Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft
Reserven in Gold und sogar in Währungen
von Schwellenländern angelegt.
|343| Die Bewegung weg vom Dollar und hin zu einer größeren Diversifizierung ist bei staatlichen Investmentfonds noch deutlicher
zu beobachten. Fonds wie die China Investment Corporation meiden inzwischen amerikanische Staatsanleihen, die einst ein Pfeiler
der Zentralbankreserven waren. Sie fragen stattdessen verstärkt höher verzinste Anlagen nach, von Hedge-Fonds bis zu Schürf-
und Förderrechten.
Dieser Trend dürfte sich in den kommenden Jahren fortsetzen. Mit etwas Glück wird der Prozess allmählich verlaufen und nicht
in einen regellosen Zusammenbruch münden. Möglicherweise treten die Vereinigten Staaten ja in die Fußstapfen Großbritanniens,
dessen Macht und Währung über Jahrzehnte abbröckelte. 15 Obwohl die Vereinigten Staaten Großbritannien schon 1872 als größte Volkswirtschaft der Welt abgelöst hatten, blieb das Pfund
Sterling noch zwei Generationen lang die globale Leitwährung. Erst im Ersten Weltkrieg, als Großbritannien vom Nettogläubiger
zum Nettoschuldner wurde, verlor das Pfund ernsthaft an Bedeutung, und andere Länder schichteten ihre Währungspositionen um.
Doch noch 1928 war der Anteil des Pfunds an den globalen Währungsreserven doppelt so hoch wie der des Dollars. Erst nachdem
Großbritannien im Jahr 1931 den Goldstandard aufgegeben hatte, verdrängte der Dollar das Pfund. Das Bretton-Woods-Abkommen
zementierte die Vormachtstellung des Dollars weiter. Konkurrenzlose Reservewährung wurde der Dollar allerdings erst nach der
Suezkrise des Jahres 1956 und dem weiteren Einbruch des Pfunds.
Der Abstieg des Pfunds zog sich über ein Dreivierteljahrhundert hin. Man darf also durchaus hoffen, dass der Niedergang des
Dollars in ebenso gemäßigtem Tempo erfolgen wird. Doch solche historischen Analogien sollten nicht zu weit getrieben werden.
China, das jetzt in etwa die gleiche Position innehat wie die Vereinigten Staaten vor hundert Jahren, klettert die weltwirtschaftliche
Leiter viel schneller empor als jedes andere Land in der Geschichte. Im Jahr 2010 oder 2011 dürfte es Japan als zweitgrößte
Volkswirtschaft |344| der Welt überholen. Möglicherweise wird es die Vereinigten Staaten früher als erwartet von der Führungsposition verdrängen.
Das alles vollzieht sich mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit. Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten, deren Aufstieg
ein Jahrhundert in Anspruch nahm, avancierte China in nur 20 Jahren von der Zweitrangigkeit zur Weltmacht.
Das eröffnet die beunruhigende Aussicht, dass die Tage des Dollars eher in Jahren als in Jahrzehnten gezählt sein könnten.
Wie ein solch abrupter und ungeordneter Rückzug aussehen wird, ist schwer vorherzusagen. In der Vergangenheit basierten die
Währungen auf Gold oder Silber. Erst in den 1970er Jahren wurde diese Bindung gänzlich gelöst. Heute gründet sich das globale
Währungssystem auf ungedecktes Papiergeld, auf eine Währung also, die keinen Substanzwert hat und der weder ein Edelmetall
noch ein anderer fixer Wert zugrunde liegt. In gewisser Hinsicht hat der Dollar die Rolle übernommen, die früher das Gold
hatte. Wenn er zusammenbräche, dann wäre das so, als hätten Regenten und Bankiers vergangener Zeiten ihre Gewölbe geöffnet
und festgestellt, dass ihre kostbaren Münzbestände zu Staub zerfallen sind.
Das könnte irgendwann passieren, wenn die Defizite der Vereinigten Staaten weiter aus dem Ruder laufen. China dürfte zunächst
kaum aufhören, weitere Anleihen zu erwerben, doch kleinere Länder könnten erste Rückzieher machen. Das könnte eine Massenflucht
auslösen, der auch China schwer widerstehen wird. So groß die Vorteile des bestehenden Systems für Länder wie China auch sein
mögen, ab einem gewissen Punkt übersteigen die Kosten den Nutzen.
Die Vereinigten Staaten stehen am Scheideweg. Wenn sie ihren Haushalt nicht in den Griff bekommen und die privaten Ersparnisse
nicht steigen, wird ein solches Erdbeben immer wahrscheinlicher. Wohin das führen könnte, ist leicht vorstellbar, vor allem,
wenn es in den Vereinigten Staaten in den kommenden Jahren zu einer politischen Pattsituation kommt. Die Republikaner lehnen
Steuererhöhungen ab, und die Demokraten sagen Nein zu Ausgabenkürzungen. |345| Der Weg des geringsten Widerstands wäre eine Monetisierung der Defizite und ein Anwerfen der Druckerpresse. Die daraus resultierende
Inflation würde den
Weitere Kostenlose Bücher