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Das Ende der Welt (German Edition)

Das Ende der Welt (German Edition)

Titel: Das Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Höra
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die ich uns bahnte, als ich plötzlich hinter mir ein Röcheln hörte und herumwirbelte. Leela krümmte sich und gab merkwürdige Geräusche von sich.
    »Was ist passiert?«, fragte ich erschrocken und sah mich hastig um, konnte aber nichts Auffälliges entdecken. War sie von einem giftigen Insekt gestochen worden? Von einer Schlange gebissen? Leela krümmte sich, ihre Schultern zuckten.
    »Leela«, sagte ich vorsichtig und tippte ihr auf die Schulter. Sie richtete sich auf und lachte mir ins Gesicht.
    »Verdammt«, zischte ich durch die Zähne. »Was soll das?«
    »Sieh uns doch mal an«, prustete sie los. »Zwei als Zefs verkleidete Idioten, die im Wald rumirren.«
    Ich konnte daran nichts Witziges entdecken und ging weiter.
    Abrupt hörte sie auf zu lachen. »Findest du das nicht komisch?«
    »Ich wüsste nicht, was daran komisch sein soll«, antwortete ich ohne stehen zu bleiben.
    Leela hastete hinter mir her.
    »Den Humor haben sie euch bei der Armee wohl abgewöhnt, was?«, fragte sie.
    Ich blieb stehen und drehte mich langsam zu ihr um. »So ist es. Mit dem Stock, mit Gürteln, mit Stuhlbeinen oder was auch immer zur Hand war.«
    »Tut mir leid«, sagte sie zerknirscht.
    »Aber es hat mich abgehärtet und auf diese Welt vorbereitet. Und wenn ich einmal einen Sohn habe, werde ich ihn auf dieselbe Weise erziehen.«
    »Bei uns gibt es das nicht«, sagte Leela. »Niemals würden Eltern ihre Kinder schlagen, das ist brutal und unmenschlich.«
    »Deswegen seid ihr auch so verweichlicht«, knurrte ich, worauf sie mich wütend ansah. »In deiner Welt kommst du vielleicht klar, aber ich bezweifle, dass du hier draußen lange durchhältst«, sagte ich und ließ sie stehen. Langsam war es mir egal, ob sie mitkam oder nicht. Sollte sie doch bei ihrem Freund Adam bleiben. Sönn hatte mich gelehrt, überflüssigen Ballast abzuwerfen und mich auf das Nötigste zu beschränken, und das bezog sich auch auf Menschen. Ich hörte ihre Schritte hinter mir.
    »Täusch dich nicht in mir«, murmelte sie.
    »Wie du schon gehst«, schimpfte ich. »Man kann dich kilometerweit hören. Du krachst durchs Unterholz wie ein Wildschwein auf der Suche nach Nahrung.«
    Sie schwieg beleidigt. Was sollte sie auch sagen? Das hier war meine Welt. Wortlos marschierten wir weiter, bis Leela vorschlug, eine Pause zu machen. Ich trieb sie an, weiterzulaufen, doch als ich sah, wie sie die Zähne zusammenbiss, gab ich nach und suchte uns eine kleine, moosbedeckte Lichtung, wo wir das Essen auspackten. Ich aß einen Muschnik, Leela die Froscheier. Wir kauten eine Weile schweigend, bis sie sagte: »Hier, probier mal«, und mir die Dose hinhielt.
    »So was esse ich nicht.«
    »Koste wenigstens mal.«
    Widerwillig nahm ich sie, roch daran, steckte einen Finger rein und leckte die winzigen Eier ab.
    »Ist ja ekelhaft«, rief ich und spuckte aus. Wortlos zog ich mein Messer und stapfte ins Unterholz. Leela rief hinter mir her, aber ich gab ihr keine Antwort. Nach ein paar Metern wurde ich fündig. Am Stamm eines Nadelbaumes wucherte eine gelbe Geschwulst, die ich mit dem Messer abschnitt.
    »Was ist das denn?«, wollte sie wissen.
    »Hexenbutter«, sagte ich.
    Sie sah mich fragend an.
    »Das ist ein Schleimpilz. Er ist zwar nicht wirklich genießbar, aber kombiniert mit etwas Moos oder ein paar Käfern geht’s.«
    »Wusste ich es doch«, sagte Leela boshaft und nannte mich einen Naturburschen, was für sie die schlimmste Form der Beleidigung zu sein schien. Sie steckte sich einen Finger in den Hals und tat, als müsse sie sich übergeben.
    »Du wirst dich schon daran gewöhnen«, sagte ich. »Irgendwann werden deine Froschdosen zu Ende sein.«
    Leela streckte sich aus. »Lieber verhungere ich«, murrte sie und schloss die Augen.
    »Wir müssen weiter«, ermahnte ich sie.
    »Mhm!«, brummte Leela, machte aber keinerlei Anstalten, aufzustehen.
    Etwas ausruhen können wir uns schon, dachte ich, streckte mich neben ihr aus und war im Nu eingeschlafen. Ich wurde wach, weil Leela mich rüttelte. Es dämmerte bereits. »Hast du das gehört?«, flüsterte sie.
    »Was denn?«, flüsterte ich zurück, aber da hörte ich es ebenfalls. Ein Knurren drang, nicht weit von uns entfernt, durch das Halbdunkel. Meine Sinne waren sofort aufs Äußerste geschärft. Sönn hatte uns alles über den Wald beigebracht, auch über seine Bewohner. Ich kannte die verschiedenen Käfer, Vögel, Wildschweine, Wölfe und Füchse. Dann gab es natürlich noch jede Menge Tiere, die früher in

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