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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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schließlich auch Wirtschaftswissenschaftler und keine Philosophen. Aber betrachten wir nur einmal die Fakten: Bis vor kurzem
     gehörte die Börsenaufsicht der Vereinigten Staaten zu den am schlechtesten bezahlten Behörden. 11 Noch heute verdient kaum ein Mitarbeiter mehr als 100 000 US-Dollar pro Jahr. Es gibt natürlich Grenzen für eine Anhebung
     der Bezüge (schließlich verdient auch der Finanzminister nur rund 200 000 US-Dollar pro Jahr). Doch es ist durchaus angemessen
     zu verlangen, dass Beamte, die für die Stabilität des globalen Finanzsystems verantwortlich sind, mehr verdienen sollten als
     eine Empfangssekretärin bei Goldman Sachs.
    |295| Um dieses Problem zu lösen, haben Reformer verschiedentlich vorgeschlagen, die Vergütung der Regulierer an ihre Leistung zu
     knüpfen. Das heißt, je mehr Geldbußen sie verhängen und je mehr insolvente Banken sie schließen, desto mehr sollten sie verdienen.
     Das mag gut gemeint sein, doch das Missbrauchspotenzial wäre einfach zu groß. Stellen Sie sich nur vor, wie gut eine Polizei
     funktionieren würde, wenn die Beamten nach der Zahl der Verhaftungen oder der verteilten Strafzettel bezahlt würden. Dass
     die Gesetze dann strenger ausgelegt würden, ist keine Frage. Ob es dabei aber auch gerecht und ehrlich zugehen würde, steht
     auf einem anderen Blatt.
    Es gibt sicher bessere Wege, das Personalproblem zu lösen. So sollte unbedingt in die Waagschale geworfen werden, dass der
     Staat etwas bietet, das die Wall Street nicht toppen kann: Arbeitsplatzsicherheit. Angesichts der großen Zahl neuerdings arbeitsloser
     Banker und Händler sollte ein sicheres Arbeitsverhältnis vielleicht gerade in den Jahren nach der Krise seine Reize haben.
     Das gilt vor allem für erfahrene Händler, die vielleicht schon auf den Ruhestand zusteuern. Sie haben bereits alles erlebt,
     und nicht wenige leben jetzt von Sozialhilfe. Warum sollen sie ihre Laufbahn nicht in der Börsenaufsicht oder einer anderen
     Regulierungsbehörde beschließen?
    Damit wollen wir keinesfalls eine Fortsetzung des Bäumchen-wechsel-dich-Spiels anregen, das auf höherer Ebene stattfindet
     und diverse Finanzkonzerne mit dem Establishment der Regulierungsbehörden in Washington verquickt hat. Für diese Praxis ist
     vor allem Goldman Sachs berüchtigt: Drei der letzten CEOs des Unternehmens und zahlreiche Mitarbeiter wechselten in Regierungsämter.
     Dadurch entstand eine Fülle von Interessenkonflikten, denn die ehemaligen Führungskräfte waren eher Verbündete als Aufseher
     ihres früheren Arbeitgebers. Viele kehrten anschließend wieder in den privaten Sektor zurück und nutzten ihre Beziehungen,
     um sich für eine Lockerung der Regulierung einzusetzen. 12
    |296| Das Problem der engen Verschmelzung von Kontrolleuren und Kontrollierten ist so akut wie eh und je. Im Herbst 2009 präsentierte
     die amerikanische Börsenaufsicht beispielsweise einen neuen Leiter für ihre unlängst geschaffene Enforcement-Sparte, der natürlich
     auch Großunternehmen wie Goldman Sachs kontrollieren sollte. Der neue Mann war 29 Jahre alt und konnte als einzige Berufserfahrung
     vorweisen, dass er bei Goldman Sachs bereits eine Führungsposition bekleidet hatte. 13
    Es gibt aber Möglichkeiten, solche Interessenkonflikte zu vermeiden. Zum einen sollten die Lobbyistenaktivitäten ehemaliger,
     vor allem hochrangiger Regierungsbeamter stark eingeschränkt werden. Dank der von Präsident Obama Anfang 2009 eingeleiteten
     Reformen dürfen sich frühere Staatsdiener zwei Jahre lang nicht als Lobbyisten betätigen. 14 Das ist ein erster Schritt, doch die Frist sollte auf vier oder fünf oder sogar mehr Jahre ausgedehnt werden.
    Außerdem muss die Lobbytätigkeit der Finanzindustrie beschnitten werden. Das wird nicht einfach, denn Politiker schmarotzen
     im Finanzsektor aus dem einfachen Grund, den schon Bankräuber Willie Sutton einst anführte: »Weil dort das Geld ist.« Sie
     schirmen das Finanzsystem vor der staatlichen Aufsicht ab und verweigern den Behörden die nötigen Steuermittel, die diese
     brauchen, um Vorschriften durchzusetzen. Im Gegenzug schießen die Finanzunternehmen politischen Kandidaten enorme Summen zu,
     allein 2008 rund 311 Millionen US-Dollar. 15
    Das zu unterbinden erfordert einen politischen Willen, der kaum vorhanden ist, wie man an den Geschehnissen des Jahres 2009
     leicht erkennen kann. Im Verlauf des Jahres gaben viele der mit staatlichen Mitteln geretteten Finanzunternehmen zig

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