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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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Staatsanleihen oder andere Wertpapiere investieren. Diese haben
     einen Wert, genau wie die übrigen Aktiva der Bank: das Bargeld im Tresor, das Gebäude, in dem die Bank untergebracht ist,
     oder andere materielle Vermögenswerte. Doch diese diversen Posten stellen nur einen kleinen Teil der gesamten Aktiva der Bank
     dar. Außerdem sind sie inaktiv, das heißt, die Bank verdient kaum an ihnen.
    So oder so ähnlich funktioniert also eine Bank. Sie beschafft sich Kapital durch die Ausgabe von Aktien und durch die Aufnahme
     von Fremdmitteln bei diversen Kreditgebern. Diese Passiva verleiht sie weiter und schafft so Aktivposten. Über diese Geldbewegungen
     macht sie Gewinn, weil der Zinssatz, zu dem sie sich das Geld leiht, niedriger ist als der, zu dem sie es weiterverleiht.
     Das ist genau so einfach, wie es klingt, obwohl die Banker uns gerne weismachen wollen, ihr Geschäft sei eine Wissenschaft.
    Doch jetzt kommt der entscheidende Teil. Wie viel ist die Bank wert? Auch das ist ganz einfach. Ihr Wert ist die Differenz
     zwischen dem Wert der Aktiva und dem Wert der Passiva. Anders formuliert ist es der Betrag, um den die Vermögenswerte der
     Bank ihre Verbindlichkeiten übersteigen. Im Bankjargon bezeichnet man diesen Unterschied als das Reinvermögen der Bank, ihr
     »Kapital« oder ihr »Eigenkapital«. Dieses Kapital gehört aber jemandem: den Eigentümern der Bank nämlich, also den Aktionären,
     die ja noch einen Anspruch auf die Vermögenswerte der Bank haben. Das ist nur recht und billig, denn schließlich verdankt
     die Bank ihre Existenz nicht zuletzt diesen Aktionären, die bei ihrer Gründung Geld |231| investiert oder sich bei der Ausgabe weiterer Aktien an der Bank beteiligt haben. In Form von Dividenden erhalten sie einen
     Anteil an allen Gewinnen der Bank und profitieren, wenn der Kurs ihrer Aktien steigt.
    Wie könnte eine solche Bank in einer Finanzkrise in Schwierigkeiten geraten? Bislang haben wir uns vor allem mit dem beschäftigt,
     was auf der Passivseite der Bankbilanz schief gehen kann, wenn Banken kein Geld mehr aufnehmen können oder nur zu exorbitanten
     Zinsen Kredit bekommen. Das passiert, wenn Einleger Angst bekommen und ihr Geld abziehen, wenn andere Banken ihre Kredite
     nicht verlängern wollen oder wenn niemand die Anleihen der Bank kaufen will. In der jüngsten Krise hat die Notenbank ausgeklügelte
     Methoden entwickelt, mit denen sich Banken Geld leihen und ihren Gläubigern versichern können, dass dieses Geld nicht verloren
     ist. Die Regierung sicherte den größten Teil der Passivseite der Bilanz: Sie sicherte Eigentumsansprüche durch Kapitalspritzen,
     garantierte in großem Umfang die Verbindlichkeiten aus Einlagen und verbürgerte unbesicherte Bankanleihen.
    Doch was ist mit der Aktivseite der Bankbilanz? Die Notenbank könnte es den Banken noch so leicht macht, Geld aufzunehmen
     – wenn ihre Aktiva Tag für Tag an Wert verlieren, schwindet auch das Kapital beziehungsweise das Reinvermögen der Banken.
     Wenn die Verbindlichkeiten einer Bank ihre Vermögenswerte übersteigen, fällt das Reinvermögen der Bank auf null. Sie ist insolvent
     oder bankrott.
    Als sich die jüngste Finanzkrise verschlimmerte, verloren auch die Aktivposten in den Bankbilanzen an Wert. Bei diesen Aktiva
     handelte es sich um schlechte Kredite oder forderungsbesicherte Wertpapiere und andere Darlehen. Wenn Hauseigentümer ihre
     Hypotheken nicht bedienen konnten, trafen die Verluste das gesamte System, angefangen von Krediten für Bauunternehmen bis
     hin zu komplexen forderungsbesicherten Wertpapieren. Mit dem Wertverfall dieser Aktivposten schrumpfte auch das verbleibende
     Kapital.
    |232| Aus diesem Grund mussten sich die Banken in den Vereinigten Staaten und Europa mehr Geld beziehungsweise Kapital beschaffen.
     Der erste Weg führte sie dabei mit dem Hut in der Hand zu staatlichen Investitionsfonds, die neue »Vorzugsaktien« erwarben.
     Trotz ihres wohlklingenden Namens sind diese Aktien nicht mit Stimmrechten für ihre Inhaber verbunden. Sie verschaffen ihnen
     lediglich Anspruch auf einen bestimmten Teil der aktuellen und künftigen Gewinne des Unternehmens. Aber es floss Geld in die
     Kassen der Banken, sodass diese vorübergehend wieder auf festeren Füßen standen. Doch der Wert ihrer Aktiva gab weiter nach.
     Die Banken mussten mehr Kapital bei Kapitalbeteiligungsgesellschaften aufnehmen und auch an sie Aktien ausgeben. Doch das
     reichte noch immer nicht. Im Herbst 2008

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