenen Mann wie Wolf an deiner Seite.«
    Er sah mich prüfend an. Das Messer ist nur so gut wie die Hand, die es führt. Auch einer von Sönns Leitsprüchen. Also nickte ich ergeben, während Wolf stur geradeaus sah und meinen Gruß kaum erwiderte. Die Sache schien ihm genauso wenig zu schmecken wie mir. Gerade als wir losfahren wollten, erschien Cato.
    »Wollte mich noch schnell von meinem Lieblingskadetten verabschieden«, sagte er und breitete im Gehen die Arme aus wie dieser bärtige Kerl am Kreuz, den ich mal in einer zerbombten Kirche gesehen hatte. »Ich bin stolz auf dich, Kadett Kjell.«
    Ich nahm Haltung an. Mir lief es kalt den Rücken herunter. Von Cato gelobt zu werden war mehr wert als jedes Goldstück. Er hakte sich bei mir unter und zog mich ein paar Meter zur Seite.
    »Du stehst vor einer großen Aufgabe, Junge. Sei dir immer bewusst: Du bist ein Schwarzer Jäger, ein Elitesoldat.«
    Er sah mich aufmerksam an. »Denk dran, was deine Ausbilder dir beigebracht haben, und denk dran, wem deine Loyalität gehört. Und …«, er ließ bedeutungsvoll einen Finger in der Luft schweben, »… du wirst mir doch zustimmen, dass ein Offizier, der zögert, ein Feigling ist. Dass seine Entschlossenheit seine Waffe ist.«
    Die letzten Worte hatte Cato extralaut gesprochen und dabei zu Wolf rübergesehen, der unbeteiligt vor sich hin starrte. Nur seine mahlenden Kieferknochen verrieten eine Reaktion.
    Sofort nach unserer Ankunft in Amandus’ Haus meldeten Wolf und ich uns bei dem Wachhabenden, einem mürrischen Hauptmann namens Reger. »Hm, Hm!«, brummte dieser und winkte einem Gefreiten, der uns zur Mannschaftsunterkunft brachte. Ich bekam das Bett neben dem Klo zugewiesen, Wolf eine Notliege in der Ecke, die aus einem verwanzten Strohsack bestand. Der Gefreite stellte sich als Oran vor, der uns das Haus zeigen sollte.
    »Die Privatzimmer des Kanzlers und seiner Familie sind für euch tabu. Sonst habt ihr überall Zutritt«, sagte er, während wir ihm einen Flur entlang folgten, der mit wurmstichigem Holz getäfelt war. An den Wänden standen Glaskästen, die Gegenstände aus der Zeit vor der Großen Katastrophe enthielten. Ich sah mir ein paar

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