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Das Ende der Welt (German Edition)

Das Ende der Welt (German Edition)

Titel: Das Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Höra
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»Vielleicht wollte sie dich nur in Sicherheit wiegen.«
    »Sie hätte mich längst verraten können«, beruhigte ich Leela. »Sie kann uns helfen, aus der Stadt zu kommen.«
    Als oben eine Tür klappte, verließen wir das Haus. Der Regen hatte nachgelassen, und die Straßen waren wieder voller.
    »Wieso trägst du eigentlich eine Uniform? Da lässt man dich mal für ein paar Stunden aus den Augen, und du wechselst die Seiten«, sagte Leela. Ich lachte. Ich war so froh, sie wiederzuhaben.
    »Du Idiot«, sagte sie. »Nur wegen diesem blöden Plakat. Ich habe dir gesagt: Schmeiß es weg.«
    Ich grinste. Sie schimpfte noch ein bisschen und sagte dann lachend: »Ich bin vor Sorge um Jahre gealtert, ich habe bestimmt Falten bekommen.«
    »Dann könntest du dich in Zukunft als meine Mutter ausgeben«, sagte ich und wich lachend ihrem Schlag aus.

33
    Wir standen am Fenster und spähten durch die kaputten Jalousien. Abgesehen von ein paar Militärfahrzeugen, die hin und wieder vorbeijagten, war es ruhig auf der Straße. Der Wind trieb eine Zeitung über das Pflaster. Gegenüber von unserem Versteck war eine große Ruine. Die Kuppel war eingestürzt, und das Gebäude sah aus wie ein Mensch, dem der Hut ins Gesicht geweht war. Auf dem Platz davor stapelten sich ausgebrannte Autowracks zu wackligen Türmen.
    »Wäre es nicht toll, wenn wir eins zum Laufen bringen könnten? Wir wären viel schneller«, sagte Leela.
    »Außer der Armee hat niemand Autos«, sagte ich.
    »Im Süden soll es Reiche geben, die Autos fahren«, sagte Leela triumphierend.
    »Das glaube ich nicht«, wandte ich ein.
    Langsam bekamen wir Hunger. Unsere Vorräte waren so gut wie aufgebraucht, nur ein bisschen Zwieback, mit dem uns die Müllmenschen versorgt hatten, fand sich noch in unseren Taschen.
    Die Nacht war längst hereingebrochen, doch von Astrid keine Spur.
    »Glaubst du, sie wird noch kommen?«, fragte Leela.
    »Das wird sie«, beruhigte ich Leela. Seltsamerweise traute ich Astrid.
    Wir bauten uns ein Lager auf den mottenzerfressenen Teppichen und schliefen erschöpft ein. Mitten in der Nacht wachte ich von einem Geräusch auf und lauschte in die Dunkelheit. Ratten! Für den Rest der Nacht machte ich kein Auge mehr zu. Hungrige Ratten fielen in ihrer Gier auch Menschen an.
    Erst als das Morgenlicht farblos durch die zersplitterte Jalousie fiel, schlief ich ein, nur um kurz darauf wieder hochzuschrecken, denn jemand stand plötzlich im Raum: Astrid und ein junger Mann in Uniform.
    »Ich hatte schon befürchtet, dass du weg bist«, sagte sie. »Es tut mir leid, dass ich nicht früher gekommen bin, aber die Armee hat eine nächtliche Ausgangssperre erlassen. Die ganze Stadt jagt euch.«
    Leela wurde wach, wischte sich mit beiden Händen über das Gesicht und starrte Astrid an, die genauso feindselig zurückstarrte. Es war klar, dass sie sich nicht ausstehen konnten.
    »Hast du sie etwa doch gesucht?«, fragte Astrid kalt und deutete auf Leela. »Ich hatte dich doch gebeten, damit zu warten.«
    »Er hat mich gesucht und gefunden. Hast du etwas dagegen?«, erwiderte Leela an meiner Stelle.
    Statt einer Antwort schüttelte Astrid missbilligend den Kopf.
    »Das war ziemlich dumm. Ihr habt Glück gehabt, dass sie euch nicht erwischt haben«, sagte Astrids Begleiter.
    »Das ist Tomasz«, stellte sie ihn uns vor. »Wir beide führen die Gruppe an.«
    Tomasz nickte uns zu. Er wirkte genauso ernst wie Astrid. »Im Rundfunk und über die Lautsprecher geben sie ständig eure Beschreibung durch. Wir gehen ein großes Risiko euretwegen ein. Ich hoffe, ihr seid es wert«, sagte er.
    Ich starrte ihn an. Er gefiel mir nicht.
    »Wir werden euch jetzt in Sicherheit bringen«, sagte Astrid.
    Im Erdgeschoss stand ein Handwagen, bis oben hin mit duftendem Schwarzbrot gefüllt. Leela und ich stürzten uns gleichzeitig darauf, rissen große Stücke ab, kauten und schluckten, während Astrid und Tomasz uns ausdruckslos zusahen.
    »Ihr versteckt euch unter den Broten«, sagte Tomasz.
    »Wir versorgen damit die Posten, deswegen werdet ihr eine Weile in dem Wagen verbringen müssen«, fügte Astrid hinzu.
    »Und wo bringt ihr uns hin?«, fragte ich mit vollem Mund.
    »In unser Versteck«, antwortete Tomasz.
    »Aber wir wollen raus aus der Stadt«, wandte Leela ein.
    »Das ist noch zu gefährlich«, erklärte Tomasz mit Nachdruck, als würde er mit einem ungezogenen Kind reden. »Ihr müsst ein paar Tage warten, bis sich die Lage etwas beruhigt hat.«
    Leela und ich stiegen in

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