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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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und Schönheit an den ungeordneten Rückzug
     von einem Schlachtfeld, doch am Ende verfehlte sie ihre Wirkung nicht. Der Kapitalismus überlebte. Die Welt wurde von dem
     Schicksal verschont, das besonders stark in Mitleidenschaft gezogene Länder wie Island traf. Die von den Notenbanken, Regierungen
     und Parlamenten getroffenen Maßnahmen sorgten tatsächlich dafür, dass sich ein Ende der Krise abzeichnete. So etwas wie Ruhe
     kehrte auf die Finanzmärkte zurück, und die Volkswirtschaften vieler Länder waren zwar angeschlagen, hatten sich Ende 2009
     aber besser erholt als erwartet. Während es im Jahr zuvor noch so ausgesehen hatte, als ob die Welt untergehen würde, schien
     es jetzt so, als sei man mit knapper Not noch einmal davongekommen.
    Das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass diese Stabilität zu exorbitanten Kosten erkauft wurde. Dank all der Rettungsaktionen,
     Bürgschaften, Konjunkturprogramme und anderen Aufwendungen wird sich die Verschuldung der Vereinigten Staaten gemessen am
     Bruttoinlandsprodukt praktisch verdoppeln, und die Defizite dürften im kommenden Jahrzehnt neun Billionen US-Dollar oder mehr
     betragen. Die Keynesianer reden diese Risiken gern klein und betonen, dass die Vereinigten Staaten auch während des New Deal
     und des Zweiten Weltkriegs riesige Defizite vor sich her geschoben hatten und problemlos tilgen konnten. Ihr Allzeithoch erreichte
     die Staatsverschuldung im Jahr 1946, als sie 122 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachte. 20 Die aktuellen Projektionen weisen dagegen auf einen Schuldenstand von 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in naher Zukunft
     hin, der jedoch noch steigen könnte.
    Dieser Vergleich mag beruhigend wirken, hinkt aber stark. Im Jahr 1946 standen die Vereinigten Staaten auf dem Gipfel ihrer
     Macht. Alle Welt beneidete sie um ihre vom Krieg unversehrte Produktionsbasis, und künftige Konkurrenten wie Japan und Deutschland
     lagen in Trümmern. Die Vereinigten Staaten waren der größte Gläubiger weltweit und durch Leistungsbilanzüberschüsse |242| Nettokreditgeber. Der Dollar hatte sich gerade zur globalen Reservewährung entwickelt. Kein Wunder also, dass die Vereinigten
     Staaten ihre Schulden ohne Weiteres zurückzahlen konnten. Ob das auch heute noch so ist, steht zu bezweifeln. Große Teile
     der Produktionsbasis des Landes haben keine Zukunft. Die Vereinigten Staaten sind zum größten Schuldner der Welt und dank
     ihres hohen Leistungsbilanzdefizits zum Nettokreditnehmer geworden, was nicht zuletzt den Darlehen aus China zu verdanken
     ist, dem Rivalen des 21. Jahrhunderts. Die Vereinigten Staaten sind heute nicht mehr dasselbe Land wie 1946, und es wäre naiv
     zu glauben, dass man allein durch kreditfinanzierte Ausgaben den Fängen der Krise entrinnen könnte.
    Die durch das Krisenmanagement verursachte Haushaltsbelastung ist nur eines von vielen Problemen. An vielen entscheidenden
     Punkten der Krise haben sich Regierungen fürs Abwarten und für Rettungsaktionen entschieden, statt für nachhaltigere Lösungen.
     Die Vereinigten Staaten haben problematische Banken nicht verstaatlicht, sondern ihnen billiges Geld verschafft, ihre Verluste
     gedeckt und sie anderweitig am Leben erhalten. Viele dieser Banken sind und waren insolvent, doch bei ihrer Rettung wurde
     nicht zwischen Spreu und Weizen unterschieden. Es ging um die Stabilisierung des Finanzsystems.
    Dies trifft auch auf die Programme zur Rettung von Häuslebauern, Automobilherstellern und vielen anderen zu, die in der Krise
     von der Großzügigkeit des Staates profitierten. Bislang konnten wir herzlich wenig von der »kreativen Zerstörung« sehen, die
     für Schumpeter ein wesentlicher Faktor für die langfristige Gesundheit des Kapitalismus war. Dass solche notwendigen Anpassungen
     durch Steuersenkungen, Abwrackprämien und Programme zur Stützung des privaten Immobilienmarktes verhindert wurden, wird die
     unvermeidliche Abrechnung nur hinausschieben. Das soll nicht heißen, dass der Höhepunkt einer Finanzkrise der ideale Zeitpunkt
     für eine Gesundschrumpfung ist. Eine solche hätte die Krise womöglich noch verschärft. Doch irgendwann muss sie |243| kommen. Schulden müssen erlassen werden, Banken müssen untergehen, Automobilhersteller müssen Fabriken schließen, und Hausbesitzer
     müssen ausziehen, wenn sie sich ihre Immobilien nicht leisten können.
    In gewisser Hinsicht unterscheidet sich unsere Reaktion auf die Krisensituation gar nicht so sehr von

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