Das Ende der Weltraumstadt
himmelhoch, bis es bald so aussah, als würde sie in absehbarer Zeit die absolute Kontrolle über Herstellung und Absatz in der Hand haben.
Dreißig Tage nach der Umstellung blieben die Räder stehen. Die Industrie war am Ende. Es gab keine Aufträge mehr. Die Fabriken wurden stillgelegt.
Keg Johnson blickte auf, als Linna eintrat. Sie war sichtlich erregt. »Sieh dir das an!« sagte sie und warf ein Brillantarmband auf den Schreibtisch.
Keg betrachtete es. »Sieht gut aus«, sagte er, »wie das Original. Was stimmt denn nicht damit?«
»Das könnte ich nicht sagen«, fauchte seine Frau. »Es gefällt mir nur nicht, daß meine Zofe genau das gleiche trägt!«
Keg lachte. »Ich habe es dir ja prophezeit.«
»Wohin soll das führen? Wenn sich ein Hausmädchen ein Brillantarmband wie dieses leisten kann, wird sie nicht mehr lange für mich arbeiten wollen.«
»Damit hast du wahrscheinlich recht. Ich würde an deiner Stelle von jetzt ab besonders nett zu ihr sein.«
»Was? Zu einem Dienstboten?«
»Hör zu, Linna, du mußt den Tatsachen ins Auge sehen. Ich bin überzeugt, daß es nicht mehr lange dauern wird, bis die Menschen in goldenen Betten schlafen und aus reinem Platingeschirr essen, ehe die Hysterie wieder abklingt. Die Wirtschaft ist im Eimer, Linna, und wir versuchen, sie wieder herauszuholen und funktionsfähig zu machen.«
»Worauf steuert die Welt nur zu?«
»Die Frage ist, wohin sie gekommen ist. Meine Techniker sagen mir, daß der Wert der Metalle nach ihrer Atomzahl eingestuft wird. Uran ist teurer als Lithium, weil der Umwandlungsfaktor größer ist. Es gehört ein wenig mehr Energie und Materie dazu, Uran zu kopieren als Lithium. Infolgedessen wird Uran mehr kosten.«
»Kannst du mir nicht Uranschmuck besorgen, nachdem mein alter jetzt so gut wie wertlos ist?«
»Du darfst nicht vergessen, daß Uran radioaktiv ist und nicht zu nahe an der Haut getragen werden darf. Außerdem ist der Wert nur um ein paar Zehntel eines Prozentes höher als der von Lithium.«
»Und wieviel kostet ein Pfund Uran zur Zeit?«
»In Erddollar etwa siebenundvierzig Millionen sechshundertfünfzigtausenddreihundertsechs.«
»Nimmst du mich auf den Arm?« fragte Linna kühl. »Wie kann Marie sich da leisten …«
»Linna! Dollars sind wertlos, genau wie Aktien, Anleihen und so weiter. Die Interplan hat nicht die geringste Fracht. Und die Relaisstation übermittelt nur private Nachrichten. Sie würde schon längst mit Verlust arbeiten, wäre sie nicht im Raum, wo sie kostenlose Energie von der Sonne beziehen kann.«
»Was ist das Ganze eigentlich?«
»Der Untergang eines Wirtschaftssystems.«
»Aber weshalb, Keg? Was ist eigentlich genau passiert?«
»Channing und Franks haben eine Maschine erfunden, die alles kopieren und vervielfältigen kann.«
»Aber das müßte doch dann bedeuten, daß alle in einer Welt des Überflusses leben können!«
»Richtig. Und deshalb werden viele auch nur noch in Goldbetten schlafen wollen, wie ich schon sagte. Platin wird nicht mehr wert sein als eine Bleiplatte vom selben Gewicht. Verstehst du, Linna, wenn man alles vervielfältigen kann, dann wird doch niemand mehr Geld für etwas nehmen wollen. Weshalb sollte ich meine goldene Uhr für zweihundert Dollar verkaufen, wenn ich mir zweihundert Dollar beschaffen kann, indem ich nur auf einen Knopf drücke? Du verstehst doch, ja?«
»Aber was ist mit Dienstleistungen?«
»Ah, du hast es erfaßt! Ja, da liegt der Hase im Pfeffer. Jemand wird arbeiten müssen!«
»Was können wir denn tun?«
»Linna, ich habe Fabriville gekauft, weil ich die Entwicklung vorhersah. Es gibt etwas, das sich nicht vervielfältigen läßt: Dienstleistungen. Man kann mit den Duplikatoren keine Romane schreiben, nicht komponieren, keine neuen Filme drehen, keine Maschinen instand halten, keinen Blinddarm operieren, und so weiter. Man kann Antiquitäten vervielfältigen, bis sie nicht den geringsten Wert mehr haben. Jeder kann sich einen Rembrandt aufhängen. Die Zeit der Antiquitäten ist vorbei, Linna, und der Trend wird zum Einmaligen sein. Erinnere dich daran, wenn es soweit ist: eines Tages wird es Spezialitätenläden geben, die nur mit Sachen handeln, die garantiert nie kopiert wurden.«
»Aber wenn Dienstleistung so wertvoll ist, wie soll ich mich dann noch zurechtfinden?«
»Indem du ebenfalls dienstleistest«, antwortete Keg ein wenig barsch, »sonst wirst du es schwer haben.«
»Ach nein?«
»Hör zu, Linna. Du bist meine Frau, und als
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