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Das Ende der Welt (German Edition)

Das Ende der Welt (German Edition)

Titel: Das Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Höra
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vor.«
    Anschließend schoben sie mir auch noch Regers Ermordung in die Schuhe. Aber das machte jetzt auch nichts mehr aus.
    Leela ballte die Hände zu Fäusten. »Wenn sie meinem Vater ein Haar krümmen, bringe ich sie um«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
    Ich wollte ihr etwas Tröstendes sagen, aber mir fiel nichts ein. »Wir müssen aus Berlin verschwinden«, sagte ich stattdessen. »Deine Verwandten werden ebenfalls unter Hausarrest stehen.«
    Leela nickte traurig.
    »Wir könnten auf dem Land abwarten, bis sich die Lage beruhigt hat. Dein Vater kommt bestimmt bald frei, und dann wird sich alles aufklären. Da wäre nur ein Problem.« Ich machte eine Pause. »Wie kommen wir ohne Passierscheine aus der Stadt?«
    »Über geheime Wege«, sagte Leela. »Schmugglerrouten.«
    »Woher kennst du die?«, fragte ich.
    Ihre Augen leuchteten abenteuerlustig, und sie zuckte mehrdeutig mit den Schultern.
    »Dann los«, schlug ich vor.
    Wir sprangen auf eine Pferdebahn und stiegen an einer Haltestelle namens Ha…sch… Markt oder so ähnlich aus. Das Straßenschild war voller Einschusslöcher, so dass der Name nicht mehr zu erkennen war. Von da aus schlugen wir uns über Hinterhöfe und Ruinen zu einem winzigen Platz durch, wo wir uns in einem Hauseingang versteckten.
    Leela zeigte auf einen U-Bahn-Eingang, der in die Tiefe führte. Ich sah sie fragend an, bis es mir dämmerte.
    »Moment mal, du erwartest doch nicht, dass ich da runtersteige.«
    Sie nickte.
    »Niemals«, sagte ich. »Jeder weiß doch, dass da unten Mutanten hausen, die …«
    »… sich von Menschenfleisch ernähren«, vervollständigte Leela meinen Satz. »Kjell, das sind nur Märchen, die Eltern ihren Kindern erzählen.«
    Sie ging auf die Treppe zum U-Bahn-Schacht zu.
    »Nun komm schon«, forderte sie mich auf. »Oder hast du Angst?«
    »Blödsinn!«, rief ich eine Spur zu schrill. »Ich habe nur nicht die nötigen Waffen, um Mutanten zu jagen.«
    Leela grinste. »Keine Angst, die tun einem nichts, wenn man sie in Ruhe lässt. Und dich mögen sie ganz bestimmt nicht. Sie sind sehr wählerisch.«
    »Ha!«, machte ich. Und bevor ich noch etwas sagen konnte, war Leela die Treppe hinuntergelaufen, so dass mir nichts anderes übrigblieb, als ihr zu folgen.
    Der Zugang zum Bahnsteig war mit einem Metallgitter versperrt, hinter dem sich Möbel und Schutt zu einer undurchdringlichen Wand auftürmten.
    »Da kommen wir nie rein«, sagte ich erleichtert.
    »Wart’s ab«, erwiderte Leela und machte sich an dem Gitter zu schaffen. Nach einer Weile hatte sie ein Viereck ausgehakt, groß genug für einen Menschen.
    »Soldaten zuerst«, sagte sie und zeigte auf die Öffnung.
    »Geh du«, gab ich zurück.
    Sie schlüpfte auf die andere Seite und begann sich durch den Gerümpelhaufen zu wühlen, bis sie merkte, dass ich ihr nicht folgte.
    »Wo bleibst du denn?«
    Wir sahen uns durch das Gitter hinweg an.
    »Es gibt hier nichts, wovor man sich fürchten muss«, sagte Leela.
    »Ich fürchte mich nicht«, sagte ich verärgert. »Aber das sieht nicht so aus, als ob wir hier weit kommen würden.«
    Sie lachte. »Doch, wenn man den richtigen Weg kennt.
    Nun komm schon.«
    Widerwillig zwängte ich mich durch die Öffnung und ging hinter ihr her. In unregelmäßigen Abständen baumelten nackte Glühbirnen an der Decke und tauchten den Gang in ein fahles Licht. Nachdem wir ein paar Mal abgebogen waren, fiel mir auf, dass die Schutthaufen einem System folgten, sie waren zu einem Labyrinth aufgetürmt.
    Einmal landeten wir in einer Sackgasse und mussten ein Stück zurück. Dann kamen wir dreimal an demselben modrigen Schrank vorbei, um am Ende hindurchzugehen, denn er führte zu einem weiteren Gang. Je tiefer wir eindrangen, desto kälter wurde es. Die Luft roch modrig.
    »Wir haben es gleich geschafft«, sagte Leela.
    Dann betraten wir den langen, sanft geschwungenen Bahnsteig, dessen Wände mit gesprungenen grauen Fliesen beklebt waren. Zu meiner Überraschung war der Ort mit Fackeln erleuchtet.
    »Lass uns umdrehen, hier ist jemand«, flüsterte ich.
    »Das hoffe ich sehr«, gab Leela zurück und zog mich weiter.
    Auf einem Gleis, halb im Tunnel verborgen, stand tatsächlich eine U-Bahn. Sie musste einmal gelb gewesen sein, jetzt war die Farbe unter dem Rost nur noch zu erahnen. Ich hätte nie gedacht, mal eine U-Bahn zu sehen. Sönn hatte uns davon erzählt, aber ich hatte es mir nie richtig vorstellen können. Hatten sich wirklich Menschen in diese Maschinen gezwängt

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