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Das Ende der Welt (German Edition)

Das Ende der Welt (German Edition)

Titel: Das Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Höra
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Erlaubnis zu verlassen? Beweg deinen Arsch auf der Stelle zurück«, schrie er und ging drohend auf mich zu. Ich machte, dass ich zurückkam, und hockte trübsinnig vor Leelas Tür, wobei ich mich mit dem Gedanken tröstete, dass mein Auftrag nur ein paar Wochen dauern würde. Außerdem lagen meine Jagd und meine anschließende Beförderung in den nächsten Monaten vor mir. All die Demütigungen würden sich irgendwann bezahlt machen. Mit diesen Gedanken saß ich da und ließ die schwarzen Wolken vorüberziehen.

11
    Zwei Tage saß ich vor Leelas Tür, in denen sie mir lediglich wütende Blicke zuwarf, ohne mit mir zu reden. Am dritten Tag wollte sie das Haus verlassen und schickte mich deshalb zu Reger, um ihn um Erlaubnis zu bitten. Mittlerweile hatte ich rausgefunden, dass die beiden nur über Dritte miteinander sprachen.
    »Nein!«, sagte Reger nur, nachdem ich ihn über Leelas Wunsch informiert hatte. Eine Stunde zuvor hatte es in der Stadt einen Anschlag mit mehreren Toten gegeben.
    »Ich will aber raus«, sagte Leela zornig, nachdem ich die Treppen wieder hochgehastet war und ihr die Botschaft übermittelt hatte.
    »Sie will aber raus«, gab ich an Reger weiter, der mich kalt ansah, den Kopf schüttelte und sagte: »Jetzt nicht.«
    »Jetzt nicht«, gab ich die Antwort atemlos an Leela weiter.
    Sie tobte und schickte mich wieder runter. Ich wollte mich weigern, aber ich hatte keine Kraft mehr, und so trabte ich erneut los.
    »Sie besteht darauf«, sagte ich atemlos zu Reger. Diesmal begleitete er mich und stand neben mir, während ich seine Antwort runterleierte.
    »Er besteht darauf, dass du hierbleibst«, sagte ich zu Leela und nickte mit dem Kopf in Regers Richtung.
    Als er sich wortlos umdrehte und verschwand, rief Leela hinter ihm her: »Ich werde mich bei meinem Vater über dich beschweren.«
    An Reger perlte das ab, als sei er mit Fett eingerieben. Er war dumpf bis zur Selbstaufgabe und erinnerte mich immer mehr an ein Tier.
    »Der Kerl ist doch dämlich wie eine tote Ratte«, sagte ich zu Leela und lachte.
    »Wenn du das noch mal sagst, werde ich es Reger verraten«, sagte sie und knallte mir ihre Tür vor der Nase zu.
    »Verdammtes Biest«, murmelte ich und setzte mich wieder auf meinen Hocker.
    Leelas Zimmer durfte ich nicht betreten. »Ich will nicht, dass ihr mit euren schmutzigen Stiefeln alles dreckig macht«, hatte sie gesagt. Dabei sah ihr Zimmer aus, als hätte sich dort jemand in die Luft gesprengt. Ihre Sachen waren auf dem Boden, auf dem Bett, auf dem Tisch, auf den Stühlen verstreut. Kleidung, Schuhe, Handtücher, Kissen, Papiere, Stifte, Landkarten. Und dazwischen immer wieder Bücher. Bücher, die aussahen, als würde oft in ihnen gelesen. Sönn mochte keine Bücher: »Papier ist tot.« Und noch viel weniger mochte er Soldaten, die Bücher lasen. »Das verdirbt euch nur. Ihr müsst euren Instinkt schärfen, und lesen verweichlicht ihn.«
    Nur Wolf las, und der war auch wirklich ein bisschen seltsam. Trotzdem zog ich nach Dienstschluss oft mit ihm los. Wir aßen für gewöhnlich in einer Garküche am Straßenrand, um uns dann eine Hinrichtung anzusehen, die fast täglich auf dem Senatsplatz stattfand.
    Dann streunten wir weiter, begleitet vom unablässigen Gequäke der Lautsprecher. Ständig mussten wir Umwege machen, weil sich wieder jemand in die Luft gesprengt hatte. Einmal sah ich ein abgerissenes Bein in einem Baum hängen, an dessen Fuß ein Schuh baumelte, der bald wie eine überreife Frucht zu Boden plumpste.
    Mit Wolf wagte ich mich auch in die Stadtviertel der Zefs, wo wir die verbotenen Kämpfe besuchten, die in engen und dunklen Hinterhöfen stattfanden. Die Frauen- und Kinderkämpfe waren besonders spaßig, weil sie nicht kämpfen konnten und nur voreinander wegliefen. Bei einer dieser Veranstaltungen gerieten wir in eine Razzia.
    Da wir uns als Angehörige von Amandus’ Sicherheitstruppe nicht in diesen Stadtvierteln aufhalten durften, flüchteten wir mit den anderen Zuschauern und versteckten uns stundenlang zwischen den dicht an dicht stehenden Wellblechhütten, die wie Inseln von stinkenden, schäumenden Rinnsalen umflossen waren. In dem Gestank verloren die Bluthunde unsere Spur. Dafür rochen unsere Uniformen, als hätten wir sie in einer Jauchegrube gewaschen.
    Bei unserer Rückkehr bekamen wir Ärger mit Reger, weil wir die Ausgangssperre, die wegen der nächtlichen Plünderungen erlassen worden war, nicht eingehalten hatten.
    »Meine Güte, stinkst du«, sagte Leela

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