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Das Ende der Welt

Das Ende der Welt

Titel: Das Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gran
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ich ihn darauf hin, dass sein Haus schätzungsweise eine Milliarde Dollar wert war und es ihm freistand, in eine Gegend ohne mexikanische Raver umzuziehen, falls er das wollte.
    »Aber Sie wussten, dass es ein Schuss war?«, fragte ich.
    »Nun ja«, sagte er, »so etwas weiß man, wenn man lange genug hier wohnt. Sie wissen schon, die Mexikaner.«
    »Und die Salvadorianer«, fügte ich hinzu. »Ich glaube, manche von denen kommen sogar aus Guatemala.«
    »Genau«, sagte er.
    »Und dann sind Sie rübergegangen?«, fragte ich.
    Er nickte. »Ich weiß auch nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Was hätte ich getan, falls man auf mich geschossen hätte? Aber ich bin trotzdem rüber, habe nichts Auffälliges bemerkt und die Polizei gerufen.«
    Die langweiligste Geschichte der Welt.
    Ich stand in der Kälte und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich stand im Nebel des Kali Yuga. Paul hatte etwas Besseres verdient. Einen spektakulären Raub, einen Juwelencoup, die Ermordung durch einen irren Fan. Paul hätte es verdient gehabt, bei einem Duell umzukommen, einen Abhang im Himalaya hinunterzurollen, in der Serengeti von Wildkatzen zerfleischt zu werden. Stattdessen hatte es irgendein Arschloch auf seine Gitarren abgesehen, ihn erschossen und die Instrumente eingepackt. Paul hätte bei einem illegalen Straßenrennen in einem Lamborghini umkommen, von einer Baronin vergiftet, im Wintergarten mit dem Leuchter erschlagen werden sollen.
    Oder er hätte weiterleben können, für weitere vierzig, fünfzig Jahre.
    »Diese Gegend«, seufzte Freddie. »Ich weiß auch nicht, was hier los ist.«
    Dich hätte es erwischen sollen,
dachte ich, aber ich schwieg.
Du hättest sterben sollen, und Paul weiterleben.
    »Vielleicht ziehen die Mexikaner ja irgendwann weg«, sagte ich, »zurück nach Spanien.«
    »Vielleicht«, sagte er, »aber ich glaube es nicht. Ich glaube, denen gefällt es hier.«
    Ich betrachtete Pauls Haus. Vor der Tür stapelten sich Telefonbücher und Werbezettel.
    Vielleicht zogen die Mexikaner tatsächlich weg, dann hätte Freddie die Scheißgegend für sich allein. Vielleicht würden alle wegziehen oder sterben, vielleicht würden sie endlich einsehen, dass das Leben genau so trist und furchtbar war, wie Freddie behauptete. Es würde zu einem Massenselbstmord kommen, und dann hätte Freddie die ganze Welt für sich allein.
    Freddie und ich standen auf der Veranda und starrten in den Nebel des Kali Yuga.
    »Die Rätsel hören nie auf«, schrieb Silette. »Wir lösen sie trotzdem, klären nichts auf und alles. Wir lösen sie, obwohl wir wissen, dass die Welt danach nicht besser dran ist, vielleicht sogar schlechter. Aber es ist das Stückchen Leben, das zu gestalten uns gegeben ist, nichts anderes; und obwohl wir immer wieder nach dem
Warum
fragen, hat bislang noch keiner eine Antwort bekommen.«

[home]
    17
    N ach vierzig Tagen tauchte Pauls Bronco bei einer Abschleppfirma in Oakland auf. Ich durfte den Wagen nicht in Augenschein nehmen. Ich hatte vergeblich danach gesucht. Lydia war in den ersten drei Wochen kaum in der Lage gewesen, das Bett zu verlassen, und hatte sich nicht darum gekümmert. Die meiste Zeit verbrachte sie jetzt in Pauls Haus am Bohemian Highway, oben im Sonoma County. Ich nahm es ihr nicht übel. Wer wollte schon am Tatort eines Mordes wohnen. Ich hatte sie ein paarmal angerufen, aber sie war nicht zum Sprechen aufgelegt. Auch das nahm ich ihr nicht übel.
    Den Wagen hatte man nur Stunden nach Pauls Tod am frühen Morgen auf der Bay Bridge gefunden. Aber das Straßenverkehrsamt war und blieb eine Behörde; und weil Lydia die Post liegen ließ, war keiner auf das Naheliegende gekommen. Ich hatte beim Abschleppdienst nachgefragt und die Ermittler ebenfalls, aber manchmal spielte das Leben einfach verrückt.
    »Es lag an der Lichtmaschine«, sagte mir Ramirez am Telefon. Ich war zu Hause. Ich hatte es viermal vergeblich versucht und ihn dann ausgetrickst, indem ich von einem anderen Telefon anrief, einem billigen Prepaid-Handy. »Wahrscheinlich ist er gefahren, hat die Kontrolle über den Wagen verloren und Angst bekommen. Er hat auf dem Seitenstreifen angehalten und per Handy Hilfe gerufen, oder er hat ein vorbeifahrendes Auto oder einen Streifenwagen gestoppt.«
    Ich war zu Hause. Während ich mit Ramirez telefonierte, spürte ich ein Druckgefühl auf der Brust und machte mich sofort auf die Suche nach dem Koksbeutelchen von Tabitha. Ich kratzte einen Rest mit einem Schlüssel heraus.
    In jener

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