Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft
regionalen und landesweit zugelassenen Finanzunternehmen in ihrem Zuständigkeitsgebiet. Manche Bundesstaaten haben sogar eine
eigene Börsenaufsicht sowie Regulierungsstellen für Genossenschaftsbanken. All diese Behörden unterscheiden sich erheblich
hinsichtlich ihrer Finanzierung, ihrer Erfahrung und der Vorschriften, die sie umsetzen sollen.
Den Überbau dieser dezentralen Struktur bildet die bundesweite Regulierung, die manchmal eine übergeordnete Stellung einnimmt
und in anderen Fällen die Verantwortung mit den bundesstaatlichen Organen teilt. Die Anzahl nationaler Regulierungsstellen
ist überwältigend. Dazu gehören unter anderem die Bankenaufsicht, die Federal Reserve, die Warenterminhandelskommission und
viele andere mehr, deren Verantwortungsbereiche sich häufig überschneiden. Als wäre die Verwirrung noch nicht groß genug,
gibt es obendrein noch mehrere staatlich zugelassene private Aufsichtsorgane, die staatliche Stellen beraten, Vorschriften
für Finanzunternehmen festlegen und ihre Mitglieder überwachen. Ein Beispiel dafür ist das für die Formulierung von Bilanzierungsstandards
zuständige Financial Accounting Standards Board (FASB).
Wozu dieser Flickenteppich? Ein Teil ist dem Föderalismus der Vereinigten Staaten geschuldet, der Befugnisse zwischen den
Bundesstaaten und der Landesregierung aufteilt. Ein Teil geht noch auf den New Deal zurück, der die Aufgaben des Staates radikal
ausweitete und auf Unmengen verschiedener Institutionen verteilte. Die Lücken und Mängel dieses Systems haben mit der Entstehung
neuer Finanzunternehmen und -instrumente nur noch zugenommen. Verschiedene »Reformen« zur Deregulierung des Finanzsystems
haben in den letzten Jahren neue Lücken gerissen.
|289| Dessen ungeachtet sprechen sich viele Politiker für dieses mehrschichtige Regulierungssystem aus. Dahinter steht der Gedanke,
dass durch diesen »Wettbewerb« zwischen Regulierungsorganen die bestmögliche Regulierung entwickelt würde. 4 Nur sind die Finanzunternehmen bedauerlicherweise nicht an der bestmöglichen Regulierung interessiert. Sie wollen möglichst
wenig reguliert werden oder möglichst so, dass ihr Kerngeschäft nicht eingeschränkt wird.
Das wäre weiter kein Problem, wenn die Banken es sich nicht aussuchen könnten, vom wem sie reguliert werden wollen. Doch im
Rahmen des bestehenden Systems haben sie die Wahl, denn es steht jeder Bank frei, wo und wie sie ihre Zulassung beantragt.
Nehmen wir zum Beispiel eine Geschäftsbank: Sie kann sich zwischen der Zulassung nach nationalen Bestimmungen oder nach den
Gesetzen eines bestimmten Bundesstaates entscheiden. Anschließend kann sie selbst bestimmen, ob sie Mitglied des amerikanischen
Notenbanksystems werden möchte. Danach richtet sich, ob sie unter den regulatorischen Schirm der Bankenaufsicht, der Notenbank
und des Einlagensicherungsfonds fällt, von bestimmten bundesstaatlichen Organen ganz zu schweigen.
Solche Entscheidungen werden wohlüberlegt getroffen. Wenn Geschäftsbanken größere Risiken eingehen wollen, wechseln sie beispielsweise
in die Zuständigkeit anderer Aufsichtsorgane. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn Banken streben nach der Maximierung
ihrer Erträge und unterwerfen sich nicht freiwillig einer Regelung, die für sie einen Wettbewerbsnachteil darstellt. Infolgedessen
findet ein regelrechter Wettlauf statt, da sich Finanzunter-nehmen natürlich die Behörde mit den großzügigsten Bestimmungen
suchen.
Die Behörden selbst haben das Problem in den letzten Jahren noch verschärft. Der Grund: Wenn sich Banken ihre Aufseher selbst
aussuchen und die Stellen mit den lockersten Vorschriften wählen, müssen strengere Behörden hilflos zusehen, wie ihr Zuständigkeitsbereich
ausgehöhlt wird. Aber ein Regulierer, der |290| nichts reguliert, verliert seine Daseinsberechtigung. Das bedeutet, dass Regulierungsstellen allen Grund zur Nachsicht haben,
um mehr Finanzunternehmen unter ihre Fittiche zu bekommen. Auch hier findet ein Wettlauf statt. 5 Durch die freie Auswahl können Finanzunternehmen um die lockersten Regelungen feilschen. 6
Im Jahr 2009 schlug die Regierung Obama eine umfassende Neuordnung der Finanzaufsicht vor. 7 Dazu gehörte unter anderem die Einrichtung von drei neuen, landesweiten Regulierungsbehörden. Der Financial Services Oversight
Council, ein beim Finanzministerium angesiedeltes Aufsichtsgremium für Finanzdienstleister, sollte als
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