Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft
übergeordnete Instanz
fungieren, die Regulierung behördenübergreifend koordinieren, Lücken schließen und zur Ermittlung von Finanzunternehmen beitragen,
die ein systemisches Risiko für das Finanzsystem darstellen. Daneben sollte es eine landesweite Bankenaufsicht geben (National
Bank Supervisor) sowie ein Versicherungsamt (Office of National Insurance), das für die Regulierung von Versicherungsgesellschaften
zuständig wäre.
Das ist so weit in Ordnung und wird vielleicht in der einen oder anderen Form 2010 vom Kongress verabschiedet werden. Besorgniserregend
ist aber, dass die Vorschläge das Kompetenzgewirr zwischen nationalen und bundesstaatlichen Behörden nicht lösen. Es würden
zwar zusätzliche Regulierungsstellen eingerichtet und andere gestärkt, doch das aberwitzige Flickwerk bliebe erhalten, auch
wenn es nun von einem neuen übergeordneten Gremium beaufsichtigt würde.
Sie können sicher sein, dass dies sehr im Interesse der Finanzunternehmen läge. Wenn wir (und die Finanzbranche) in den letzten
Jahrzehnten etwas gelernt haben, dann dass diese Firmen in den Lücken der Regulierung besonders gut gedeihen. Entsprechend
groß ist ihr Interesse, den Status quo mit seinen vielen Schlupflöchern zu erhalten.
Reformer sollten sich das Modell der britischen Finanzaufsicht (Financial Services Authority oder FSA) ansehen. Diese Organisation |291| wurde 1997 gegründet und hat eine Fülle von Aufgaben effektiv unter einem Dach vereint. Die FSA ist für die Regulierung von
Banken, Versicherungen, Wertpapieren, Derivaten und sogar Hypotheken zuständig. Die Aufseher der verschiedenen Abteilungen
unterstehen derselben Führung, und diese Zentralisierung verhindert die Arbitrage und »Rosinenpickerei«, wie sie mit einem
stärker fragmentierten, dezentralen System wie dem amerikanischen einhergeht.
Doch auch in dieser Suppe schwimmt ein Haar. Mit ihren derart weitreichenden Befugnissen hat die FSA der Bank von England
die Zuständigkeit für die Regulierung von Banken entzogen. Dies könnte zu Problemen führen. Dank ihrer Funktion als letztinstanzlicher
Kreditgeber regulierten Zentralbanken in der Vergangenheit die Banken und andere »systemrelevante« Finanzunternehmen. Geben
die Zentralbanken diese Macht gemäß dem FSA-Modell ab, müssen die Zentralbank und die Regulierungsbehörde ihre Aktivitäten
koordinieren und für einen angemessenen Informationsaustausch sorgen.
Trotzdem ist die FSA jedem Modell überlegen, in dem die Regulierungsbefugnisse auf zahlreiche konkurrierende Einrichtungen
verteilt sind. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass in den Vereinigten Staaten in näherer Zukunft etwas Ähnliches umgesetzt
wird – dem steht schon der eingefleischte Föderalismus entgegen –, doch eine spürbare Zentralisierung wäre wünschenswert und
nötig. Dadurch wird Regulierungsarbitrage, die zur jüngsten Krise beitrug, zwar nicht komplett verhindert, doch zumindest
deutlich erschwert.
Leider gibt es aber für Finanzunternehmen noch andere Möglichkeiten, sich der Regulierung zu entziehen, und zwar über die
zuständige Gerichtsbarkeit. Finanzunternehmen suchen sich einfach neue Standorte, an denen die Aufsicht und die Auflagen weniger
streng sind. Im Zeitalter der finanzwirtschaftlichen Globalisierung, der Freizügigkeit des Kapitals und eines Mangels an Kapitalkontrollen
ist dies für Unternehmen verhältnismäßig einfach. |292| Umso besser, könnte man meinen. Sollen doch die verantwortungslosen Unternehmen, die für die jüngste Krise verantwortlich
waren, ruhig in andere, freundlichere Gefilde abwandern. Doch künftige Katastrophen dürften dadurch kaum zu verhindern sein.
Aus diesem Grund müssen die Reformen international abgestimmt werden. Wiederum leichter gesagt als getan: Die nötige Infrastruktur
ist sogar noch schwächer entwickelt als die zur Bekämpfung anderer globaler Probleme wie Terrorismus oder Klimawandel. Durch
die mangelnde Koordination frustriert, haben manche Staatschefs für die Einrichtung einer »globalen Superbehörde« plädiert,
die nach Ansicht des ehemaligen deutschen Finanzministers Peer Steinbrück als »internationale Behörde« fungieren sollte, »die
die Verkehrsregeln für die Finanzmärkte festlegt«. 8
Diese Idee klingt attraktiv, ist aber mit enormen Problemen verbunden. Es ist eine Sache, wenn ein internationales Gremium
wie der Basler Ausschuss Empfehlungen gibt, die von nationalen
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