Das Ende der Welt (German Edition)
Bis mir eines Tages auffiel, dass wir Soldaten uns auch nur über die Armee unterhalten hatten.
Waren Leela und ich nicht in der Fabrik oder im Gemeindehaus, schliefen wir in unserer Hütte. Anfangs hatten wir noch versucht, sie etwas wohnlicher zu gestalten, es aber bald aufgegeben. Es war sinnlos. Das Haus war so verrottet, dass es besser gewesen wäre, es abzubrennen.
25
Eines Morgens wimmelte es in der Siedlung von Soldaten. Leela und ich verbarrikadierten die Tür und warteten mit klopfenden Herzen. Als niemand erschien, um uns festzunehmen, war klar, dass die Soldaten nicht unseretwegen in der Siedlung waren. Wir beschlossen, zur Arbeit zu gehen, um keinen Verdacht zu erregen, und als eine Gruppe Zefs auf dem Weg in die Fabrik an unserer Hütte vorbeimarschierte, schlüpften wir raus und tauchten in ihrer Mitte unter. Die Soldaten beachteten uns nicht, und so kamen wir ohne aufzufallen in der Fabrik an, wo Leela und ich vereinbarten, uns in der Pause in den Waschräumen zu treffen.
Meine Arbeit verrichtete ich gedankenlos, und mehrmals musste ich fehlerhafte Teile wegwerfen. Für jedes bekam man einen Lohnabzug, aber das war jetzt auch egal. Ich fieberte der Pause entgegen, und als die Pfeife ertönte, ließ ich meine Bürste fallen und eilte zu den Waschräumen, wo Leela schon auf mich wartete.
»Wir sollten abhauen«, schlug ich vor, doch Leela war dagegen. »Das würde auffallen. Wir verhalten uns ganz normal. Wichtig ist, dass wir bei unserer Geschichte bleiben.«
Wir sprachen noch einmal alle Punkte unserer erfundenen Flucht durch, als sich die Tür langsam öffnete. Ich legte den Finger an die Lippen und zog Leela in eine Toilettenkabine. Jemand ging leise von Tür zu Tür. Ich griff nach der Klobürste und hielt sie abwehrbereit in der Hand. Als der Unbekannte unsere Tür langsam aufdrückte, stieß ich ihm die Klobürste ins Gesicht.
»Igitt!«, schrie Roger. »Das ist ja ekelhaft!« Er wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht. »Du spinnst wohl«, rief er empört.
»Was schnüffelst du uns denn nach?«, herrschte ich ihn an. Leela unterdrückte ein Lachen.
»Ich habe euch hier verschwinden sehen. Außerdem sucht Maras nach euch.«
»Was will er denn?«, fragte Leela, worauf Roger mit den Schultern zuckte.
Zurück an meinem Arbeitsplatz, sah ich Maras im Gespräch mit Clemens. Hin und wieder beobachteten sie mich. Nach einer Weile kam Maras zu mir rüber.
»Wie geht’s, Knips?«, fragte er, nachdem er mir eine Weile schweigend zugesehen hatte. Sein eisengraues Haar glänzte ölig. »Und die Arbeit? Alles klar?«
Ich nickte und hoffte, er würde verschwinden. »Du warst in der Pause nicht im Frühstücksraum.«
Mein Herz klopfte wie wild, äußerlich blieb ich jedoch ruhig.
»Ich war spazieren«, sagte ich.
»Das ist etwas ungewöhnlich, findest du nicht auch?«, fragte Maras scheinheilig. »Man könnte meinen, die Arbeit ist anstrengend genug, da muss man in seiner freien Zeit nicht noch rumlaufen.«
»Ich brauchte frische Luft«, erklärte ich.
»Zusammen mit deiner Schwester, ja? Brauchte die auch frische Luft?«
Ich nickte.
»Ich habe meine Schäfchen gern beisammen«, sagte er nachdenklich. »Nächstes Mal meldest du dich ab, verstanden?«
Ich nickte wieder.
»Du weißt, warum die Soldaten da sind, nicht wahr?«, wechselte er das Thema.
Ich war kurz davor, ihm meine Stahlbürste über den Kopf zu hauen. »Nein«, sagte ich.
»Zu eurem Schutz«, meinte Maras. »Sie schützen euch vor Terroristen und Saboteuren.«
»Mhm!«, machte ich und stellte mich dumm: »Dann ist es gut, dass sie da sind.«
»Außerdem wollen sie verhindern, dass vielleicht ein Funke in eure strohdummen Köpfe fliegt und ein Feuer entfacht und euch auf merkwürdige Gedanken bringt.«
Ich sah ihn fragend an. »Das verstehe ich nicht.«
»Wirklich?«, erwiderte Maras. »Ich glaube, dass du dich dümmer stellst, als du bist. Ich sehe es, wenn jemand wache Augen hat.«
Ich tat, als hätte ich ihn nicht verstanden, und bürstete sinnlos an einem Metallstück rum in der Hoffnung, Maras würde endlich verschwinden.
»Ihr seid doch viel herumgekommen, du und deine Schwester«, fing er wieder an. »Habt ihr da nicht jemanden getroffen? Einen Jungen in Begleitung eines Mädchens, etwa in eurem Alter?«
Ich verneinte.
»Aber du weißt, wen ich meine?«
Es hatte keinen Sinn, sich länger dumm zu stellen.
»Ja, das ganze Land sucht sie. Ein ehemaliger Soldat und die Tochter des Kanzlers.«
»Und wenn
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